Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
»woraus du ersehen kannst, daß er nur den Raspe zur Rede stellen wollte!«
»Und der dankt jetzt wieder ab?« spottete ich ungläubig, »wo er sich doch gerade zu Veitshöchheim vom Mainzer Erzbischof zum deutschen König hat küren lassen …« Ich brillierte mit meinem frisch erworbenen Wissen, das ich meinem Wächter aus der Nase gezogen hatte.
»Der Landgraf schämt sich gar sehr«, vertraute mir X a ver an, »daß er seinem gütigen Herrn solch Ungemach a n getan –«
»- hat er doch gerade Ende Juli zu Frankfurt einen Reichstag einberufen und des Kaisers Sohn schimpflich davongejagt.« So gab ich vor, bestens auf dem laufenden zu sein über das, was sich im Reich tat, zogen doch g e nug auskunftswillige Reisende durch das Land der S a ratz.
Xaver war ganz unglücklich mit mir, der ich seinen ka i serfreundlichen Phantastereien so wenig Glauben schen k te. »Der Raspe will eigentlich nur wieder Herzog von Thüri n gen sein und daß sein Kaiser ihm wieder gunstvoll gew o gen sei!« beschloß er trotzig seine vom Wunsc h denken bestimmten Auspizien zum Ausgang des nun schon über eine Stunde dauernden Treffens.
»Mag ja sein«, tröstete ich ihn, »aber die Kirche wird ’ s schon zu hindern wissen.«
Er ließ mich abrupt wieder allein, denn Fanfarenstöße und Kesselpaukenschläge zeigten an, daß der Kaiser z u rückkam. Die schroffe Art, mit der Friedrich sein Pferd bestieg, bewies mir, daß ich mit meiner Schwarzmalerei wohl recht hatte. Drüben schlich der Landgraf fast g e beugt zurück zu den Seinen. Wie sie gekommen waren, galo p pierten und trabten sie davon.
Die Saratz eilten noch einmal auf die Straße und win k ten, dann war es vorbei. Glitzernd bewegte sich des Sta u fers Troß hinauf zum Paß und verschwand gar bald oben in den Serpent in en, während im Wald jenseits der Punt noch ein paar Fähnchen irrlichterten und sich dann auch dort die gewohnte Einödstille wieder ausbreitete wie herbstliche Abendnebel.
Mir wurde von meiner Wache bedeutet, daß ich nun g e hen könne, wohin es mir beliebe.
Ich traf Zaroth, der im Kreise der Ältesten zwei Buben verhörte, die sich im Gebälk gleich unter den Bohlen der Punt verborgen gehalten hatten.
»- hätten die Leibwächter euch gefaßt«, schalt einer und gab einem der Knaben einen Backenstreich, »wäret ihr in einen Ledersack gekommen, zusammen mit Hund, Hahn und Schlange!«
»Einen Fuß, eine Hand hätt ’ euch der Kaiser abhauen lassen, ein Aug ’ ausstechen!« fügte ein anderer schaue r lich hinzu. »Das machen sie so mit Spionen und Verr ä tern!«
Nun wollten die Knaben gar nimmer mit der Sprache h e rausrücken, doch Zaroth streichelte den Geschlagenen, und der kindliche Stolz obsiegte.
»Der Kaiser sagte, er gibt ihm die Krone nicht, die stund ’ Konrad zu –« , und der andere fiel ihm ins Wort: »- und der Raspe sagte, die sei entweihet, er brauche sie nicht, um König zu sein, ihm genüge die Zustimmung der Deu t schen –«
»- und die habe ein Gebannter nicht, deswegen sei er kein Kaiser mehr und auch kein König nicht!«
Da hatten wir ’ s: Keine Einigung! Rom hatte gesiegt.
»Lombardien bleibt dem Staufer treu, und auch die B a juwaren sind ihm durch die Hand Lisabethens verbu n den«, stellte Zaroth abschließend zur Lage fest. »So mag uns hier der Frieden erhalten bleiben, und wir bewachen weiter Paß und Punt für das Reich!«
Alle nickten zufrieden, da drängte sich Xaver vor. »Welch ein Tag!« rief er mit gespielter Fröhlichkeit. »Alva lädt euch alle ein, am Abend vor unserem Haus Küchlein zu essen!«
Das war ’ s! Wie liebte ich diese Küchlein aus glasierten Kastanien, geschmorten Äpfeln, in Bucheckernteigt a schen gebacken und dann mit frischem Eierschaum, roten Beeren und gehackten Nüssen gefüllt. Sie zerplatzten einem im Gesicht, ihr halber Inhalt lief über Bart, Gewand und Hä n de – was macht ’ s, die konnte man abschlecken, auch g e genseitig, ein beliebtes Spiel der Ju n gen und Anbahnung des ersten Werbens, war es doch ein traditionelles Zerem o niell, womit die Mutter der Braut im Dorf kundtat, daß die Tochter am nächsten Abend ihrem Freier das Jawort geben würde. Xaver hatte meine Vermählung mit Rüesch für morgen unwiderruflich in die Wege geleitet, und da wieder alle freudige Zusti m mung nickten, war es wohl im Rat so abgesprochen wo r den, während ich ›festgesetzt‹ war im Haus des Firouz und dieser im Wald, damit wir uns keinen Schaden tun konnten.
Ich schlich wie
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