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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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stand auf und ging vor Cassis Schreibtisch hin und her. Als sie nicht reagierte, ließ ersich wieder auf seinen Stuhl fallen. An seiner Schläfe pochte eine kleine Ader.
    »Manchmal denke ich, es wäre leichter, einfach aufzugeben«, sagte er.
    »Warum waren die Mitglieder Ihrer Gruppe der Meinung, Sie sollten keinen Wochenendausgang erhalten?« fragte Cassi. Das einzige, worauf sie bei Bentworth vorbereitet war und worauf sie nicht hereinfallen würde, war manipulatives Benehmen.
    »Ich weiß nicht«, sagte der Colonel.
    »Aber Sie müssen doch eine Ahnung haben.«
    »Sie können mich nicht ausstehen, reicht Ihnen das? Sie sind nichts anderes als ein Haufen Scheißkerle. Proleten, verdammt noch mal.«
    »Das klingt nicht gerade freundlich.«
    »Natürlich nicht, ich hasse sie.«
    »Es sind Leute wie Sie und ich, Leute mit Problemen.«
    Bentworth reagierte nicht sofort, und Cassi versuchte sich daran zu erinnern, was sie über den Umgang mit Grenzfällen gelesen hatte. Die tatsächliche Ausübung ihres Berufs schien viel komplizierter als seine begriffliche Definition. Sie wußte, daß ihre Aufgabe darin bestand, der ganzen Sache eine Art Gerüst zu geben, aber im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Sitzung gesehen, wußte sie nicht genau, was das eigentlich bedeutete.
    »Das Komische ist, daß ich sie hasse und gleichzeitig brauche«, sagte Bentworth kopfschüttelnd, als sei er von seiner eigenen Äußerung überrascht. »Ich weiß, das klingt verrückt, aber ich hasse es, allein zu sein. Es ist das Schlimmste, was mir passieren kann. Wenn ich allein bin, fange ich an zu trinken, und wenn ich anfange zu trinken, drehe ich durch. Ich kann nichts dafür.«
    »Wie kommt das?« fragte Cassi.
    »Ich kriege regelmäßig irgendwelche Anträge. Unausweichlich. Irgend so ein Schwuler sieht mich und hält mich für seinesgleichen, also geht er auf mich zu und macht mich an. Und am Ende schlage ich den Kerl zu Klump. Das habe ich in der Armee gelernt, wie man jemand mit seinen Händen halb umbringt.«
    Cassi erinnerte sich daran, gelesen zu haben, daß der psychotische Grenzfall genau wie der Narziß den Drang verspürt, sich gegen Homosexuelle zu wehren. Homosexualität konnte ein fruchtbares Thema sein, was künftige Sitzungen anging, aber im Moment wollte sie nicht in Bereiche vorstoßen, die so viele Emotionen auslösten.
    »Was ist mit Ihrem Beruf?« fragte Cassi, um das Thema zu wechseln.
    »Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, ich bin’s leid, in der Armee zu sein. Am Anfang hat mir die Konkurrenzsituation gefallen, aber jetzt, wo ich Colonel bin, ist der Reiz verflogen. Ich bin arriviert. Und General werde ich nicht, weil zu viele Leute auf mich eifersüchtig sind. Es gibt keine Herausforderung mehr. Immer wenn ich ins Büro gehe, empfinde ich eine ungeheure Leere und frage mich, was das alles überhaupt soll.«
    »Eine ungeheure Leere?« wiederholte Cassi leise.
    »Ja, Leere. Dasselbe Gefühl, wie wenn ich mehrere Monate mit der gleichen Frau gelebt habe. Am Anfang ist es leidenschaftlich, aufregend, aber mit der Zeit stellt sich wieder diese Leere ein. Die Luft ist raus. Ich weiß nicht, wie ich es sonst erklären sollte.«
    Cassi biß sich auf die Unterlippe.
    »Die ideale Beziehung zu einer Frau«, fuhr Bentworth fort, »sollte nur einen Monat dauern. Dann müßte sie sich, puff, in Rauch auflösen, und eine andere müßte ihren Platz einnehmen. Das wäre perfekt.«
    »Aber Sie waren doch verheiratet.«
    »Stimmt, war ich. Hat genau ein Jahr lang gehalten. Ich hättedie Braut beinahe umgebracht. Die ganze Zeit nichts als Gemecker.«
    »Leben Sie momentan mit jemand zusammen?«
    »Nein. Deswegen bin ich ja hier. Einen Tag, bevor sie mich aufgegriffen haben, ist sie abgehauen. Ich kannte sie erst ein paar Wochen, aber sie hat einen anderen Typen kennengelernt und ist verduftet. Deswegen will ich am Wochenende auch Ausgang haben. Sie hat immer noch einen Schlüssel zu meiner Wohnung. Ich befürchte, daß sie sich an meinen Sachen vergreift.«
    »Warum rufen Sie nicht einen Freund an und bitten ihn, das Schloß auszuwechseln?« fragte Cassi.
    »Ich habe niemanden, dem ich vertrauen kann«, sagte Bentworth und stand auf. »Hören Sie, darf ich nun am Wochenende raus, oder machen wir den ganzen Zirkus hier für nichts und wieder nichts?«
    »Ich bringe die Sache bei der nächsten Belegschaftskonferenz zur Sprache«, sagte Cassi. »Wir werden darüber diskutieren.«
    Bentworth beugte sich über den Schreibtisch. »Das

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