Grabesstille
reden, unter vier Augen. Morgen Nachmittag um vier, bei mir zu Hause. Nur Sie und sonst niemand. Sie können Ihrem Mann sagen, dass er sich keine Sorgen machen muss.«
»Wer ist denn da?«, fragte sie scharf.
»Kevin Donohue.«
Sie fuhr zusammen und starrte Gabriel an. Mit Mühe gelang es ihr, ihre Stimme neutral zu halten, als sie fragte: »Worum handelt es sich, Mr. Donohue?«
»Um das Red Phoenix. Ihre Ermittlungen gehen in die völlig falsche Richtung. Ich denke, es wird allmählich Zeit, ein paar Dinge klarzustellen.«
21
Obwohl Frost und Tam sie von ihren geparkten Wagen aus beobachteten, fühlte Jane sich bedrohlich allein und ausgesetzt, als sie am Tor von Kevin Donohues Anwesen klingelte. Wenig später kamen zwei muskelbepackte Kerle die Auffahrt hinunter auf sie zumarschiert, beide bewaffnet, wie die auffälligen Ausbeulungen ihrer Jacken verrieten. Sie stellten keine Fragen, sondern öffneten ihr nur wortlos das Tor und schlossen es hinter ihr wieder ab. Als sie unter dem Torbogen hindurchging, entdeckte sie eine Überwachungskamera, die dort oben angebracht war. Jeder ihrer Schritte wurde aufgezeichnet.
Während sie den Männern die Auffahrt hinauf folgte, fiel ihr das Fehlen von Bäumen und Sträuchern auf. Es gab nur eine breite Rasenfläche und einen betonierten Fahrweg, gesäumt von hässlichen Laternenpfählen, an denen weitere Überwachungskameras befestigt waren. Hier war der Beweis, dass es auch seine Nachteile hatte, einer der führenden Köpfe der irischen Mafia zu sein. Ein Mann wie Donohue konnte sich niemals sicher fühlen, weil er genau wusste, dass irgendwo eine Kugel seinen Namen trug.
Bei all seinem Reichtum hatte Donohue einen deprimierend gewöhnlichen Geschmack, der sich zeigte, als Jane das Haus betrat und die nichtssagenden Pastellgemälde an den Wänden erblickte. Sie sahen aus wie die in Massen produzierten Landschaftsbilder, die in jedem Einkaufszentrum feilgeboten wurden. Ihre Eskorte führte sie in das Wohnzimmer, wo ein riesenhafter Mann, aufgedunsen wie eine Kröte, in einem übergroßen Sessel saß. Er war in den Sechzigern, glatt rasiert und mit schütterem Haupthaar, und musterte sie mit blauen Augen, die unter schweren Lidern hervorstarrten. Jane hatte keine Vorstellung nötig – sie wusste sofort, dass es sich um Kevin Donohue handelte, berüchtigt für seinen beeindruckenden Appetit und seine nicht minder beeindruckenden Wutausbrüche.
»Überprüf sie, Sean«, sagte jemand. Jane hatte nicht bemerkt, dass noch jemand im Zimmer war – ein dürrer, nervös wirkender Mann in Anzug und Krawatte.
Einer ihrer Bewacher trat mit einem Frequenzscanner in der Hand auf sie zu. Jane fuhr ihn an: »Was soll dieses Theater?«
»Ich bin Mr. Donohues Anwalt«, sagte der Dürre. »Bevor er mit Ihnen spricht, müssen wir uns vergewissern, dass Sie nicht verwanzt sind. Und Sie müssen uns Ihr Mobiltelefon aushändigen.«
»Das war so nicht abgemacht.«
»Detective Rizzoli«, knurrte Donohue, »ich gewähre Ihnen das Privileg, Ihre Waffe zu behalten, da Sie schließlich freiwillig gekommen sind. Aber ich möchte nicht, dass unser Gespräch aufgezeichnet wird. Sollten Sie um Ihre Sicherheit besorgt sein, kann ich Sie beruhigen. Ihre Mitarbeiter, die draußen vor dem Haus parken, werden Ihnen sicher beim ersten Anzeichen von Problemen zu Hilfe eilen.«
Ein paar Sekunden lang bekriegten Jane und Donohue sich mit Blicken. Dann übergab sie ihr Handy dem Anwalt und blieb regungslos stehen, während der Bodyguard sie nach Funksignalen abscannte. Erst als Sean sie für sauber erklärte, bedeutete Donohue ihr, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Sie entschied sich stattdessen für einen Sessel, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein.
»Ihr Ruf eilt Ihnen voraus«, sagte Donohue.
»Das gilt auch für Sie.«
Er lachte. »Ich merke schon, die Gerüchte treffen zu.«
»Gerüchte?«
Er faltete die Hände auf der Wölbung seines Bauchs. »Detective Jane Rizzoli, die mit dem vorlauten Mundwerk. Eine Bulldogge auf zwei Beinen.«
»Ich betrachte das als Kompliment.«
»Und deshalb sage ich Ihnen jetzt, dass Sie lieber woanders nach Ihren Knochen graben sollen. Mit mir vergeuden Sie nur Ihre Zeit.«
»Wirklich?«
»Sie haben eine Menge Fragen über mich gestellt. Und Ihr Gatte auch. O ja, ich weiß alles über Ihren Mann, Mr. Special Agent Gabriel Dean. Ein schönes Gesetzeshüter-Pärchen. Nicht dass Sie denken, ich hätte Angst, dass Sie irgendetwas Brauchbares herausfinden könnten. Aber
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