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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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– ich mach den Rest allein. Nimm zwei Dosen Guinness mit. Stehen im Kühlschrank.«
    »Danke für das Essen«, sagte ich. »Es war köstlich.«
    »Adam«, sagte meine Mutter plötzlich, als ich mich zum Gehen wandte, und dieses flinke, tückische Etwas traf mich erneut unter dem Brustbein, und oh Gott, wie gern wäre ich nur für einen Augenblick wieder das liebe Kind gewesen, wie gern hätte ich mich umgedreht und das Gesicht an ihrer warmen, nach Toast riechenden Schulter vergraben und ihr unter lauten Schluchzern erzählt, wie die letzten Wochen gewesen waren. Ich stellte mir vor, was sie für ein Gesicht machen würde, wenn ich das wirklich täte, und musste mir fest auf die Wange beißen, um nicht in irres Gelächter auszubrechen.
    »Ich wollte dir nur sagen«, begann sie zaghaft und drehte dabei das Geschirrtuch in den Händen zusammen. »Wir haben unser Bestes für dich getan, danach. Manchmal hab ich Sorge, dass wir alles falsch gemacht haben ... Aber wir hatten Angst, derjenige – du weißt schon –, der das getan hat, würde wiederkommen und ... Wir wollten nur dein Bestes.«
    »Ich weiß, Mum«, sagte ich. »Ist schon gut«, und mit dem ungeheuer erleichterten Gefühl, mit knapper Not entkommen zu sein, ging ich ins Wohnzimmer, um mit meinem Vater Columbo zu gucken.
    »Was macht die Arbeit?«, fragte mein Vater in der Werbepause. Er tastete neben sich auf der Couch nach der Fernbedienung und stellte den Ton leiser.
    »Läuft gut«, sagte ich. Auf dem Bildschirm sprach ein kleines Kind, das auf dem Klo saß, eifrig mit einer grünen, von Dampfschwaden umwaberten Zeichentrickfigur mit Fangzähnen.
    »Du bist ein guter Junge«, sagte mein Vater mit gebanntem Blick auf den Fernseher. Er nahm einen Schluck aus seiner Dose Guinness. »Du warst immer ein guter Junge.«
    »Danke«, sagte ich. Er und meine Mutter hatten anscheinend als Vorbereitung auf diesen Nachmittag über mich gesprochen, obwohl ich mir ihre Unterhaltung beim besten Willen nicht vorstellen konnte.
    »Und die Arbeit macht dir Spaß.«
    »Ja. Doch.«
    »Prima. Na denn«, sagte mein Vater und stellte den Fernseher lauter.

    Gegen acht war ich wieder zu Hause. Ich ging in die Küche und machte mir ein Sandwich mit Schinken und Heathers fettreduziertem Käse. Ich hatte vergessen, einkaufen zu gehen. Von dem Guinness fühlte ich mich aufgebläht und unwohl – ich bin kein Biertrinker, aber mein Vater macht sich Sorgen, wenn ich etwas anderes möchte. In seinen Augen sind Männer, die Spirituosen trinken, entweder auf dem besten Weg in den Alkoholismus oder in die Homosexualität – und ich hatte die paradoxe Idee, wenn ich etwas im Magen hätte, würde es das Bier aufsaugen. Heather saß im Wohnzimmer. Ihre Sonntagabende sind ausschließlich für etwas reserviert, das sie »Ich-Zeit« nennt, ein Ritual, zu dem Sex and the City -DVDs gehören, eine Anzahl diverser rätselhafter Utensilien und ein ständiges Hin und Her zwischen Bad und Wohnzimmer mit grimmiger, selbstgerechter Entschlossenheit.
    Mein Handy piepte. Cassie: Holst du mich morgen zum Gericht ab? Erwachsenenklamotten + Golfkarre + Wetter = gar nicht gut.
    »Ach du Scheiße«, sagte ich laut. Der Kavanagh-Prozess, eine alte Frau in Limerick, die irgendwann im letzten Jahr von Einbrechern erschlagen worden war: Cassie und ich mussten morgen früh als Zeugen aussagen. Der Staatsanwalt hatte uns extra vorbereitet, und wir hatten uns am Freitag gegenseitig an den Termin erinnert, aber ich hatte ihn total vergessen.
    »Was ist denn los?«, flötete Heather begierig und kam aus dem Wohnzimmer geeilt, weil sie die Aussicht auf ein Gespräch witterte. Ich warf den Käse zurück in den Kühlschrank und knallte die Tür zu, obwohl das nicht viel bringen würde: Heather weiß millimetergenau, wie viel von allem noch übrig ist, und einmal schmollte sie so lange, bis ich ihr ein neues Stück teure Bioseife kaufte, nachdem ich mir im betrunkenen Zustand damit die Hände gewaschen hatte. »Ist alles in Ordnung?« Sie trug ihren Morgenmantel, um den Kopf hatte sie etwas gewickelt, das aussah wie Frischhaltefolie, und sie roch nach irgendwelchen Kopfschmerzen auslösenden blumigen, chemischen Sachen.
    »Ja, alles klar«, sagte ich. Ich drückte auf Antworten und schrieb Cassie eine SMS zurück: Bin 8.30 bei dir. »Ich hab bloß vergessen, dass ich morgen einen Gerichtstermin hab.«
    »Du liebe Zeit«, sagte Heather und machte große Augen. Ihre Nägel waren geschmackvoll blassrosa lackiert, und sie

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