Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
Vom Netzwerk:
hatten das Glück, die Worte der Propheten zu hören –« Er fuhr in seiner Rede so geschickt fort, daß Simon ihn nicht unterbrechen konnte. »Rumi hat die lange Reise aus Asia Minor angetreten, weil ihm eine Stimme kundtat, er würde morgen hier in Byzantium das kindliche Herrscherpaar, die künftigen Friedenskönige, sehen dürfen!«
    Ascelin verbarg die Erregung nur mühsam; sie konnte dem aufmerksamen Erzähler nicht entgangen sein. »Ein Paar? Wollt ihr sagen: ein Mädchen und ein Junge?«
    »Warum sollte es Allah nicht gefallen«, lächelte der Kaufmann ob des sich vor Neugier windenden Legaten, »auch ein Wesen weiblichen Geschlechts emporzuheben zur Menschwerdung, zu krönen an der Seite des männl i chen Herrschers?«
    »Wo, wann werden sie gekrönt?« platzte es aus Simon heraus.
    »Die Eingeweihten werden es erfahren«, sagte der Ar a ber mit leichter Zurückweisung, »ich kann warten.«
    »Wir auch!« erklärte Ascelin rasch. »Wir wollen uns etwas in der uns fremden Stadt umsehen; vielleicht –«
    »Wenn ich Euch meine geringen Dienste als Führer a n bieten darf, will ich Euch gern und kundig begleiten.«
    Das hatte Ascelin zwar keineswegs im Sinn gehegt, aber abschlagen mochte er das freundliche Angebot auch nicht.
    »Ihr habt einen hohen Gast«, wandte er ein, doch der Kaufmann hatte schon ein paar schnelle Worte auf ar a bisch mit seinem jüngeren Kollegen gewechselt, der nur nickte, und so zogen sie los gegen die hinter dem Hafen anste i gende Altstadt.
    Das flache Dach des pyramidenartigen Flügels des Kalli s tos-Palastes überragte alle Baumwipfel und auch au f grund seiner höheren Lage die Türme der nahe gelegenen Ki r chen der Heiligen Irina und der des Sergei und des Ba c chus. Der Rundblick sah die armseligen Feuer in den zum Hafen hinabfallenden Straßen der Altstadt, das breitg e schwungene Lichtermeer des Goldenen Horns mit seiner hell illuminierten Bootsbrücke und in der Ferne die matt leuchtende Uferkette Kleinasiens. Doch die Augen des a l ten Mannes an dem langen Rohr, das wie ein gen Himmel gerichtetes Katapult in einer Holzkonstru k tion aufgehängt war, waren auf andere Lichter geheftet.
    »Ich rufe dich, Mithras«, keuchte Turnbull. »Meine Ja h re lassen mir nicht mehr die Zeit, alle sieben Stufen zu e r klimmen, aber mach mich noch einmal wissen, ob ich u n würdiger Adept die Befehle deiner sieben Planeten richtig auslege!« Er schwenkte das Rohr, ohne sein Auge von ihm zu lassen. »Handele ich im Einklang mit den Sphären, wenn ich beim nächsten, höchsten Stand des Herrscherg e stirns die königlichen Kinder der Welt pr ä sentiere?« Es klang wie Gebet, ein verzweifeltes Gebet und wurde auch von den andern beiden Männern gehört, die sich in repek t vollem Abstand hielten.
    »Es gehört der Wagemut des nicht Initiierten dazu«, murme lt e Gavin dem neben ihm stehenden Lorenz zu, »sich über die Traditionen der alten Kulte hinwegzuse t zen und dem Apoll, sei es in seiner dionysischen oder orphe i schen Form, dem solitären männlichen Herrscher jede n falls, die weibliche Gefährtin gleichberechtigt gegenübe r zustellen!«
    »Ad latere«, korrigierte ihn flüsternd der Mönch, der – anders als der distanzierte Templer – leuchtenden Auges der Beschwörung folgte, »und vergeßt nicht Persephone, Hekate, und«, setzte er zaghaft hinzu, »vergeßt nicht Ap h rodite, die Göttin der Liebe! Das ist der Mut, dessen wir bedürfen: Die Liebe wieder mit ein-zubeziehen in den G e danken der Herrschaft!«
    Als hätte der alte John die Worte gehört, wandte er sich an seine beiden Begleiter: »Dreht sich nicht auch an K ö nig Arthurs Tafelrunde alles nur um die Liebe?« sinnierte er, ohne sie anzuschauen, sein Blick wanderte schon wieder himmelwärts. »Die zwölf Ritter, zwölf Zeichen des Kyklos Zodiakos, zwölf Stufen, Stufen wohin? Zur Liebe!« Er sprach jetzt lauter, als spräche ein Orakel aus ihm. »Jesus? Ein Jesus ohne Liebe? Auch wenn Eure Patriarchenkirche Maria von Magdala zur Hure abg e stempelt hat!«
    Er atmete schwer, er mußte sich an seinem Himmelsrohr festhalten, für den Templer ein Anblick der Pein, zw i schen Lächerlichkeit und Rührung, für den Franziskaner eine e r hebende, verklärende Offenbarung; er hing an den Lippen des Alten wie eine Hummel an der Honigblüte.
    »Das Zentrum dieser Welt, die hyperboreische Heimat des Apoll, Atlantis, Avalen«, seufzte Lorenz ergriffen, »a l les Inseln der Liebe!«
    »Und die Suche nach dem Gral?« frohlockte

Weitere Kostenlose Bücher