Grabesgrün
soll ...«
»Und dann sind Sie nach Hause gegangen?«
»Nein, zuerst hab ich im Fundschuppen sauber gemacht. Das Blut. Der ganze Boden war voll, und die Stufen, und ich hatte was an den Handschuhen und den Füßen und ... ich hab einen Eimer Wasser geholt und versucht, es abzuwaschen. Ich konnte es riechen ... ich musste immer wieder aufhören, weil ich dachte, ich müsste kotzen.«
Er sah aus, ich schwöre es, als erwartete er Mitgefühl. »Das muss furchtbar gewesen sein«, sagte Cassie – mitfühlend.
»Ja. Gott. Das war’s.« Damien wandte sich ihr dankbar zu. »Ich hatte das Gefühl, als wäre ich schon ewig da gewesen, ich hab die ganze Zeit gedacht, es ist fast Morgen, und die anderen können jeden Augenblick kommen, und ich muss mich beeilen, und dann dachte ich, das kann nur ein Albtraum sein und ich muss aufwachen, und dann wurde mir schummrig vor Augen ... ich konnte nicht mal sehen, was ich da mache, ich hatte zwar die Taschenlampe, aber die hab ich kaum eingeschaltet, aus Angst, die da im Wald würden das Licht sehen und nachgucken kommen. Deshalb war alles dunkel, und alles voller Blut , und bei jedem Geräusch dachte ich, ich sterbe, ich sterbe richtig ... Ich hab dauernd irgendwas gehört, von draußen, irgendwie Kratzen an der Schuppenwand. Einmal klang es wie Schnüffeln an der Tür – und ich dachte, das könnte Laddie sein, aber der ist nachts angekettet, und fast hätte ich – Herrgott, es war ...« Er schüttelte fassungslos den Kopf.
»Aber schließlich hatten Sie alles sauber«, sagte ich.
»So ungefähr, ja. So gut es ging – ich konnte einfach nicht mehr. Ich hab den Stein hinter den Planen versteckt, und sie hatte eine kleine Taschenlampe dabei, die hab ich dazugelegt. Eine Sekunde lang – als ich die Planen angehoben hab – haben mir die Schatten wohl einen Streich gespielt, es sah aus, als würde sie sich bewegen – oh Gott ...« Er wurde wieder grün im Gesicht.
»Sie haben also den Stein und Katys Taschenlampe im Geräteschuppen gelassen«, sagte ich. Er hatte die Kelle auch diesmal nicht erwähnt. Was mich aber weniger beunruhigte, als man meinen könnte: Alles, wovor er zurückschreckte, würden wir zu gegebener Zeit gegen ihn verwenden können.
»Ja. Und ich hab die Handschuhe abgewaschen und sie zurück in den Beutel getan. Und dann hab ich die Schuppen abgeschlossen und bin – und bin nach Hause gegangen.«
Leise und hemmungslos, als hätte er schon lange darauf gewartet, begann Damien zu weinen.
Er weinte lange, zu heftig, um Fragen zu beantworten. Cassie saß neben ihm, tätschelte ihm den Arm und murmelte beruhigende Worte und reichte ihm Taschentücher. Nach einer Weile fing ich ihren Blick auf, über seinen Kopf hinweg, und sie nickte. Ich ließ die beiden allein und ging zu O'Kelly.
»Das kleine Muttersöhnchen«, sagte er und riss die Augenbrauen hoch. »Mann, ich fress’nen Besen. Hätte ich dem gar nicht zugetraut. Ich hab auf Hanly getippt. Der ist übrigens gerade weg, hat zu O'Neill gesagt, er soll sich seine Fragen Gott weiß wohin stecken, und ist abgehauen. Da können wir froh sein, dass Donnelly nicht das Gleiche gemacht hat. Ich bereite die Akte für die Staatsanwaltschaft vor.«
»Wir brauchen seine Telefonlisten und Einblick in seine Kontobewegungen«, sagte ich, »und Hintergrundinformationen von den anderen Archäologen, Kommilitonen, alten Schulfreunden, von allen, die ihm nahstehen. Er hält sich bedeckt, was das Motiv angeht.«
»Wen interessiert das Motiv?«, entgegnete O'Kelly. Er war sichtlich erfreut. Ich hätte selbst auch allen Grund zur Freude gehabt, aber irgendwie wollte sie sich nicht einstellen. Als ich davon geträumt hatte, diesen Fall zu lösen, hatte ich mir das nie so vorgestellt. Die Szene im Verhörraum, die der größte Triumph meiner Laufbahn hätte werden sollen, war mir einfach zu wenig und zu spät.
»In diesem Fall«, sagte ich, »interessiert’s mich.« O’Kelly hatte im Grunde recht – wenn man einem Verdächtigen die Tat nachweisen kann, muss man absolut nicht erklären, warum er es getan hat –, aber durchs Fernsehen verdorbene Geschworene wollen ein Motiv, und ich diesmal auch. »Ein brutales Verbrechen wie das hier, ausgeführt von einem liebenswerten, unreifen Jungen, da muss die Verteidigung doch geradezu auf Unzurechnungsfähigkeit setzen. Wenn wir ein Motiv haben, fällt die Möglichkeit flach.«
O'Kelly schnaubte. »Meinetwegen. Ich setz die Jungs auf die Hintergrundinformationen an. Und Sie
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