Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
die H a fenmole geeilt, als sie die Triëre mit dem Fischerboot z u rückkommen sah. Clarion, jetzt zwanzig – und ihr Er b teil arabischen Blutes hatte sich noch mehr durchgesetzt –, strahlte sichtbar vor Freude über das Wiedersehen.
Faress ed-Din, alias Konstanz von Selinunt, ihr jugen d licher Oheim sprang leichtfüßig an Land, während die Mannschaft den armen Lorenz behutsam auf der Mole be t tete. Er war leichenblaß und fühlte sich zumindest sterbe n selend.
»Welch blendende Schönheit! Du siehst deiner Mutter immer ähnlicher!« begrüßte sie der Emir. »Und vom Ka i ser hast du die Augen!«
»Was völlig genügt!« mischte sich Laurence ein. »Denn einen schönen Menschen kann man Friedrich nicht ger a de nennen!«
»Sein Geist und sein Blut«, warf sich Clarion in die Brust, »darauf bin ich stolz!«
»Solltest du auch seine Menschenliebe und Güte geerbt haben, dann kümmere dich um unseren Lorenz; er ist ein Freund Williams und auf dem Weg nach Lucera. Ich kann leider nicht auf seine Genesung warten, sondern muß sofort zum Kaiser nach Foggia.« Er wandte sich an die Gräfin. »Wenn Eure Triëre mich –«
»Von Herzen gern.« Laurence biß sich auf die Lippen; von nichts auf der Welt trennte sie sich schwerer als von ihrem waffenstarrenden Schlachtschiff. »Doch ich fürc h te, Ihr werdet ihn nicht antreffen: Friedrich rast durch seine Lande und rächt sich an den Verrätern …«
»Ich werde ihn zu finden wissen«, entgegnete der Emir, ehe sie einen Grund formulieren konnte, ihm das Schiff zu verweigern.
»Setzt den Prinzen von Selinunt in Andria ab, nächst der kaiserlichen Residenz, und kehrt sofort zurück!« wies sie ärgerlich ihren Kapitän an.
Die Triëre hatte schon mit geschicktem Rudermanöver wieder abgelegt, als Lorenz auf die Burg getragen wurde. Nur Clarion stand noch an der Mole und sah dem davone i lenden Schiff nach. »Männer!« schnaubte sie wütend. »Ein hurtiges Kompliment, und schon sind sie wieder unterwegs – in ihre Ritterwelt! Und ich? Frauen dürfen warten!«
»Ich hab ’ ihn in die Badewanne stecken lassen«, em p fing die Gräfin Clarion. »Nach der langen Schiffsreise überstieg seine Ausdünstung den Normalpegel für Minor i ten bei weitem!« Lau-rence trat ans Fenster, als bedürfe sie dringend der frischen Brise, die sich im Winter über Ap u liens Hitzeglocke hermachte. »Er hat was von Hamo g e sabbert –«
»Er ist krank, Laurence!« wies Clarion ihre mißgelaunte Ziehmutter zurecht. »Gleich geh ich nach ihm schauen!«
»Kannst es wohl nicht abwarten?« höhnte die schlanke Gestalt, deren hennagefärbtes Haar grell von ihrem anson s ten schlichten Habit abstach.
Ihr Kampf gegen das Alter, dachte Clarion, macht vor nichts halt! Sie wird mich auch noch aus dem Haus ekeln wie Hamo, ihren Sohn! »Wozu auch?« fragte sie aufre i zend und wandte sich entschlossen zum Gehen.
»Er ist zwar ein Mönch, und ein stinkender dazu, aber dafür bist du –«
»Ich weiß: das schamloseste Geschöpf auf Gottes Er d boden, zumindest zwischen hier und Foggia – ich hätt ’ mit Konstanz davonsegeln sollen! Der ist zwar mein Onkel, aber das hätte mir nichts gemacht. Auf ›deiner‹ Triëre, vor den Augen der gesamten Mannschaft, hält ich mich ihm hingegeben.«
Sie verließ schnell den Raum; der Gräfin rutschte bei solcherlei Exkursen rasch die Hand aus.
Lorenz hockte im dampfenden Badezuber und ließ sich – zwar unter Stöhnen, doch offenbar mit Genuß – von zwei Mägden den Rücken schrubben. Es ging ihm zunehmend besser; die Krämpfe im Magen hatten merklich nachgela s sen, das leichte Grimmen entschwand in der wohligen Wärme der ihn umspülenden Wellen im Bottich. Über den Rand starrten ihn die neugierigen Augen der Kinder an, die schnell Mut faßten, mit ihren Händen ins Wasser zu la n gen, um erst sich, bald ihn zu bespritzen.
Lorenz mit seinem lockig-gelichteten Haarkranz war keine Respektsfigur.
»War das nicht Konstanz«, versuchte ihn Roç auszufr a gen, »der mit dir gekommen ist? Der ›Rote Falke‹!« set z te er nach, als Lorenz nicht sofort zu verstehen schien, wen er meinte. »Das is t n ämlich sein nom de guerre!« klärte er den Mönch auf. »So heißt er zu Hause.«
Yeza mischte sich ein, weil sie es nicht leiden konnte, daß Roç so tat, als wüßte er alles nur allein. »… wenn er in seinem Zelt in der Wüste auf Taubenjagd geht.«
»Ach«, sagte Roç herablassend zu Lorenz, »sie bringt wieder alles durcheinander –
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