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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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»Eine Legende, zwar nicht so alt wie mein Bart, aber zumindest seitdem Troß und Weiber sich hier am Fuß des Pog langweilen – pure Erfindung!«
    Dieser Ausbruch des sonst so beherrschten Templers hätte mich stutzig machen sollen, weckte aber nur me i nen Trotz. »Es gibt die Alte wirklich, leibhaftig in Fleisch und Blut«, beharrte ich, »man hat mir sogar den Weg beschri e ben, und so werde ich nun –«
    Gavin unterbrach mich mit unerwarteter Strenge. »Die Regula des heiligen Franz ist keine Initiation der Ade p ten! Hütet Euch davor, William, Euch unvorbereitet in Situati o nen zu begeben, denen Ihr – mangels geeigneter Einwe i sung nicht gewachsen seid! Geht schlafen und vergeßt die Alte!«
    »Nicht in dieser Nacht«, entgegnete ich entschlossen, »sie ist voller Magie – es ist die letzte Nacht des Monts é gur!«
    »Mönchlein«, drohte er mir mit gespielter Resignation, um gleich wieder in seine schneidende Ironie zu verfa l len, »Mönchlein, es ist nicht die letzte, sondern die Nacht. Und gerade weil du nichts über die maxima con s tellatio weißt, ziehst du dir besser die Bettdecke über den Kopf.«
    »Wie soll ich denn je des ›Großen Werks‹ teilhaftig werden?« Mich empörte seine elitäre Arroganz, doch klei n laut fügte ich hinzu: »Irgendwo muß man ja mal anfa n gen!«
    »Lies die Bücher – oder besser: Bleib bei deinen Lei s ten: Bete!«
    Ich nickte wie einverständig. Du hältst mich nicht länger davon ab, dachte ich bei mir, das Geheimnis zu ergrü n den und meine Rolle darin.
    Ich verabschiedete mich; es war wohl kurz vor Mitte r nacht, und ich beschloß, diese Hexe noch in selbiger Nacht aufzusuchen. Hatte mich der Seneschall doch schon davon in Kenntnis gesetzt, daß mit Ende des Feldzuges auch me i ne Dienste wieder vom König verlangt würden, er habe schon nach mir gefragt. Morgen sollte ich reisen. Also mußte ich jetzt handeln – oder ich würde mein Leben lang keine Ruhe mehr finden!
    Wahrscheinlich hätte ich besser daran getan, die letzte Gelegenheit zu nutzen und wegzulaufen, solange ich noch konnte. Aber vielleicht war es auch schon zu spät. Deus vult!
    Maxima Constellatio
    Montségur, Frühjahr 1244
    Eine sternklare Nacht. Auf den Wällen und Zinnen des Montségur ragen regungslos die Silhouetten der Wächter gegen den Himmel. Im Burghof standen die Männer der Garnison schweigend in Gruppen beisammen, die übl i chen Lagerfeuer waren gelöscht. Die Soldaten waren in den Schatten der hohen Mauern getreten; nicht daß sie noch Schutz vor einem der schweren Geschosse suchten, es war das unausgesprochene Verlangen, die Stille des Ortes auch durch keine Bewegung mehr zu stören, um denjenigen, die sich mit den Katharern im Rittersaal ve r eint hatten, ihre Achtung und letzte Ehrerbietung zu ze i gen. Es fiel kein Wort, und doch herrschte über dem Montségur nicht das lähmende Schweigen des Todes; eine erwartungsvolle Sti l le war eingezogen. Die Luft lebte, die Mauern atmeten, und die Sterne über ihnen glitzerten und funkelten derart, daß manch einer meinte, sie singen zu hören, und wenn eine Sternschnupp e i hren Bogen über das Firmament zog, so könnte er denken, sie wäre von hier aufgestiegen, um in den Weiten der großen Kuppel zu verglühen.
    Im Inneren der Burg warteten die Ritter in der Vorhalle zum Saal. Dicht gedrängt verharrten sie, selbst auf den St u fen der Freitreppe. So geschlossen der Kreis auch war, so stark die Spannung auch auf ihnen lastete, den Raum u n mittelbar vor der Tür betrat keiner. Weniger, um sich nicht dem Verdacht des Lau schens auszusetzen, es schien sie eine unsichtbare Bannmeile von der Geistigkeit derer au s zugrenzen, die sich hinter die eichenen Flügel des Portals zurückgezogen hatten.
    Viele der außerhalb Wartenden wußten da drinnen ihre Frauen, Mütter und Schwestern; auch wußten sie, daß ke i ner von den im Saal Versammelten am folgenden Tag mit ihnen den Montsé-gur durch das Haupttor verlassen würde. Wenn es Kämpfe und Auseinandersetzungen gegeben ha t te, jetzt waren sie ausgestanden. Die Entsche i dung derer, die das consolamentum empfingen, war u n widerruflich. Sie nahmen es mit Freude an, öffnete es ihnen doch das Tor zum Paradies. So unterdrückten Freunde und Angehörige jedes Schluchzen, derweil ein i gen eine Zähre verräterisch über die Wange lief, und in der Enge der Gewölbe war das leiseste Stöhnen dem N e benmann doch vernehmbar. Hände suchten und preßten sich, schwer ging der

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