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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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von der Klinik in seine Praxis. Als Folge der Aufputschtablette fühlte er sich unangemessen frisch und munter, und seine Gedanken kreisten immer wieder um Ballantine und Sherman. Ganz offenbar hatten sie eine Art Geheimkonferenz angesetzt, und während er sich fragte, was sie wohl im Schilde führen mochten, spürte er, wie seine Angst zurückkehrte. Er wußte auch, daß er nun keinen Schlaf mehr finden würde, es sei denn, er nahm eine weitereTablette.
    Normalerweise versetzte ihm eine einzige Dexedrine nicht einen derartigen Energiestoß, aber wahrscheinlich lag es an seiner allgemeinen Erschöpfung. Er holte ein Percodan aus seinem Schreibtisch. Dann rief er Doris an, denn er fürchtete, am nächsten Morgen womöglich zu verschlafen. Er mußte das Telefon lange klingeln lassen. Im Geiste zeichnete er den komplizierten Weg von ihrem Bett zum Telefon nach. Er fragte sich, warum sie sich keinen Nebenanschluß legen ließ. Als sie endlich abhob, sagte er: »Hör zu, du mußt morgen um halb sieben in der Praxis sein.«
    »Aber das ist ja schon in drei Stunden«, protestierte sie.
    »Mein Gott, du brauchst mir nicht zu sagen, wie spät es ist«, schrie Thomas. »Glaubst du, das weiß ich nicht? Aber ich habe um halb acht meine erste von drei by-pass -Operationen, und ich möchte, daß du herkommst und mich weckst, verstanden?«
    Er knallte den Hörer auf die Gabel. »Selbstsüchtiges Miststück«, sagte er, während er sein Kopfkissen mit wütenden Schlägen zurechtklopfte.

 
7
     
    Blinzelnd öffnete Cassi die Augen. Die Uhr zeigte kurz nach fünf, und draußen war es noch dunkel. Sie hatte noch zwei Stunden Zeit zum Schlafen.
    Eine Weile lag sie reglos im Bett und lauschte. Zuerst dachte sie, ein Geräusch gehört zu haben, aber nach einiger Zeit war ihr klar, daß sie von einem Vorgang in ihrem Kopf geweckt worden war. Das klassische Symptom für eine Depression.
    Zuerst versuchte sie, sich einfach auf die andere Seite zu drehen und sich die Decke über den Kopf zu ziehen, aber sie merkte schnell, daß sie damit keinen Erfolg haben würde. Sie konnte nicht wieder einschlafen. Also beschloß sie aufzustehen, obwohl ihr klar war, daß sie dann den ganzen Tag über zu nichts zu gebrauchen sein würde. Und dabei waren Thomas und sie am Abend noch zu den Ballantines eingeladen.
    Das Haus war eiskalt, und sie zitterte, als sie in ihren Morgenrock fuhr. Im Badezimmer schaltete sie den Boiler ein und stellte sich unter die Dusche.
    Während sie das heiße Wasser über ihren Körper laufen ließ, erinnerte sich Cassi widerstrebend an den Grund für ihre Depression – die Medikamente, die sie im Schreibtisch ihres Mannes gefunden hatte. Und Patricia würde es sich natürlich nichtnehmen lassen, ihren Sohn darüber zu informieren, daß sie Cassi in seinem Arbeitszimmer beim Herumstöbern beobachtet hatte. Thomas würde keine Sekunde brauchen, um zu erraten, was sie gesucht hatte.
    Cassi stellte die Dusche ab und versuchte, zu einem Entschluß zu kommen. Sollte sie zugeben, die Drogen gefunden zu haben, und ihn solcherart mit der Wahrheit konfrontieren? War das Vorhandensein der Tabletten überhaupt ein ausreichender Anklagepunkt? Konnte es nicht eine andere Erklärung für die Plastikdöschen in seiner Schublade geben? Letzteres bezweifelte Cassi allerdings, wenn sie an die häufig so stark verengten Pupillen ihres Mannes dachte. So sehr sie sich danach sehnte, etwas anderes glauben zu können, war es doch mehr als wahrscheinlich, daß Thomas selbst die Pillen nahm. Wie viele, wußte sie nicht. Ebensowenig wußte sie, inwieweit sie selbst schuld daran war.
    Vielleicht sollte sie Hilfe suchen, aber bei wem? Sie hatte nicht die geringste Ahnung. Patricia kam ganz offensichtlich nicht in Frage, und wenn sie sich an eine Behörde wandte, war die Karriere ihres Mannes so gut wie beendet. Was sie auch tat, sie konnte nicht gewinnen. Cassi war so niedergeschlagen, daß sie nicht einmal heulen konnte. Was immer sie auch unternahm oder unterließ, es würde Ärger geben. Großen Ärger. Und sie war sich im klaren, daß nichts Geringeres auf dem Spiel stand als ihre Ehe.
    Es kostete sie mehr Kraft als je zuvor, sich zu Ende anzuziehen und die lange Fahrt zur Klinik durchzustehen. Kaum hatte sie ihre Leinentasche auf den Schreibtisch fallen lassen, steckte Joan schon den Kopf zur Tür herein. »Na, geht’s besser heute?« fragte sie gutgelaunt.
    »Nein«, antwortete Cassi müde und ausdruckslos.
    Joan spürte sofort, wie deprimiert

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