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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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kurz auf den Tisch. Sie hoben die Becher, die vor ihnen standen, und tranken. Ein we i terer Schlag, sie setzten ab, die jungen Ritter füllten nach, wä h rend Gavin eine Seite im Buch umblätterte. E r t rank nicht. Wieder verfielen sie in diese kontemplative Erstarrung – ich weiß nicht, wie lange ich auf dieses strenge Schauspiel starrte, bis mich drei Schläge aus meiner Ve r zauberung rissen. Die Ritter bliesen jeder eine Kerze aus, erhoben sich, küßten die hinter ihnen stehenden Mun d schenke auf Wangen und Lippen – Gavin löschte das letzte Licht, und die Szenerie versank im Dunkeln.
    Vorsichtig, bei jedem knackenden Zweig unter meinen Füßen zusammenfahrend, schlich ich mich aus dem Wald und ward wieder bei der Wache vorstellig.
    Ich wurde zu Gavin geführt, der auf einem Feldstuhl vor seinem Zelt saß. Der lange Tisch samt Kerzen und Sch ä del war verschwunden. Das Licht des Lagerfeuers ließ das rote Tatzenkreuz auf seinem Gewand leuchten wie frisches Blut.
    »Mönchlein«, sagte er mit einer Spur seiner üblichen Ironie, »was treibt dich um, zu dieser Zeit. Weißt du nicht, wie gefährlich es ist, in dieser Nacht durch die Wälder zu streifen?«
    Mir schlug das Herz bis zum Halse. Er weiß nichts; er kann es nicht wissen, daß ich …! Ich führte den Geda n ken nicht zu Ende, doch der Teufel, der sich von jeder Schuld nährt, trieb mich zu sagen: »Wem dient der Orden der Ri t ter vom Tempel eigentlich?« Denn der Gedanke war mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen.
    Er blieb ganz ruhig. »Wie der Name schon sagt: dem Schutz des Tempels von Jerusalem –«
    »- weswegen der Großmeister in Akkon residiert!« wa g te ich frech einzuwerfen.
    Gavin biß sich auf die Lippen, fuhr aber beherrscht fort: »- und dem Erhalt des Christentums in Outremer insg e samt.«
    »Und sonst nichts?« hakte ich nach. »Kein Mysterium? Kein … Schatz?«
    »Ist dir die Terra Sancta nicht kostbar genug?« spottete er, wenn auch sichtbar ungehaltener, doch ich bohrte we i ter:
    »Ich meine den Schatz im Schatz, das eigentlich Schü t zenswerte – den Orden hinter dem Orden, den eigentl i chen Lenker, den großen Steuermann, von dem man munkelt. Was ist mit der ›Grande Maitresse‹, die u n längst –«
    »Wer hat dir diesen Namen genannt?« fauchte er. Sein Blick wurde lauernd, fast böse. »Nimm ihn nicht wieder in Mund!« verwarnte er mich heftig, und ich schwor es mir auf der Stelle. Ich hatte mir das Maul ohnehin schon ve r brannt.
    »Nicht alles, was einer unbefugt aufschnappt«, belehrte er mich dann mit einer gefährlichen Milde, »darf er auch ungestraft nachplappern.« Er sah mich lange an. »Mönc h lein«, lächelte er, »deucht dich etwa, euch sei von Kath e dern oder in euren Betstühlen der rechte U m gang mit der Esoterik gelehrt worden? Nicht einmal das Evangelium Johannis wird euch richtig interpretiert – und von den apokryphen wißt ihr nicht einmal, daß sie exi s tieren! Hüte dich, William – der Versucher kommt in mancherlei G e stalt daher.«
    Da hatte er nicht unrecht, doch der Teufel gab mir wohl noch einen letzten Tritt. Gavin hatte sich erhoben und wol l te mich stehenlassen, aber ich zupfte ihn am Ärmel. »Was ist das Heil?« fragte ich. »Das Heil, das es zu erretten gilt?«
    Der Präzeptor drehte sich langsam zu mir um. »William, es nicht zu wissen und es doch zu suchen, das könnte für dich die Rettung sein – doch noch geheilt zu werden.«
    Ich suchte nach einem Ansatzpunkt, um meine Frage nach der sublimatio in Worte zu kleiden, die mich nicht als Lauscher verraten würden. Vom Blut der Hur wollte ich lieber nicht anfangen; vielleicht war sie eine höchst gehe i me Heilige des Ordens, und ich war des Todes, vie l leicht stammten alle Templer von ihr ab, auch Gavin de Monfort-Bethune.
    Er enthob mich meiner Nöte. »Wie in jedem Märchen, William«, zeigte er mir jetzt wieder sein väterlich-überhebliches belehrendes Gesicht, »hast du drei Fragen gehabt, und nun geh zu Bett!«
    Er war wieder in diesen ironischen Ton verfallen, den er mir gegenüber anzuschlagen beliebte, und ich ärgerte mich darüber. Um mich mit meinem »Wissen« aufz u spielen, setzte ich, einer spontanen Eingebung folgend, dagegen: »Soll ich vielleicht Loba die Wölfin um Rat angehen? Vie l leicht weiß sie eine Antwort auf meine Fragen? Sie ist eine kluge Frau und kann auch heilen!«
    »Baucent â la rescousse!« Jetzt erntete ich blanken Hohn. »Törichtes Marketender-Geschwätz!« bürstete er mich ab.

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