Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Hornsignale von je n seits des Waldes, und bald sah ich zwischen den Räumen schimmernde Wehren und Helme blitzen. Es tauchten auch Fähnlein auf, ich konnte aber die Wappen nicht erkennen.
Die Ritter hielten am Waldesrand und schwärmten ebe n falls zur Sicherung der Flanken aus. Die zurückkehre n den Sarat z h ielten sich in respektvoller Entfernung. Dann schollen Fanfaren oberhalb des Dorfes, Ich eilte zur Tür und sah, in prächtigen Roben, das Gefolge des Kaisers ei n ziehen. Unsere Miliz stand am Straßenrand und sal u tierte mit Dreschflegeln, Sensen, Äxten und Hämmern. Wer Spieß oder Schwert besaß, hatte es herausgeholt ebenso wie manch alten Helm oder Schild.
Auf einem Dromedar, das viele hier noch nie gesehen, hockte ein Mohr mit Turban und schlug die Kesselpauke. Es war ein Gewirr und Gewimmel von Fahnen und Sta n darten, in denen unser Empfangskomitee, ein um Würde bemühter Zaroth und die anderen Ältesten, mit dem Strei t banner der Guarda del Punt sang- und klanglos u n terging. Sie wurden zur Seite gedrängt von der nun im Laufschritt zu Fuß antrabenden Sarazenen-Leibgarde des Staufers.
Friedrich saß auf einem Rappen, den vier Grafen füh r ten. Er trug keine Krone, sondern war barhäuptig. Ich konnte sein rotblondes Haar genau sehen. Da auf der G e genseite sein Kontrahent, der Landgraf von Thüringen, noch nicht eingetroffen war, ließen des Kaisers Berater ihn halten, und Zaroth kam doch noch dazu, ihm ein Wil l kommen zu entbieten.
Ich hatte wieder hinter dem Haremsgitter Position bez o gen und konnte unter mir alles genau beobachten.
Drüben, jenseits der Punt näherte sich jetzt im schnellen Trab ein Reiterstrupp, der wohl Heinrich Raspe umringte, den Landgrafen, der sich – auf Drängen des Papstes – in Deutschland zum Gegenkönig hatte ausrufen lassen, sich aber keineswegs wohl in seiner Haut fühlte, weswegen er auf das Angebot Friedrichs zu einem Geheimtreffen wi l lig eingegangen war, auch wenn ihn seine Umgebung vor e i ner Tücke oder Verrat des Staufers gewarnt hatte. Raspe war ein mutiger Krieger und eigentlich seinem Kaiser treu ergeben. Dennoch zögerte er offensichtlich noch, sich – wie vereinbart – mit engstem Gefolge zur eigentliche Au s sprache auf die überdachte Brücke zu begeben.
Ich hatte somit noch Muße, den Kaiser und seine nächste En-tourage zu beschauen. Und wen entdeck ’ ich zu me i ner Überraschung: meinen Präzeptor der Templer, den edlen Herrn Gavin Montbard de Bethune, und in seiner Begle i tung den jungen Herrn Guillem von Gisors. Ihre weißen Mäntel mit dem roten Tatzenkreuz fielen hier nicht so sehr auf, denn es hatte viele Ritter des Deutschen Ordens, und die trugen ja ebenfalls weiße Mäntel, nur, daß das Kreuz größer war und schwarz. Aber ich sah, leider könnt ’ ich ’ s nicht hören, daß der Herr Gavin das Ohr des Kaisers hatte. Der beugte sich zu ihm hinab, sie lachten – ein Scherz? Vielleicht über die Verzagtheit des Landgrafen; doch ger a de in diesem Augenblick löste dieser sich von seinem G e folge, legte sichtbar sein Schwert ab und ging, nur von w e nigen Getreuen begleitet auf die Punt zu.
Friedrich ließ ihn etwas warten, bevor er vom Pferd stieg und nun seinerseits die Herren bestimmte, die ihn zu gele i ten die Ehre hatten, Gavin war darunter. Die anderen bild e ten nun einen dichten Ring, der nach außen und i n nen von gezückten Waffen starrte, wie ein Halsband, das man Bl u thunden anlegt, bereit, sich auf jeden zu stürzen, der den Kaiser anfallen könnte. Drüben hatte sich die gleiche Ne r vosität breitgemacht, und es senkte sich eine schweigende Spannung um verbindende Brücke und trennende Schlucht, sobald die beiden, der abgesetzte Kaiser und der gegen se i nen Sohn Konrad angetretene Gegenkönig, unter dem Dach der Punt verschwunden waren.
Das galt natürlich nicht für die Bewohner des Dorfes. Kaum waren die Hauptpersonen des Spektakels ihren Bl i cken derart entzogen, lösten die Saratz, Alte wie Ki n der, das Spalier in den Straßen auf und kehrten, aufgeregt das Ereignis beredend, in ihre Ställe und Werkstätten zurück.
Xaver kam zu meinem maison d ’ arrêt heraufgestiegen. »Der Kaiser ist offiziell aus Italien abgereist, weil er der Hochzeit seines Sohnes Konrad mit Elisabeth von Bayern beiwohnen will« , sprudelte er sein aufgeschnapptes Wissen heraus. »Er wird aber heute noch ›sich zur Umkehr bew e gen la s sen‹«, ließ er mich konspirativ an seiner Erkenntnis tei l haben,
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