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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Gefühlsausbruch hatte nichts genutzt – außer, daß sie sich leer und ausgebrannt vorkam. Sie wußte, daß Joan recht hatte, was ihre Abhängigkeit betraf, und sie erinnerte sich wieder daran, wie sie sich mit Maureen Kavenaugh identifiziert hatte. Genau wie ihre Patientin fühlte sie sich hoffnungslos, eingeschüchtert und verängstigt. Sie fragte sich, ob ihr ebenfalls die Fähigkeit fehlte, ihr Leben zu beeinflussen, obwohl sie die Probleme erkannte. Und dann, in einem Anfall plötzlichen Entsetzens, begriff sie, wie sehr sie sich in den letzten Stunden selbst verleugnet hatte.
    Einer der Gründe, aus denen sie vermutet hatte, Thomas könnte Drogen nehmen, waren seine Pupillen gewesen. Mehr als nur einmal in den letzten Wochen waren sie bis auf Stecknadelkopfgröße zusammengeschrumpft. Aber Dexedrine erweiterte die Pupillen! Es waren ganz andere Drogen, die zu verengten Pupillen führten – Drogen, an die Cassi nicht einmal zu denken wagte.
    Sie stand im Schlafzimmer und spürte, wie ihre Handflächen feucht wurden. Sie wußte nicht, ob es vom Insulin herrührte oder von dem Schreck der plötzlichen Erkenntnis. Langsam ging sie den Korridor zum Arbeitszimmer ihres Mannes hinunter.
    Sie schaltete das Licht an und blickte sich in dem leeren Zimmer um. Sie entsann sich der Konsequenzen ihres letzten Besuchs und wäre am liebsten weggerannt. Aber sie blieb.
    Das Medizinschränkchen im Badezimmer sah genauso aus wie vor zwei Wochen: chaotisch. Es enthielt nichts, was geeignet gewesen wäre, ihren Verdacht zu erhärten. Auf Händenund Knien suchte Cassi den Boden unter dem Waschbecken ab. Nichts. Als nächstes kam der Handtuchschrank an die Reihe. Wieder nichts. Ein wenig erleichtert ging Cassi ins Arbeitszimmer zurück. Außer dem Schreibtisch und dem Ledersessel gab es darin noch das Couchbett, flankiert von zwei niedrigen Tischchen mit Lampen darauf, ein Kniekissen, eine ganze Wand voller Bücherregale, ein Spirituosenschränkchen und einen alten Sekretär mit Klauenfüßen. Auf dem Boden lag ein großer Perserteppich.
    Cassi trat an den Schreibtisch, ein imposantes Möbel, das früher einmal dem Großvater ihres Mannes gehört hatte. Als sie ihre Hand ausstreckte und die kühle Platte berührte, hatte sie dasselbe Gefühl wie als Kind, wenn sie im Schlafzimmer ihrer Eltern herumstöberte. Sie zuckte mit den Schultern und zog die mittlere Schublade auf. Ihr Blick fiel auf ein Plastikschälchen mit Gummibändern, Büroklammern und anderem Krimskrams. Sie zog die Schublade bis zum Anschlag heraus und spähte unter den Papierstapel im Hintergrund. Auch hier nichts Ungewöhnliches. Befriedigt wollte Cassi die Schublade gerade wieder zuschieben, als sie eine Tür ins Schloß fallen hörte. Sie warf einen Blick aus dem Fenster und bemerkte die erleuchteten Fenster von Patricias Wohnung über der Garage. Sie hatte den Wagen gar nicht gehört, was aber nicht sonderlich überraschend war. Bei heruntergelassenen Sturmfenstern fanden nur wenige Geräusche den Weg von draußen herein. Die Garagentür war geschlossen. Hatte sie selbst dafür gesorgt? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Eine Sekunde später erklangen Schritte in der Diele. Eisiger Schreck fuhr Cassi in die Glieder. Offenbar war Thomas doch nach Hause gekommen. Wenn er sie nach dem Zwischenfall mit Patricia wieder in seinem Arbeitszimmer vorfinden würde, konnte sie sich ausmalen, was passierte. Von Panik erfüllt blickte sie sich um, suchte einen Fluchtweg. Aber bevor sie sich auch nur bewegen konnte, wurde schon die Tür geöffnet.
    Es war Patricia. Ungläubig starrten die Frauen einander an, eine überraschter als die andere.
    »Was tun Sie hier?« fragte Patricia schließlich.
    »Dieselbe Frage wollte ich Ihnen auch gerade stellen«, gab Cassi von ihrem Platz hinter dem Schreibtisch zurück.
    »Ich habe das Licht hier gesehen und nahm an, Thomas wäre endlich nach Hause gekommen. Als seine Mutter habe ich schließlich das Recht, ihn hin und wieder zu sehen.«
    Cassi nickte geistesabwesend, als wäre sie derselben Meinung. Tatsächlich war es ihr eine Quelle steten Ärgers gewesen, daß Patricia einen Hausschlüssel besaß und herüberkam, wann immer ihr der Sinn danach stand.
    »Das war meine Erklärung«, sagte Patricia. »Jetzt möchte ich gern Ihre hören.«
    Cassi wußte, daß sie einfach antworten sollte, dies sei ihr Haus und sie könne jeden Raum betreten, wann immer sie wolle, aber ihre Schuldgefühle waren so stark, daß sie kein Wort

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