Grabesgrün
wir unser Möglichstes, um Ihnen zu helfen.«
»Es war – wie Sie gesagt haben, ich wollte niemandem was tun, das schwöre ich hoch und heilig.« Seine Augen bohrten sich in Cassies, als hinge sein Leben davon ab, dass sie ihm glaubte. »Können Sie denen das sagen, können Sie das dem Richter sagen? Ich bin kein Psychopath oder Serienkiller oder ... So einer bin ich nicht. Ich wollte ihr nichts tun, das schwör ich bei, bei, bei ...«
»Schsch. Das weiß ich.« Sie hatte wieder die Hand auf seine gelegt, ihr Daumen strich beruhigend über sein Handgelenk. »Schsch, Damien. Es wird alles gut. Das Schlimmste ist vorbei. Jetzt müssen Sie uns nur noch erzählen, was passiert ist. Tun Sie das für mich?«
Nach ein paar tiefen Atemzügen nickte er tapfer. »So ist gut«, sagte Cassie. Hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte ihm den Kopf getätschelt und ihm ein Leckerchen gegeben.
»Wir müssen die ganze Geschichte hören, Damien«, sagte ich und zog meinen Stuhl näher, »Schritt für Schritt. Wo hat es angefangen?«
»Hä?«, sagte er nach einem Augenblick. Er blickte verwundert. »Ich ... was?«
»Sie haben gesagt, sie wollten Katy nichts tun. Wieso ist es denn dann passiert?«
»Ich ... ich meine, ich weiß nicht. Ich erinnere mich nicht. Kann ich Ihnen nicht einfach von der ... der Nacht erzählen?«
Cassie und ich wechselten einen Blick. »Okay«, sagte ich. »Klar. Fangen Sie am Montagabend an, als Sie Feierabend gemacht haben. Was haben Sie anschließend getan?« Da war irgendetwas, offensichtlich. Aber wenn wir ihn jetzt drängten, sagte er vielleicht keinen Pieps mehr oder bestand doch noch auf einem Anwalt.
»Okay ...« Damien holte wieder tief Luft und setzte sich kerzengerade hin, die Hände zwischen die Knie geklemmt wie ein Schuljunge bei einer mündlichen Prüfung. »Ich bin mit dem Bus nach Hause. Ich hab mit meiner Mutter zu Abend gegessen, und dann haben wir eine Partie Scrabble gespielt; sie spielt für ihr Leben gern Scrabble. Meine Mutter hat ein schwaches Herz und ist um zehn ins Bett, wie immer. Ich, ähm, bin in mein Zimmer gegangen und hab gewartet, bis sie schlief – sie schnarcht, daher wusste ich ... ich hab versucht, was zu lesen und so, aber es ging nicht, ich konnte mich nicht konzentrieren, ich war so ...« Wieder klapperten ihm die Zähne.
»Schsch«, sagte Cassie sanft. »Ist ja gut. Sie tun genau das Richtige.«
Er schnappte stotternd nach Luft, nickte. »Wann haben Sie das Haus verlassen?«, fragte ich.
»Ähm, elf. Ich bin zu Fuß zurück zur Ausgrabung – es sind nämlich nur ein paar Meilen von mir zu Hause, aber mit dem Bus dauert es ewig, weil der erst noch durch die Stadt fährt. Ich bin über Feldwege, weil ich die Siedlung umgehen wollte. Ich musste allerdings am Cottage vorbei, aber der Hund kennt mich, und als er anfing zu bellen, hab ich gesagt, ›Bist ein braver Hund, Laddie‹, und er hat aufgehört. Es war dunkel, aber ich hatte eine Taschenlampe mit. Ich bin in den Geräteschuppen und hab mir ein Paar ... ein Paar Handschuhe geholt, und ich hab sie angezogen, und ich hab einen ...« Er schluckte schwer. »Ich hab einen großen Stein aufgehoben. Vom Boden, am Rand der Ausgrabung. Dann bin ich in den Fundschuppen.«
»Wann war das?«, fragte ich.
»Gegen Mitternacht.«
»Und wann ist Katy gekommen?«
»Sie sollte ...« Ein Blinzeln, ein Senken des Kopfes. »Sie sollte um eins kommen, aber sie war früher da, gegen Viertel vor eins. Als sie an die Tür geklopft hat, hätte ich fast’nen Herzinfarkt gekriegt.«
Er hatte Angst vor ihr gehabt. Ich hätte ihm gern eine reingehauen. »Sie haben sie also hereingelassen.«
»Ja, sie hatte Schokokekse dabei und hat mir einen gegeben, aber ich konnte nicht – ich meine, ich konnte nichts essen. Ich hab ihn in die Tasche gesteckt. Sie hat ihren gegessen, und sie hat mir von der Ballettschule und so erzählt, ein paar Minuten lang. Und dann hab ich gesagt ... ich hab gesagt, ›schau mal da, auf dem Regal‹, und sie hat sich umgedreht. Und ich, ähm, hab sie geschlagen. Mit dem Stein, auf den Hinterkopf. Ich hab sie geschlagen.«
In seiner Stimme lag helle, pure Fassungslosigkeit. Seine Pupillen waren derart geweitet, dass seine Augen schwarz aussahen.
»Wie oft?«, fragte ich.
»Ich – ich – oh Gott ... Muss das wirklich sein? Ich meine, ich hab doch gesagt, dass ich es war, können Sie nicht einfach ... einfach ...« Er packte die Tischkante, grub die Fingernägel hinein.
»Damien«, sagte Cassie,
Weitere Kostenlose Bücher