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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Atem.
    Sigbert, der bärbeißige Komtur des Deutschen Rittero r dens streichelte einem Jungen, der abseits allein auf das Portal starrte, über die Haare. Das Kind entzog sich der zärtlichen Geste. Sein Blick war hart. Trauer erfüllte den alten Recken.
    Nach einer Stunde öffnete sich ein Portal einen Spal t breit, und heraus traten die junge Esclarmonde und Pie r re-Roger de Mire-poix mit ihrem Gefolge.
    Konstanz von Selinunt, der neben Sigbert stand, konnte der Versuchung nicht widerstehen, schnell einen Blick in den halb-dunklen Raum zu werfen. Verdeckt durch die im Vordergrund Knienden war seine Stirnseite in ein mag i sches Licht g e taucht, dessen Quell er nicht auszumachen vermochte. Se i ne Augen tasteten sich durch eine Welt, die sich ihm ve r schloß, eine Tropfsteinhöhle, erstarrte Wunder, Fremdheit des Weges – seine Gedanken eilten zurück an die sonnige Oberfläche: Esclar-munda, Leuchten der Welt, Reinheit des Lichts – Erinnerungen, die zu verge s sen ihm auferlegt war. Er zwang sich zurück auf den Mons Salvatz, in den Raum hinter der Tür.
    Was sahen die Menschen dort, das ihm verborgen blieb? Was erzeugte diese Helle ohne Schatten, ohne Flackern, die die Versammelten überstrahlte? Oder ging das Leuc h ten gar von ihnen aus, Widerglanz höchster geistiger Ko n zentration, Loslösung von den Gesetzen der Materie, von der Bürde der Körperlichkeit? Konstanz kam das Gespräch in den Sinn, das er einst mit einem alten Sufi geführt hatte, über die Befreiung des Leibes von Schmerz und Tode s angst durch die Ekstase der Meditation. Waren die ›Re i nen‹ auf diesem Weg so weit fortgeschritten, daß sich für sie das Tor zum Paradies schon aufgetan hatte?
    Er schaute verstohlen zu Sigbert hinüber, doch sein v ä terlicher Freund, der Komtur, stand breitbeinig, auf sein Schwert gestützt, und hielt den Kopf andächtig gesenkt. Sigbert machte sich keine Gedanken über das Woher und Warum. Sein Sinnen war praktischer Art: Er dachte an das, was vor ihnen lag. Und er betete still für das Geli n gen.
    Der dicht geschlossene Kreis um Esclarmonde, der schweigend die Köpfe zusammengesteckt hatte, während die Arme einander zärtlich umschlangen, öffnete sich nun gegen die vor der Tür Wartenden. Kammerfrauen brachten der jungen Herrin zwei in überdimensionale Steckkissen gewickelte Kinder herbei, von denen nur Mund und Nase herausschauten. Sie wirkten wie M u mien; dennoch – oder war es nur die Unwirklichkeit des Augenblicks – ging e t was Erhabenes, Erdenfernes von den Gesichtern aus. Es waren der scheue Knabe und da s h ellhaarige Mädchen. Man hatte sie wohl mit einem Schlaftrunk betäubt.
    »Diaus Vos benesiga!« Die Tochter Ramons küßte die kleinen Gesichter noch einmal, bevor sie das kostbare Gut den beiden Fremden in die Arme drückte. Sie hielt unmer k lich inne, als sie das Bündel mit dem zartblonden Mä d chenantlitz in die Hände von Konstanz gleiten ließ; ein Leuchten des Erkennens trat in ihr Auge: »Um der Minne willen, Ritter, übertragt die Liebe, mit der Ihr mir dienen wolltet, auf diese Kinder! Aitals Vos etz forz, qu ’ el les p o gues defendre!«
    Da beugte der fremde Ritter sein Knie und antwortete: »Das will ich Euch gern schwören, N ’ Esclarmunda. Vostre nom signi-fica que Vos donatz clardat al mon et etz monda, que no fes non dever. Aitals etz plan al ric nom tanhia.«
    Wortlos wandte sie sich ab und trat zurück in das Du n kel. Sichtlich verlegen nahm Sigbert, der den Jungen hielt, wahr, daß alle vor dem Portal Wartenden niederknieten, als er vorüberschritt.
    Sie traten in den unterirdischen Gang ein. Der Ko m mandant begleitete die Ritter bis zu dem schmalen Auslaß der Grotte in den Klippen, wo sich die Basken ihrer a n nahmen. Die eingewik-kelten Kinder wurden ihnen vor die Brust geschnürt, bevor sie selbst in Linnen gehüllt, mit Stricken um ihre Hüften und unter ihren Achseln gegürtet wurden.
    »Denkt daran, Freunde«, sagte der Verteidiger des Montségur mit belegter Stimme, Stolz und Trauer zugleich waren herauszuhören, »diese Kinder sind unser Vermäc h tnis und unsere Hoffnung zugleich, sie sind …« Tränen hinderten ihn am Weitersprechen, während die beiden Ri t ter, die Bündel fest an sich gepreßt, über den Rand der Klippen verschwanden. »Ay, efans, que Diaus Vo s ga r daz!«

II
DIE BERGUNG

Loba, die Wölfin
    Montségur, Frühjahr 1244 (Chronik)
    »Was ist der Gral?«
    Ich wußte, ich hatte diese Frage nicht stellen, das Wort nicht

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