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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»ich habe niemals zuvor
einen Mann so kämpfen sehen wie Euch. Gwinneth hat
nicht übertrieben.«
»Lady Gwinneth? König Uthers Witwe?«
»Und meine Braut«, antwortete Artus. Lancelots Herz
zog sich zu einem Stein zusammen. »Sie hat mir von Eurem Kampf gegen die Pikten berichtet. Um ganz ehrlich zu
sein: Ich habe ihr nicht wirklich geglaubt. Was sie von
Euren Taten berichtete, erschien mir doch zu übertrieben.
Aber nun …« Er schüttelte den Kopf. »Ich stehe tiefer in
Eurer Schuld, als ich jemals wieder gutmachen könnte.«
»Ihr habt schon mehr für mich getan, als Ihr wisst«,
antwortete Lancelot – was ihm sofort wieder Leid tat. Artus runzelte die Stirn, doch bevor er eine entsprechende
Frage stellen konnte, wechselte Lancelot das Thema und
fuhr mit veränderter Stimme fort: »Lasst uns nach Euren
Männern sehen, Artus. Reden können wir später immer
noch.«
    Die Bilanz der Schlacht, die sie zogen, war grauenhaft.
Neunzehn Pikten lagen erschlagen oder sterbend im Gras
und auch die Tafelritter hatten einen fürchterlichen Blutzoll bezahlt, Sir Lioness war tot, denn ihn hatten die Pikten als Ersten erreicht und überrannt, als sie aus dem Wald
gebrochen waren, und keiner der Tafelritter – Artus eingeschlossen – war ohne mehr oder minder schwere Verletzungen davongekommen.
    Am schlimmsten hatte es Sir Braiden getroffen. Er hatte
die rechte Hand verloren, und obwohl sich Sir Galahad
und Sir Gawain bereits nach Kräften um ihn bemühten, als
Artus und Lancelot hinzutraten, standen seine Chancen
schlecht, die nächste Stunde zu überleben. Sein Arm war
mittlerweile abgebunden, aber er hatte entsetzlich viel Blut
verloren und sein Puls war so schwach, dass man ihn
kaum noch fühlen konnte.
    Artus’ Gesicht verdüsterte sich noch weiter, als er auf
den bewusstlosen Tafelritter hinabsah. »Mordred«, flüsterte er hasserfüllt. »Dafür wird er bezahlen, das schwöre ich.
Für Braiden, für Lioness und für das, war er diesem heiligen Ort angetan hat.«
    Lancelot sah ihn fragend an. Das Visier seines Helmes
war noch immer heruntergeklappt – und das würde es
auch bleiben –, aber Artus schien seinen fragenden Blick
zu spüren, denn er erklärte: »Dies ist ein Ort des Friedens,
Lancelot. Ein Ort des Gebetes und der Einkehr. Blut an
einem Cromlech zu vergießen bedeutet eine Beleidigung
des Geistes, der über ihn wacht. Dieser Frevel wird nicht
ungesühnt bleiben.«

Noch vor ein paar Tagen hätte Dulac diese Worte als lächerlich empfunden, noch dazu aus dem Munde eines
Mannes, der vor etlichen Jahren offiziell zum Christentum
konvertiert war und öffentlich geschworen hatte, den alten
heidnischen Glauben zu bekämpfen, aber seither war so
viel geschehen, dass er einfach nicht mehr wusste, was er
glauben sollte. Er musste an das graue Leuchten und den
Gral denken, der über dem Altar erschienen war und ihm
neue Kraft gegeben hatte, und ein eisiger Schauer lief über
seinen Rücken. Ebenso wie die Kraft, die unsichtbar über
dem Cromlech wachte, war auch dieses Leuchten eine
freundliche Macht, die auf seiner Seite stand, doch das
änderte nichts daran, dass es ihm zugleich auch Angst
machte; und sei es nur, weil er spürte, dass sie Teil einer
vollkommen anderen Welt war, die jenseits seines Begreifens lag.
    Artus legte sein Schweigen wohl als Antwort aus, denn
er ging nicht weiter auf das Thema ein. Die nächste gute
halbe Stunde verbrachten er und die drei anderen damit,
ihre Rüstungen abzulegen und gegenseitig ihre Wunden zu
versorgen. Lancelot beteiligte sich nicht daran – das
schien auch niemand zu erwarten –, sondern stand
schweigend dabei und versuchte seinen Schrecken niederzukämpfen, als er sah, wie schlimm auch Artus und die
drei anderen verletzt waren. Es würde Wochen dauern, bis
die Tafelritter wieder vollkommen gesundet waren, wenn
nicht Monate.
    Außerdem zerbrach er sich vergeblich den Kopf darüber,
was er nun tun sollte. Es war zweifellos ein Fehler gewesen, nicht sofort in den Sattel zu steigen und davonzureiten, aber er hatte ihn nun einmal gemacht und konnte ihn
nicht zurücknehmen. Und irgendetwas – die Ahnung eines
bevorstehenden, noch viel größeren Unheils – hielt ihn
davon ab, dasselbe jetzt zu tun, nämlich einfach zu gehen.
    Nach einer Weile wandte er sich um und ging wieder in
den Steinkreis zurück. Etwas sehr Sonderbares war geschehen: Der Boden innerhalb des Steinkreises war vollkommen unberührt. Die

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