Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
gischtigen Kronen, die mit Donnergrollen gegen die Außenmauern des Ka s tells anrollten.
Andere Blitze, die man nicht sah, knallten wie Pei t schenschläge vom mächtigen Gefährt des Sturmgotts, ein T i tan, der über die Burg dahinrollte, direkt über die Köpfe der beiden Männer hinweg, die an der Tafel des Saales s a ßen.
»Die Herbststürme« erklärte John Turnbull, als müßte er sich bei Tarik für das Unwetter entschuldigen, doch der war mit seinen Gedanken woanders. »Hoffentlich ist der Kommandant der Triëre so vernünftig gewesen, rechtze i tig einen sicheren Hafen anzulaufen – sie sollten ja mo r gen zurück sein.«
»Er sollte sich auskennen!« schnitt Tarik die Besorgnis des Alten fast tadelnd ab. »Wir müssen nun zu einer En t scheidung gelangen.«
»Ach ja, die Kinder«, raffte sich Turnbull auf. »Ob sie wohl schlafen können?«
»Es geht nicht darum, ob sie sich fürchten oder ob sie Blitz und Donner mitten in der Nacht lustig finden«, T a rik wurde leicht sarkastisch, »sondern ob sie hier auf die Dauer in Sicherheit sind. Wird die Macht des Kaisers den Schlag verkraften, oder läutet er das Ende der Staufer auf Sizilien ein und damit auch hier in Apulien?«
»Solange«, Turnbull schien seine Eingebung von weit her zu beziehen; seine Stimme war wie ein Orakel, »sola n ge Ludwig ihm die Freundschaft hält, wer sollte seine Hand nach dem Normannenreich ausstrecken?«
»In Deutschland ist schon ein Gegenkönig aufgesta n den«, hielt der Assassinen-Kanzler dagegen, »auch wenn das mehr den Sohn berührt.«
»Solange Friedrich lebt«, sagte Turnbull fest, »wird er Kaiser bleiben und nicht dulden, daß seine Macht i r gendwo beschnitten wird, um keinen Zipfel – schon gar nicht den hier von Otran-to!«
Der alte John hatte sich erregt, und Tarik wiegelte ab. »Ich bedenke ja nur die neue Lage, als Garant für die U n versehrtheit des Blutes, wozu Ihr, ehrwürdiger Me i ster, mich ja bestellt habt. Es ist meine Pflicht, vorsichtig zu sein. Übervorsichtig!«
»Die Prieuré de Sion wußte und weiß zu schätzen, daß Euer Orden sich dieser Verantwortung unterzogen hat«, lenkte Turnbull ein. »Wenn Ihr das Verbleiben der Ki n der in der Obhut der Gräfin für zu gefährlich haltet …? «
»Ich würde mich wohler in meiner Haut fühlen, wenn sie bei den Assassinen in –«
Ein Durchzug ließ die Vorhänge wehen, Laurence war in die Tür getreten, die der Wind hinter ihr mit einem Knall wieder schloß.
»Vergebt meine Verspätung!« Ihr Haar und ihre Kle i dung waren trotz des übergeworfenen Umhanges durc h näßt. »Die Triëre hat am Abend in Tarent rechtzeitig Schutz gesucht und wird wohl morgen hier sein!« Sie spr u delte diese Nachricht heraus, und man spürte ihre Freude über die glückliche Rückkehr des Schiffes. Sie nahm einen Krug Wein und Becher vom Bord, schenkte sich und ihren Gästen ein. »Botschaft von Elia aus Anc o na ist ebenfalls eingetroffen: daß Hamo, mein Sohn, mit diesem Mönch und den pupazzi wohlbehalten im A n marsch auf Cortona ist, von wo er ihn sogleich nach No r den weiterschicken würde, und daß es ihm bisher gelungen sei, Pian del Carp i ne in Süddeutschland aufzuhalten, damit William ihn noch erreichen kann – dies aber nicht mehr lange –«
»Sollte der Einfluß des Generals auf die Minoriten derart nachgelassen haben«, spottete Tarik, »daß sie ihm nicht mehr sine glossa gehorchen?«
»Vergeßt nicht seine Exkommunikation und gerade jetzt nicht seine bekannte Freundschaft mit dem abgesetzten Kaiser!« Turnbull nahm die Frivolitäten des Kanzlers o f fensichtlich für bare Münze.
»Was mich ängstigt«, unterbrach Laurence das Geplä n kel, »ist, daß Elia mit keinem Wort Clarion erwähnt …«
»Was soll sein, liebe Laurence«, beruhigte sie Turnbull. »Daß in dieser Welt der Männer nicht immer von Frauen gesprochen wird, heißt noch lange nicht, daß sie keine B e deutung haben!«
»Bei allem Respekt«, mischte sich Tarik ein, »vor dem schönen Geschlecht«, es war wohl mehr eine Rüge für den Alten, der Gräfin gegenüber verneigte er sich lächelnd, »und Dank für Eure Gastfreundschaft, die Ihr den Kindern gewährt habt« – Laurence war alarmiert und fuhr herum, biß sich aber auf die Lippen, um den Gast ausreden zu la s sen –, »sollten wir Euch mit unserem Beschluß vertraut machen, daß Roger und Isabelle dieses Land verlassen werden.«
Die Gräfin beherrschte sich und nahm unaufgefordert am gegenüberliegenden
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