Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Dame, die mich sowieso schon streng musterte, als ich zur Gegenrede ansetzte.
»Er braucht sich um seinen dicken Arsch«, wandte sie sich an Elia, »nicht zu sorgen. Ich gebe euch eine weitere Sänfte mit, eine für ihn, eine für die Kinder. Das ist auch auffälliger!« Elia nickte, ich auch, voller Dankbarkeit.
»Du wirst«, fuhr Elia fort, »Bruder Pian del Carpine treffen und mit ihm Weiterreisen bis zum Großkhan. Du kannst die Kinder bis dorthin mitschleppen oder dich – nach Betreten des mongolischen Reiches – ihrer entled i gen. Hauptsache, sie verschwinden spurlos, und ihr kehrt ohne sie zurück!«
Hamo war ins Zimmer getreten und hatte die letzten Sätze mitgehört. Er richtete seine Ansprache an Elia: »Um William mache ich mir keine Sorgen. Er hat verstanden, um was es für ihn geht. Aber um die Kinder. Sie bra u chen für die Reise, wenigstens für den Teil, in dem wir im Licht der Öffentlichkeit stehen, unter den argwöhn i schen Augen päpstlicher Spitzel, eine weibliche Beglei t person –«
»Nein!« sagte die Gräfin schrill. »Nein!«
»Doch«, sagte Hamo fest und grausam. »Ihr Wohlbefi n den, die Erfüllung ihrer Bedürfnisse allein garantieren ihr Wohlverhalten. Werden sie krank, schreien sie ihr Leid heraus, wird die Bevölkerung uns in den Arm fallen – die Entdeckung ihrer Identität ist dann die mögliche Folge, eine Gefahr –«
»- die wir nicht eingehen dürfen!« Der Turbanträger ha t te leise den Raum betreten. »Klar gedacht und wohl g e sprochen, junger Herr; ich sehe, Ihr seid Eurer Mutter ein würdiger Sohn – und ich nehme, was Euren Charakter a n geht, den Vorwurf der Unreife zurück. Es bleibt, das ist nicht Eure Schuld, die Unerfah-renheit. Zusätzliche Ris i ken wollen wir nicht eingehen!«
»Ich verlange«, sagte Hamo mit leichter Verbeugung, »daß Clarion uns begleitet und sich um die Kinder kü m mert!«
»Im Waisenhaus sind drei Ammen, ich verfüge über ein Nonnenstift, du kannst dir jede raussuchen, die du willst. Sie haben auch mehr Übung im Umgang mit Kindern als –«
»Ich bestehe auf Clarion.« Er wandte sich an Tarik, ohne seine Mutter eines Blickes zu würdigen. »Es handelt sich um ein Unternehmen von einer solchen Wichtigkeit und höchsten Vertraulichkeit, daß ich die Verantwortung nicht übernehme, wenn Ihr, Mutter, mir Clarion als B e gleitung verweigert.«
Schweigen. Die Gräfin starrte aus dem Fenster, rüttelte kaum merkbar an den Gitterstäben, ihre Knöchel traten weiß hervor.
»Ich werde sie benachrichtigen«, entrang sich ihrer tr o ckenen Kehle. »Sie wird sofort ihre Reisevorbereitungen treffen«, fügt e s ie dann sachlich hinzu, ohne sich umzudr e hen. Sie verließ den Raum schnellen Schrittes.
Das wird sie ihrem Sohn nicht vergessen, dachte ich, diese Frau kann hassen …
»Ihr, William, folgt mir nun.« Hamo hatte das Ko m mando übernommen. »Ich möchte vermeiden, daß man Euch noch in diesem Zimmer antrifft.« Ich wußte, er mei n te die Kinder, und mir war ’ s auch recht so. Der Abschied hätte mir das Herz zerrissen, hofften sie doch, mit mir re i sen zu dürfen.
»William«, sagte Elia, »auch ich muß sofort abreisen, der Kaiser bedarf meiner. Mach unserem Orden der Mind e ren Brüder keine Schande.« Er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. Etwas wenig für das, was er mir eing e brockt hatte. Doch sind wir alle Diener irgendeines Herrn, und in seinem Falle waren deren, selbst in Anbetracht der Tats a che, daß die Kirche sich von ihm getrennt hatte, zumindest noch zwei geblieben.
Die beiden Wachen nahmen mich in ihre Mitte und füh r ten mich Treppen und Gänge hinunter, einen selten oder nie benutzten Flügel des Kastells, zur Meeresfront hin g e legen. Das mußten wohl die Pferdeställe sein, von d e nen Roç berichtet hatte. Es herrschte Unruhe, ein Ko m men und Gehen. Die Tiere wurden gefüttert und aufg e zäumt. Aus den Rüstkammern wurden die Waffen ve r teilt.
Von der Besatzung der Burg hatte ich bislang nie j e manden zu Gesicht bekommen. Sie betraten wohl den Haup t trakt, in dem ich inhaftiert war, nur im Falle eines fein d lichen Angriffs, einer Belagerung. Ich war erstaunt über die vielen Soldaten und Offiziere, die plötzlich das So u terrain des Castells bevölkerten.
Hamo, der hinter uns schritt, ließ die beiden Wachen wegtreten. Wir waren allein.
»Ich bin nicht Euer Henker, William. Gegessen habt Ihr schon, gut und reichlich. Was Ihr die letzte Stunde vor u n serem Aufbruch für Eure
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