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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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blickte sie auf, sah mich an und nickte kurz.
    »Euer Ehren«, sagte ich. »Ich habe noch weitere Fragen an diesen Zeugen, halte dies aber für einen guten Zeitpunkt für eine Mittagspause.«
    Richter Pierce willigte ein.
    Es gelang mir, nicht zu Loren Muse hinüberzusprinten.
    »Wir haben’s«, sagte sie grinsend. »Das Fax ist bei Ihnen im Büro.«

19
    Lucy hatte Glück, dass sie am Vormittag kein Seminar hatte. Die Mischung aus Alkohol und dem spätnächtlichen Gespräch mit Sylvia Potter hatte dazu geführt, dass sie bis Mittag im Bett gelegen hatte. Dann hatte sie Katherine Lucas angerufen, eine der psychologischen Beraterinnen der Universität, von der sie eine hohe Meinung hatte. Sie hatte ihr Sylvias Situation erläutert. Lucas wusste sicher besser, was man in solchen Situationen machen konnte.

    Sie dachte an den Bericht, mit dem das Ganze angefangen hatte. Der Wald. Die Schreie. Das Blut. Sylvia Potter hatte ihn also nicht geschickt. Aber wer war es dann gewesen?
    Keine Ahnung.
    Gestern Nacht hatte sie noch beschlossen, Paul anzurufen. Weil er darüber einfach Bescheid wissen musste. Aber war das nur der Alkohol gewesen? War das jetzt immer noch eine gute Idee, wenn man es nüchtern und bei Tageslicht betrachtete?
    Eine Stunde später hatte sie sich Pauls Büronummer aus dem Internet herausgesucht. Er war der Bezirksstaatsanwalt von Essex County – und, leider, Witwer. Jane war an Krebs gestorben. Paul hatte eine Wohltätigkeitsorganisation gegründet, die ihren Namen trug. Lucy fragte sich, wie sie bei dieser Neuigkeit empfand, aber im Moment kam sie einfach nicht dazu, ihre Gedanken zu sortieren.
    Mit zitternder Hand tippte sie die Nummer ein. Als sich die Vermittlung der Bezirksverwaltung meldete, fragte sie nach Paul Copeland. Es schmerzte, als sie seinen Namen nannte. Ihr wurde bewusst, dass sie ihn seit zwanzig Jahren nicht mehr laut ausgesprochen hatte.
    Paul Copeland.
    Eine Frau meldete sich und sagte: »Bezirksstaatsanwaltschaft.«
    »Ich würde gern mit Paul Copeland sprechen.«
    »Darf ich fragen, mit wem ich spreche?«
    »Ich bin eine alte Freundin«, sagte sie.
    Nichts.
    »Ich heiße Lucy. Sagen Sie ihm, Lucy ist dran. Von vor zwanzig Jahren.«
    »Haben Sie auch einen Nachnamen, Lucy?«
    »Sagen Sie es ihm einfach so, ja?«
    »Bezirksstaatsanwalt Copeland ist im Moment nicht im Büro.
Möchten Sie eine Nummer hinterlassen, damit er Sie zurückrufen kann?«
    Lucy gab ihr die Privat-, Büro- und die Handynummer.
    »Könnten Sie mir sagen, worum es geht?«
    »Sagen Sie einfach, dass Lucy angerufen hat. Und dass es wichtig ist.«

    Muse und ich waren in meinem Büro. Die Tür war geschlossen. Wir hatten uns ein paar Sandwiches zum Mittagessen bestellt. Ich aß Hähnchen und Salat auf Weizenvollkornbrot, Muse ein Baguette mit Fleischbällchen, das fast so groß wie ein Surfbrett war.
    Ich hielt das Fax in der Hand. »Wo bleibt Ihre Privatdetektivin denn? Wie hieß sie noch? Cingle irgendwas?«
    »Shaker. Cingle Shaker. Sie muss jeden Moment hier sein.«
    Ich setzte mich und sah mir meine Notizen an.
    »Wollen Sie darüber reden?«, fragte Muse.
    »Nein.«
    Sie hatte ein breites Grinsen im Gesicht.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Ich sag’s ja nur ungern, Cope, weil Sie doch mein Boss sind und so, aber Sie sind ein verfluchtes Genie.«
    »Ja«, sagte ich. »Das bin ich wohl.«
    Ich konzentrierte mich wieder auf meine Notizen.
    Muse sagte: »Soll ich gehen?«
    »Nein, vielleicht fällt mir noch was ein, was Sie tun könnten.«
    Sie griff nach ihrem Sandwich. Ich war überrascht, dass sie es ohne Hilfe eines Baukrans hochbekam. »Ihr Vorgänger«, sagte Muse und biss ins Sandwich, »hat bei wichtigen Fällen manchmal einfach nur dagesessen und die Wand angestarrt. Er hat behauptet, er würde in eine Art Rausch verfallen. So wie ein Spitzensportler. Machen Sie das auch manchmal?«

    »Nein.«
    »Dann …«, sie kaute und schluckte weiter, »… stört es Sie, wenn ich ein anderes Thema anspreche?«
    »Sie meinen etwas, das nichts mit diesem Fall zu tun hat?«
    »Genau das meine ich.«
    Ich sah sie an. »Ein bisschen Abwechslung kann eigentlich nicht schaden. Worum geht’s?«
    Sie blickte zur Seite und ließ sich einen Moment Zeit. Dann sagte sie: »Ein paar Freunde von mir arbeiten in der Mordkommission in Manhattan.«
    Ich konnte mir denken, worauf sie hinauswollte. Ich nahm einen kleinen Bissen von meinem Hähnchen-Sandwich. »Ziemlich trocken«, sagte ich.
    »Was?«
    »Das Sandwich. Ist ziemlich

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