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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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unternommen, Kontakt zu ihr aufzunehmen?«
    »Nein.«
    »Woher wussten Sie, dass sie Devlins Tochter ist?«
    »Weiß ich nicht mehr.«
    Ich spürte allmählich, dass das Ganze nicht viel bringen würde. Mark war ungeduldig und stinksauer, und die vielen zusammenhanglosen Fragen machten ihn unsicher, aber er kam mir nicht im Geringsten nervös oder verängstigt vor. Er war in erster Linie genervt, was im Grunde hieß, dass er sich nicht wie ein Schuldiger verhielt.
    »Mich würde interessieren«, sagte Cassie und zog einen Fuß hoch auf die Sitzfläche, »was wirklich hinter dieser Geschichte ›Ausgrabung gegen Schnellstraße‹ steckt.«
    Mark lachte, ein freudloses, kurzes Schnauben. »Das ist eine hübsche Gutenachtgeschichte. Im Jahr 2000 hat die Regierung die Pläne bekannt gegeben. Alle Welt wusste, dass die Gegend um Knocknaree archäologisch interessant ist, also hat man ein Team hingeschickt, das ein Gutachten erstellen sollte. Das Ergebnis lautete, dass die Ausgrabungsstätte wichtiger war, als alle gedacht hatten, und dass nur ein Idiot sie überbauen würde, deshalb müsste die Schnellstraße verlegt werden. Die Regierung sagte, alles sehr interessant, besten Dank auch, und rückte keinen Deut von ihren Plänen ab. Erst auf massiven öffentlichen Druck hin wurde überhaupt eine Ausgrabung bewilligt. Schließlich waren sie so gnädig und sagten, okay, ihr dürft zwei Jahre graben – dabei bräuchten wir mindestens fünf Jahre, um alles Wertvolle zu bergen. Seitdem kämpfen Tausende von Menschen gegen die Schnellstraße – sammeln Unterschriften, demonstrieren, gehen vor Gericht. Und die Regierung interessiert das einen feuchten Dreck.«
    »Aber warum?«, fragte Cassie. »Wieso verlegen sie die Straße nicht einfach?«
    Er zuckte die Achseln, und sein Mund zuckte heftig. »Da bin ich überfragt. Das kommt bestimmt in fünfzehn oder zwanzig Jahren bei irgendeinem Untersuchungsausschuss raus, aber dann ist es zu spät.«
    »Was war Dienstagnacht?«, fragte ich. »Wo waren Sie da?«
    » Im Teamhaus. Kann ich jetzt gehen?«
    »Gleich«, entgegnete ich. »Wann haben Sie das letzte Mal eine Nacht auf dem Ausgrabungsgelände verbracht?«
    Seine Schultern erstarrten fast unmerklich. »Ich hab die Nacht noch nie auf dem Gelände verbracht«, sagte er nach einem Moment.
    »Bitte keine Haarspaltereien. Im angrenzenden Wald.«
    »Wer sagt denn, dass ich da geschlafen hab?«
    »Hören Sie, Mark«, sagte Cassie plötzlich barsch, »Sie waren entweder Montag- oder Dienstagnacht im Wald. Das können wir mit forensischen Beweisen belegen, wenn’s sein muss, aber das würde uns viel Zeit kosten, und glauben Sie mir, wir werden dafür sorgen, dass es Sie noch mehr Zeit kostet. Ich glaube nicht, dass Sie das Mädchen umgebracht haben, aber wir müssen wissen, wann Sie im Wald waren, was Sie dort wollten und ob Sie irgendwas Wichtiges gehört oder gesehen haben. So, jetzt können wir den Rest des Tages damit verbringen, Ihnen diese Informationen aus der Nase zu ziehen, oder Sie können es uns einfach erzählen und zurück an die Arbeit gehen. Die Entscheidung liegt bei Ihnen.«
    »Was für forensische Beweise?«, fragte Mark skeptisch.
    Cassie lächelte ihn an und zog einen verschlossenen Beweismittelbeutel mit der Kippe der Selbstgedrehten aus der Tasche. »DNA. Sie haben an dem Lagerplatz Ihre Kippen liegen lassen.«
    »Verdammt«, sagte Mark und stierte darauf. Er sah aus, als wäre er unschlüssig, ob er jetzt wütend werden sollte oder nicht.
    »Ich tu nur meine Arbeit«, sagte Cassie heiter und steckte den Beutel wieder ein.
    »Verdammt«, sagte er erneut. Er biss sich auf die Lippe, konnte aber das widerwillige Schmunzeln nicht verbergen, das seine Mundwinkel umspielte. »Und ich bin drauf reingefallen. Sie sind schon ein Früchtchen.«
    »Man tut, was man kann. Also, Sie haben im Wald übernachtet ...«
    Schweigen. Schließlich rührte Mark sich, sah nach oben zu der Uhr an der Wand, seufzte. »Okay. Ich übernachte schon mal dort.«
    Ich ging um den Tisch herum, setzte mich und klappte meinen Notizblock auf. »Montag oder Dienstag?«
    »Montag.«
    »Um wie viel Uhr sind Sie dort angekommen?«
    »Gegen halb zehn. Ich hab ein Feuer gemacht und hab mich schlafen gelegt, als es runtergebrannt war, so gegen zwei.«
    »Machen Sie das bei jeder Ausgrabung?«, fragte Cassie. »Oder nur in Knocknaree?«
    »Nur in Knocknaree.«
    »Warum?«
    Mark betrachtete seine Finger, die wieder langsam auf dem Tisch trommelten. Cassie und

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