Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Lateinern schon mal zukommen läßt!«
»Wie ich Euch kenne, Eminenz«, hob Tarik sein Glas, »werdet Ihr uns auch unter griechischer Herrschaft hie r selbst erhalten bleiben!«
»Lieber in Byzanz auf verlorenem Posten als in Rom e i ner unter vielen, die sich im Kampf um Purpur selbst ze r fleischen oder sich, vom Wahn der Vernichtung des Sta u fers besessen, noch viel übleren Todesarten ausse t zen!«
»Noch lebt Friedrich!« prostete ihm der Gesandte des Sultans zu. »Ihr solltet hören, welche Antwort mein Gebi e ter dem Herrn Papst zukommen läßt. Der Herr Legat« – er wies mit ermunternder Geste auf seinen Nachbarn –, »u n ser Freund Lorenz von Orta, wird Euch den Inhalt des Schreibens zum Besten geben. Wir haben es beide auf u n serer Schiffsreise hierher auswendig gelernt, doch se i ne Deklamation übertrifft die meine bei weitem!«
Lorenz schob noch schnell eine in Olivenöl panierte Kürbisblüte, gefüllt mit dem Mus von Wildentenleber, ve r setzt mit krokant angebratenen Bröcklein aus deren woh l schmeckender Haut, in den Mund und erhob sich.
»Ich zitiere im originalen Wortlaut der auf griechisch abgefaßten Replik des Herrschers aller Gläubigen«, schmatzte der Legat und begann mit singender Stimme e i nes Muezzin: ›»A n d en edlen, großen, hochgesinnten, g e neigten, heiligen Papst, den dreizehnten Apostel, den Spr e cher der gesamten Christenheit, der die Verehrer des Kre u zes beherrscht, den Richter des christlichen Volkes, den Führer der Söhne der Taufe, den höchsten Priester der Christen – Gott stärke ihn und schenke ihm Heil! -‹«, er schob noch schnell eine ölglänzende Dolmade nach, »›von dem allmächtigen Sultan, dem Herrscher über die Häupter der Völker, der Gewalt hat über das Schwert und die Feder, der die beiden hervorragendsten Kräfte besitzt: die Lehre und das Gesetz, dem König der beiden Wel t meere, dem Herrn des Nordens und des Südens, dem König über Ägy p ten, Syrien und Mesopotamien, über Medien, Idumäa und Ophir, dem König al-Malik al-Salih Nachm al-Din Aiyub, dem Sohne des Sultans al-Malik al-Kamil, des Sohnes des Sultans alMalik al-Adil Abu Bekr Muhammed ben Aiyub Saif al-Din, des Sohnes des ersten Nadjm al-Din Aiyub, dessen Herrschaft Gott liebt. Im Namen des Bamherz i gen!«
Lorenz legte eine Verschnaufpause ein, nahm noch e i nen Schluck, weidete sich an den durch die lange Titulatur gefolterten Mienen seiner Zuhörer und fuhr genüßlich fort:
»›Es wurde Uns vor Augen gebracht ein Schreiben des vorgenannten Papstes, des edlen, hochgesinnten, großen, heiligen, dreizehnten der Apostel, des Sprechers der g e samten Christenheit, der die Verehrer des Kreuzes b e herrscht, des Richters des christlichen Volkes, des höc h sten Priesters der Söhne der Taufe – mache ihn Gott gut im Denken und Handeln, zum Beförderer des Friedens und Wahrer seiner Ursachen, und helfe ihm Gott in dem, was jenen, die seines Glaubens und Brauches sind, frommt, s o wie auch anderen! -‹«
»Da habt Ihr die Toleranz des Sultans«, unterbrach ihn Crean, an den Bischof gewandt, »wie wohl stünde sie auch der ›allein seligmachenden Kirche‹ an!«
Doch sein Vorgesetzter fuhr ihm barsch über den Mund: »Toleranz ist der Brei der Lauen, die sich nicht entsche i den können , ob sie beißen oder saugen wollen, ob heiß oder kalt, ob Glauben oder Unglauben!«
Lorenz unterband eine weitere Diskussion, indem er nun, den Cantus Gregorianus meisterlich imitierend, seinen Vortrag fortsetzte: »›Und Wir haben das genannte Schre i ben genau betrachtet und haben die Punkte, die es enthält, verstanden, ihr Inhalt gefiel Uns, und Unser Ohr wurde durch ihren Vortrag erfreut. Und der Bote, den Uns der Heilige Vater sandte, kam zu Uns, und Wir em p fingen ihn in Liebe und Ehre, mit Ehrfurcht und Hoc h achtung, und Wir riefen ihn vor Unser Antlitz, indem Wir Uns vor ihm neigten.‹ – Was natürlich nur symbolisch zu verstehen ist«, erlaubte sich Lorenz lächelnd einzufügen; »natürlich saß der Erhabene auf seinem Thron, und ich lag platt auf dem Bauch vor ihm!« Der Legat wechselte wieder im Tonfall, feierlich: »›Wir liehen aber seinen Worten Unser Ohr und schenkten dem Glauben, der Uns von Christus sprach, dem Lob und Ruhm sei. Von diesem Christus wissen Wir nä m lich mehr, als Ihr von ihm wißt, und achten ihn höher, als Ihr ihn achtet. Und bezüglich dessen, worin Ihr in Euren Worten Ruhe und Frieden ersehnt und Anlaß seht, die Vö l ker zum Frieden
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