Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
mißverständlich auf, ihnen auf der Stelle zu folgen.
Murren in der Menge, doch letztlich erhob sich keine Hand, sie in Schutz zu nehmen. Vielleicht waren die be i den auch irgendwelche Hochstapler, Schwänke erzählende Gaukler, denn diese Schulter-an-Schulter-Fabel von uns e ren christlichen Rittern und diesen Heiden – das darf doch nicht wahr sein!
Doch Biro hielt die Eskorte auf, und die Soldaten na h men seine Einladung auch gerne an; sie abzulehnen e r schien auch ihrem Anführer nicht ratsam. So kamen die beiden Geistlichen noch zu einem ›allerletzten‹ Schluck.
Mich winkte der Patron beiseite. »Eil schon vorweg, h i nauf zur Burg, dann kannst du dich den Herren unauffällig anschließen, denn der Bombarone empfängt nicht jeden! Ich halte sie noch etwas hin!«
Ich dankte ihm mit einer weiteren Goldmünze und machte mich eilends auf den Weg.
Das Kastell der Barone Coppi von Cortona lag am Hang in den Hügeln über dem Ort. Eine Doppelmauer verband es, sich hinaufschlängelnd, mit dem Stadtpalais und schüt z te auch die Zufahrt. Immer noch in der mir fremden schwa r zen Kutte schritt ich den Torweg hoch.
Eigentlich war es jedem ordentlichen Minoriten bei Str a fe des Ordensausschlusses strengstens untersagt, mit Elia von Cortona, dem zwiefach exkommunizierten ehemal i gen Generalminister unseres Ordens, Umgang zu pfl e gen, aber in dieser Aufmachung kannte mich ja keiner, und in meiner Situation – ich hatte sicher schon schli m mere Sünden auf mein Haupt gehäufelt – kam es darauf nun auch nicht mehr an.
Ich war noch nicht oben angelangt, als die Kutsche, e s kortiert von den Soldaten mit dem Stemma des von der Kirche abtrünnigen Elia, an mir vorbei über das Steinpfla s ter rollte. Die beiden hohen geistlichen Würdentr ä ger – wie das mein Gewissen beruhigte! -waren in ziemlich unwürd i gem Zustand; sie waren, um es kurz zu sagen, sturzbeso f fen! Man mußte ihnen aus dem Wagen helfen und sie ins Haus führen. Da sich keiner um mich kümmerte, folgte ich ihnen, und das wiederum machte alle glauben, ich gehörte dazu.
So trat ich vor Elia, der in seinem reichgeschmückten Arbeitszimmer hinter seinem Tisch saß und sich nicht ei n mal die Mühe machte, sich unseretwegen zu erheben. Mit einladender, selbstsicherer Geste wies er uns, den beiden Geistlichen und meiner Wenigkeit, Sitzgelege n heiten zu und erwartete, daß wir unser Begehr vortrügen. Aber es folgten nur ein paar Rülpser und ziemlich albernes Gek i cher.
Elias Auge wanderte zu mir, ich konnte nur hilflos mit den Schultern zucken. »Ich mache Euch nicht für ihren Z u stand verantwortlich«, sprach er mich an, »doch w e nigstens solltet Ihr sie mir vorstellen!«
Ich senkte beschämt den Blick. Jetzt dachte er sicher, ich sei auch nicht ganz nüchtern, doch ihre Namen kannte ich nicht, und meine eigene Geschichte wollte ich nicht in G e genwart Dritter vor ihm ausbreiten.
Der Anführer der Soldaten meldete daraufhin laut wie ein Zeremonienmeister: »Seine Eminenz Albertus von Rezzato, Patriarch von Antiochia!« Er wies knapp auf den hageren Alten mit wallendem weißen Bart, der zornig in die Runde schaute, aber beharrlich schwieg. »Seine Exze l lenz Galeran, Bischof von Beirut!« Der fühlte sich nun endlich angesprochen und sagte: »Wir wollen den Heil i gen Vater sehen!«
Elia schaute erstaunt auf: »Von Herzen gerne!« Er ging bewundernswert elastisch auf das Spiel ein, dessen Ziel und Regeln auch er nicht kennen konnte. »Berichtet mir von unserem teuren Syrien, wo ich selbst einst als Kustos weilen durfte – natürlich nur, soweit es meinem Ohr z u kommt. Ach, wie oft vermisse ich seine lieblichen Reize, seine friedlichen –«
Hier unterbrach ihn Albert mit einem fast cholerischen Ausbruch:
»Friedlich?« rief er höhnisch. »Jerusalem ist verdorben, das Königreich am Rande des Abgrunds, die Ungläub i gen triumphieren!« Und Galeran fiel lamentierend ein, mit weinerlichem Pathos: »In den Dünen von Gaza bei Herbiya oder La Forbie, wie wir sagen, zersplitterte unser Glück, eitler Waffenruhm! Erschlagen ist der Meister des Tempels und sein Marschall, gefangen der vom Hospital – stellt Euch vor: dreiunddreißig Templer konnten sich nach Ask a lon retten, dazu sechsundzwanzig Johanniter und drei Deutsche Ordensritter! – Wir sind verloren«, schluchzte er, »wenn Ihr uns nicht helft!«
»Wie oft haben wir den Heiligen Vater angefleht, ang e bettelt«, grollte jetzt auch der Patriarch und erhob sich
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