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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Vorstellung, daß sein Erfolg für Thomas ein Problem sein könnte. Narzißtische Männer brauchen die Arbeitsstruktur und das ständige Feedback, das man zum Beispiel während seiner chirurgischen Praktikantenzeit mit ihrem Konkurrenzdruck vorfindet.«
    Cassi nickte und sagte: »Er hat tatsächlich einmal gesagt, daß es niemanden mehr gäbe, an dem er sich messen könne.«
    In diesem Augenblick klingelte ihr Telefon. Als Cassi den Hörer abhob und sich meldete, stellte Joan erfreut fest, daß sie bereits weniger deprimiert zu sein schien. Tatsächlich trat sogar ein Lächeln auf Cassis Züge, als sie Robert Seiberts Stimme erkannte.
    Cassi faßte sich kurz. Nachdem sie aufgelegt hatte, erklärte sie, daß Robert im siebten Himmel sei, weil er schon wieder einen PPT-Fall vorliegen hatte.
    »Na, wunderbar«, meinte Joan sarkastisch. »Falls Sie vorhaben, mich zur Autopsie einzuladen – nein, danke.«
    Cassi lachte. »Ich habe eben selbst abgelehnt. Ich muß mich den ganzen Vormittag um meine Patienten kümmern, aber ich habe Robert versprochen, mich beim Mittagessen mit ihm über das Ergebnis der Autopsie zu unterhalten.« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Du lieber Himmel, ich verpasse noch die Belegschaftskonferenz.«
    Die Konferenz verlief komplikationslos. Es hatte keine nächtlichen Katastrophen und auch keine Neuzugänge gegeben. Tatsächlich konnte der diensthabende Arzt berichten, daß er neun Stunden ungestörten Schlafs zu verzeichnen hatte, was jedermann mit Neid und Eifersucht erfüllte. Cassi erhielt Gelegenheit, über Maureens Schwester zu referieren, und man einigte sich darauf, daß Cassi Maureen ermutigen sollte, selbst mit ihrer Schwester Kontakt aufzunehmen. Wenn möglich, sollte sie versuchen, die Schwester allen Risiken zum Trotz in den Behandlungsprozeß einzubeziehen.
    Außerdem beschrieb Cassi die klar zutage liegende Verbesserung im Zustand von Colonel Bentworth einschließlich seiner Versuche, sie selbst zu manipulieren. Letzteres fand Jacob Levine besonders interessant, warnte Cassi aber vor voreiligen Schlüssen. »Denken Sie daran, Grenzfälle sind unberechenbar«, sagte er und nahm seine Brille ab, um damit auf Cassi zu deuten und seinen Worten zusätzlichen Nachdruck zu verschaffen.
    Da es keine neuen Probleme zu diskutieren gab, wurde die Konferenz vorzeitig abgebrochen. Cassi lehnte eine Einladung zu einer Tasse Kaffee ab, weil sie nicht zu spät zu ihrem Termin mit Colonel Bentworth kommen wollte. Als sie in den Gang zu ihrem Büro bog, wartete er bereits vor der Tür.
    »Guten Morgen«, sagte Cassi, so fröhlich sie konnte, und trat ein. Der Colonel folgte ihr schweigend und setzte sich. Eigenartig verlegen nahm sie hinter ihrem Schreibtisch Platz. Sie wußte nicht, warum, aber irgendwie steigerte der Colonel ihre berufliche Unsicherheit noch, besonders wenn er sie mit diesen durchdringenden blauen Augen anstarrte, die sie, wie sie jetzt zum erstenmal bemerkte, an die von Thomas erinnerten. Sie hatten beide diesen verwirrenden Türkis-Ton in den Pupillen.
    Auch heute wirkte Bentworth ganz und gar nicht wie ein Patient. Er war tadellos gekleidet und schien seine alte selbstbewußte und befehlsgewohnte Aura wiedergefunden zu haben. Der einzige sichtbare Hinweis darauf, daß es sich um dieselbe Person handelte, die Cassi vor einigen Wochen aufgenommen hatte, waren die heilenden Brandwunden an seinem linken Unterarm.
    »Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll«, sagte er.
    »Vielleicht könnten Sie damit beginnen, daß Sie mir verraten, warum Sie Ihre Meinung so plötzlich geändert haben. Bis jetzt waren Sie immer gegen private Sitzungen.«
    »Wollen Sie die Wahrheit hören?«
    »Das ist immer der beste Weg«, antwortete Cassi.
    »Nun, die Wahrheit ist, daß ich übers Wochenende Ausgang haben möchte.«
    »Aber solche Entscheidungen werden doch üblicherweise in der Gruppe getroffen.«
    Gruppentherapie war zur Zeit die Behandlungsmethode, auf die Bentworth am besten ansprach.
    »Das stimmt«, sagte der Colonel, »aber diese verdammten Scheißkerle wollen mich nicht gehen lassen. Sie könnten sie überstimmen, das weiß ich.«
    »Und warum sollte ich Leute überstimmen wollen, die Sie besser kennen als ich?«
    »Die kennen mich überhaupt nicht«, rief Bentworth und schlug mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte.
    Die plötzliche Bewegung jagte Cassi Angst ein, aber sie sagte nur ruhig: »Das bringt Sie auch nicht weiter.«
    »Jesus Christus!« sagte Bentworth. Er

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