Gottspieler
nahe Jeoffrys Handgelenk. Hier ging es viel leichter; problemlos glitt die Nadel durch die Gummikappe der Kanüle. Jeoffry sah zu, wieder Kolben rasch hinuntergedrückt wurde und die Flüssigkeit im Schlauch in die Kammer über seinem Kopf zurücksteigen ließ. Er spürte einen leichten Schmerz, führte ihn aber auf den gestiegenen Druck in der Infusionsflasche zurück.
Aber der Schmerz ließ nicht nach. Im Gegenteil, er wurde stärker. Viel stärker!
»Mein Gott!« schrie Jeoffry. »Mein Arm! Es tut so weh!«
Weiße Hitze begann sich seinen Arm hochzufressen. Der Besucher packte Jeoffrys Arm, um ihn stillzuhalten, und öffnete den Tropfverschluß der IV-Flasche, so daß sich die Flüssigkeit in einem steten Strom in seinen Körper ergoß.
Der Schmerz, den Jeoffry vorher schon für unerträglich gehalten hatte, wurde noch schlimmer. Wie geschmolzene Lava breitete er sich in seiner Brust aus. Mit der freien Hand versuchte er seinen Besucher zu packen.
»Rühr mich nicht an, du schwuler Scheißkerl!«
Trotz seiner Schmerzen ließ Jeoffry los. Auf einmal hatte er Angst. Etwas Schreckliches geschah mit ihm. Verzweifelt versuchte er seinen Arm aus dem Griff des Eindringlings zu befreien.
»Was machen Sie mit mir?« keuchte er. Er wollte schreien, aber eine Hand preßte sich brutal auf seinen Mund und ließ ihn verstummen.
In diesem Moment durchlief der erste Krampf Jeoffrys Körper. Er bäumte sich im Bett auf, die Augen verdrehten sich, bis die Pupillen im Kopf verschwunden waren. Innerhalb weniger Sekunden steigerte sich das Tempo der Zuckungen zu einem regelrechten epileptischen Anfall, der das Bett erzittern ließ. Der Eindringling ließ Jeoffrys Arm los und rückte das Bett von der Wand, damit es aufhörte zu klirren. Dann warf er einen Blick auf den Korridor und rannte zurück zum Treppenhaus.
Jeoffry wand sich in lautlosen Krämpfen, bis sein Herz, das begonnen hatte, unregelmäßig zu schlagen, einen Moment lang flimmerte und schließlich ganz aussetzte. Bereits nachwenigen Minuten hörte auch sein Gehirn auf zu funktionieren. Nur der Körper fuhr fort zu zucken, bis die Muskeln ihren Vorrat an Sauerstoff verbraucht hatten.
Thomas hatte das Gefühl, gerade erst die Augen geschlossen zu haben, als die Schwester sich über ihn beugte und ihn wachrüttelte. Benommen drehte er sich herum und blickte in das lächelnde Gesicht der jungen Frau.
»Sie werden im OP gebraucht, Dr. Kingsley.«
»Bin sofort da«, sagte er.
Er wartete, bis die Schwester sich wieder entfernt hatte, dann schwang er die Füße auf den Boden. Sein Kopf wurde nur allmählich klarer. Manchmal hatte er das Gefühl, daß es schlimmer sei, nur kurz zu schlafen, als überhaupt keinen Schlaf zu bekommen. Er taumelte zu seinem Schrank, suchte nach einer Dexedrine und spülte sie mit Wasser aus der Trinkfontäne hinunter. Dann schlüpfte er in einen frischen Chirurgenkittel, aber nicht ohne die halbe Tablette aus der Tasche des alten in den neuen hinüberzuretten.
Als er vor Operationssaal 18 eintraf, hatte das Dexedrine seinen Kopf von aller Müdigkeit befreit. Er beschloß, mit dem Händewaschen zu warten, bis er wußte, was eigentlich los war.
Die Praktikanten standen um den anästhesierten Patienten herum, ihre behandschuhten Hände ruhten auf dem Rand des Operationstisches. Die Szene sah nicht sehr verheißungsvoll aus.
»Was ist …« Thomas räusperte sich, denn seine Stimme war noch heiser vom Schlaf. »Was ist los?«
»Sie hatten recht, was den Hämoperikard betraf«, sagte Peter voller Respekt. »Das Messer hat den Herzbeutel durchstoßen und die Oberfläche des Herzens gestreift. Es war zwar kein Blut ausgetreten, aber wir haben uns gefragt, ob wir den Riß nähen sollen.«
Thomas ließ sich von der Springschwester einen Stuhl bringen und stellte ihn hinter Peter, von wo aus er einen guten Blick in die Wundöffnung werfen konnte. Peter trat zur Seite und deutete auf den Riß.
Erleichtert sah Thomas, daß es sich nur um einen unbedeutenden Schnitt handelte, der alle wichtigen Blutgefäße verfehlt hatte. »Lassen Sie ihn, wie er ist«, sagte er. »Die Naht könnte mehr Probleme verursachen, als sie nützt.«
»In Ordnung«, sagte Peter.
»Lassen Sie den Herzbeutel ebenfalls offen«, riet Thomas. »Auf diese Weise vermeiden wir eventuelle Schwierigkeiten mit der Tamponade in der postoperativen Phase. Sollte es noch zu Blutungen kommen, wird der Schnitt wie ein Abfluß wirken.«
Eine Stunde später begab sich Thomas
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