Grabesgrün
Zimmers hinauf, und auf einmal machte es bei mir klick: Ich hatte hier gewohnt. Ich war morgens mit meiner Schultasche aus der Tür gelaufen, hatte mich aus dem Fenster gelehnt, um Peter und Jamie zuzurufen, dass ich runterkomme, in dem Garten da laufen gelernt. Ich war mit meinem Fahrrad genau diese Straße rauf- und runtergefahren, bis zu dem Augenblick, als wir drei über die Mauer ganz am Ende geklettert und in den Wald gelaufen waren.
In der Einfahrt stand ein sauberer silberner Polo, und ein kleiner blonder Junge, vielleicht drei oder vier, kam mit einem Tretfeuerwehrauto aus Plastik dahinter hervor und machte Sirenengeräusche. Als ich das Tor erreichte, hielt er an und bedachte mich mit einem langen, ernsten Blick.
»Hallo«, sagte ich.
»Geh weg«, erwiderte er mit Bestimmtheit.
Ich war unsicher, wie ich reagieren sollte, aber das war auch nicht mehr nötig: Die Haustür öffnete sich, und die Mutter des Jungen – Mitte dreißig, ebenfalls blond, irgendwie standardmäßig hübsch – kam herausgeeilt und legte ihm eine schützende Hand auf den Kopf. »Sie wünschen?«, fragte sie.
»Detective Robert Ryan«, sagte ich und fischte meinen Ausweis hervor. »Wir untersuchen den Tod von Katharine Devlin.«
Sie nahm den Ausweis und studierte ihn gründlich. »Da kann ich Ihnen leider nicht helfen«, sagte sie und gab mir den Ausweis zurück. »Wir haben bereits mit Ihren Kollegen gesprochen. Wir haben nichts gesehen, und wir kennen die Devlins kaum.«
In ihren Augen lag noch immer Argwohn. Dem Kleinen wurde wohl langweilig, denn er machte Brummgeräusche und drehte das Lenkrad hin und her, aber die Mutter hielt ihn mit einer Hand auf der Schulter fest. Leise, perlende Musik – Vivaldi, glaube ich – klang durch die offene Haustür nach draußen, und einen Moment lang war ich schwindelerregend nah daran zu sagen: Ich möchte bloß ein paar Dinge bestätigt haben. Dürfte ich kurz reinkommen? Dann fiel mir ein, dass Cassie sich bestimmt Sorgen machen würde, wenn sie aus dem Haus der Savages kam und ich nicht da war. »Wir fragen lieber doppelt nach«, sagte ich. »Entschuldigen Sie die Störung.«
Die Mutter blickte mir nach. Als ich wieder in den Wagen stieg, sah ich, wie sie sich das Feuerwehrauto unter einen Arm klemmte, den Jungen unter den anderen, und beide mit ins Haus nahm.
Ich saß lange im Auto, schaute hinaus auf die Straße und dachte, dass ich mit der Situation hier wesentlich besser klarkäme, wenn nur mein Kater endlich nachlassen würde. Schließlich ging die Tür von Peters Haus auf, und ich hörte Stimmen: Jemand begleitete Cassie die Einfahrt hinunter. Ich riss den Kopf herum und tat so, als würde ich in die andere Richtung sehen, tief in Gedanken, bis ich hörte, wie die Tür geschlossen wurde.
»Nichts Neues«, sagte Cassie, die sich zum Autofenster hereinlehnte. »Peter hat nie was erwähnt, dass er vor jemandem Angst gehabt hätte oder von jemandem belästigt worden wäre. Gescheiter Junge, wäre nie mit einem Fremden mitgegangen. Aber ein bisschen zu selbstsicher, was ihn vielleicht zu Unvorsichtigkeiten verleitet hat. Die Eltern haben niemanden in Verdacht, fragen sich aber, ob es dieselbe Person gewesen sein könnte, die Katy ermordet hat. Die Sache hat sie ganz schön aufgewühlt.«
»Wie uns alle«, sagte ich.
»Sie machen einen ganz stabilen Eindruck.« Ich hatte es nicht fertiggebracht, danach zu fragen, aber ich wollte es unbedingt wissen. »Der Vater war nicht glücklich darüber, noch einmal über die ganze Sache zu sprechen, aber die Mutter war freundlich. Peters Schwester Tara wohnt noch zu Hause. Sie hat nach dir gefragt.«
»Nach mir?«, sagte ich, mit einem irrationalen Anflug von Panik im Magen.
»Sie wollte wissen, ob ich eine Ahnung hätte, wie es dir geht. Ich hab gesagt, die Polizei hätte dich aus den Augen verloren, aber soweit wir wüssten, ginge es dir gut.« Cassie grinste verschmitzt. »Sie war bestimmt verknallt in dich, damals.«
Tara: ein oder zwei Jahre jünger als wir, spitze Ellbogen und wachsame Augen, die Sorte Kind, die immer was fand, was sie ihrer Mutter petzen konnte. Gott sei Dank war ich nicht mit ins Haus gegangen. »Vielleicht sollte ich doch mit ihr sprechen«, sagte ich. »Sieht sie gut aus?«
»Genau dein Typ: drall und stämmig, gebärfreudiges Becken.«
»Wundert mich nicht«, sagte ich. Mir ging es schon wieder besser. »Ich frag sie, ob sie zu unserem ersten Date ihre Uniform anzieht.«
»So viel will ich gar nicht wissen.
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