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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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sie gesagt habe, okay?«
    »Okay«, sagte ich, erleichtert, doch noch ein Zeichen brüderlicher Zuneigung an ihm zu entdecken.
    Jack versprach ihm, dass er Giles fragen werde, ob Jason einmal mit ihm das italienische Restaurant besuchen dürfe.
    »Das wäre super«, meinte er, doch er wirkte gedämpft. Vielleicht glaubte er nicht, dass Jack Ernst machen würde.
    Er dankte uns und verabschiedete sich. Das Blechbüchsentelefon nahm er mit. Als er ins Haus ging, sah ich, wie er ins eine Ende sprach und sich das andere ans Ohr hielt, vertieft in ein persönliches Gespräch mit sich selbst.
     

46
     
    FREITAG NACHMITTAG, 15. SEPTEMBER
    Las Piernas
     
    Stolz musterte Nick Parrish seinen neuen Arbeitsraum. Eine große Verbesserung gegenüber dem letzten.
    Erneut musste er seiner kleinen Motte Anerkennung zollen. Seine Motte hatte erkannt, dass er in seiner Arbeit eingeschränkt war, und diese Alternative vorgeschlagen. Das hier entsprach seinen Bedürfnissen unendlich viel besser. Die Werkbank war größer, es stand ein Spülbecken zur Verfügung und – zu seinem Entzücken – sogar eine Gefriertruhe.
    Die Wohnung an sich war komfortabler als seine letzte, doch das bedeutete ihm wenig. Schließlich war er nicht verweichlicht. Wie jeder andere Künstler lag ihm am meisten an dem Raum, in dem er seine kreative Arbeit verrichten würde. Mehrere Tage hatte er damit verbracht, die Räume zu seiner Zufriedenheit einzurichten – die Gefriertruhe von ihrem vorherigen Inhalt zu befreien und so weiter – und jetzt – voilà! Vielleicht war es kein Atelier, das seiner Meisterwerke würdig gewesen wäre – ach, konnte es einen solchen Ort je geben? –, doch er käme hier sehr gut zurecht.
    Angesichts dessen, wie in letzter Zeit alles lief, konnte er sich eines gewissen Stolzes nicht erwehren. Irene ging allen Ernstes zu einer Psycho-Tante! Offenbar hatte er sie an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht.
    Herrlich! Was nützen Seelenklempner schon, wenn die Schrecknisse, die einen bedrohten, real waren? Sie hatte eine Heidenangst! Genau wie er es versprochen hatte.
    Wenn er nur daran dachte, wie die Frau auf die Knochen reagiert hatte! Das ließ ihn wünschen, er wäre dageblieben, um mitzuerleben, was passiert war, als sie die Rosen bekommen hatte.
    Er runzelte die Stirn und dachte an Jack Fremonts Arm, der um sie gelegt war. Sie war zu freigiebig mit ihrer Gunst – gelinde gesagt. Die Frau war eine richtige Hure. Ben Sheridan, Jack Fremont und Gott weiß, wer noch alles. Wahrscheinlich sogar ihr eigener Cousin.
    Er saß da und überlegte, was er wohl würde tun müssen, um sie von einer derartigen Besudelung zu reinigen.
    Er bremste sich, bevor ihn die Fülle dieser Fantasien allzu sehr erregen konnte. Es gab noch viel zu tun.
    Er studierte seine Landkarten, ging im Geiste die Routen durch, die er bereits gefahren war, und bedachte erneut sämtliche möglichen Gefahren auf dem Weg.
    Er wechselte die Nummernschilder des Honda aus und wählte für die heutige Verkleidung eine blonde Perücke. Er hatte bereits bei der Zeitung angerufen und den Lagerungsauftrag fürs Postamt ausgefüllt. Die Werkzeuge, die er für die erste Phase seiner Arbeit brauchte, lagen bereits im Kofferraum des Autos.
    Noch einmal sah er auf den kleinen Zettel hinab, den ihm die Motte gegeben hatte, und erschauderte. Wie war diese Information erworben worden? Die Motte führte etwas im Schilde. Er glaubte die Geschichte nicht, die ihm die Motte darüber erzählt hatte.
    Es passte ihm nicht, Energie dafür verschwenden zu müssen, dass er über die Motte nachdachte, erst recht nicht zu einem solchen Zeitpunkt. Er musste sich konzentrieren.
    Erneut sah er auf die Markierungen auf seiner Karte. Die meisten waren in Blau. Sein Blick wurde von der einzigen roten Markierung angezogen.
    Er wusste die genaue Adresse: 600 Broadway.
    Das Wrigley-Building.
    Der Sitz des Express .
     

47
     
    SONNTAG MORGEN, 17. SEPTEMBER
    Las Piernas
     
    Ich zögerte vor der Tür des Wrigley-Buildings. Die Vereinbarungen, die Jo Robinson getroffen hatte, kamen nicht einmal in die Nähe dessen, was ich mir vorgestellt hatte, als ich darum gebeten hatte, wieder in die Arbeit gehen zu dürfen, und mein Stolz litt. Ich wusste, dass mir Frank vom Volvo aus nachsah und wartete, bis ich sicher im Haus war. Gut zehn Minuten oder so erwog ich ernsthaft, zum Wagen zurückzugehen und ihn zu bitten, mich schnurstracks wieder nach Hause zu fahren. Dann würde ich Jo Robinson und Wrigley

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