Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gran Reserva

Gran Reserva

Titel: Gran Reserva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
Vom Netzwerk:
maunzte lauter.
    »Ich auch. Komm mit, kriegst was ab. Sollst ja nicht leben wie ein Tier.« Er grinste. Am Kater ging der Witz jedoch völlig spurlos vorbei. Yquem folgte ihm trotzdem in die Küche.
    Juan war nirgends zu sehen. Erst als Max nach dem Frühstück ins Badezimmer trat, sah er, dass sein Gastgeber etwas mit Lippenstift auf den Spiegel geschrieben hatte. Den musste wohl einer seiner vielen Damenbesuche hiergelassen haben.
    »Bin wegen der Ausstellung in Bilbao. Cosecha bekommt die Putenbrust.«
    Max las die Zeilen laut vor. »Cosecha?« Das spanische Wort für Jahrgang. »Wer ist Cosecha?«
    Eine kugelförmige, dreifarbige Katze stand plötzlich neben ihm, Schwänzchen gereckt, und schnurrte.
    »Du bist Cosecha? Yquem hat den Serrano-Schinken beim letzten Frühstück nicht angerührt. Bist du auch so wählerisch? Versnobbt?«
    Keine Antwort.
    Putenbrust bekam Cosecha trotzdem. Und Yquem natürlich auch.
    Max beschloss, sich heute keine Sekundenmeditation anzusehen. Nach dem gestrigen Abend war ihm die Sache ein wenig unheimlich. Obwohl seine Spuren längst von Pepe Salinas verwischt worden waren, schaute er sich das Regenradar an. Wenn endlich Regen fiel, wollte er das Land fotografieren. La Rioja, wenn der Himmel die Schleusen öffnete, das hatte er noch nie gesehen. Regen auf die Dürre. Aber er musste sich wieder gedulden. Wahrscheinlich hielten sie die Wolken in England fest, da konnte die Bevölkerung ja nie genug von ihnen bekommen.
    Max betrat das Büro des Exportmanagers ohne zu klopfen und setzte sich ohne Aufforderung auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.
    »Max«, sagte Pepe Salinas, der ihn scheinbar sofort wiedererkannte. »Dich hatte ich heute gar nicht erwartet.« Er ging zur Bürotür und schloss sie leise. »Ich dachte, du hättest deine Fotos gemacht und wärst zurück nach Deutschland.«
    Man war also per Du.
    Max verschränkte die Arme über der Brust.
    Er hatte sich keine Strategie zurechtgelegt. Von Strategien hatte er genug. Er würde es zur Abwechslung mal mit der ungeschminkten Wahrheit versuchen.
    »Ich hab dich gesehen, am Ebro, wie du die Spuren verwischt hast.«
    Pepe Salinas hob den Hörer seines Telefons ab. »Bitte keine Gespräche mehr durchstellen. Bin nicht zu sprechen. Für niemanden. Außer…Sie wissen schon.« Für die Familie Martinez war man immer zu sprechen. Und für den König. Aber da hörte es dann auch schon auf.
    »Streite es nicht ab«, setzte Max nach.
    »Hast du Fotos geschossen?«, fragte Salinas und begann nervös mit seinem Schlüsselbund zu spielen, an dem ein teuer aussehender, silberner Osborne-Stier mit Gravur hing. »Was? Nein.« Max hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Was für eine saublöde Antwort, mit der er einen Riesenvorteil aus der Hand gab. Ein Druckmittel sondergleichen.
    »Gut«, sagte Salinas und nickte. »Ja, es stimmt. Ich war da, weil ich dich und Cristina in der Nacht gesehen habe, vom Fenster meines Büros. Fragte mich: Was schleppen die denn da für eine Leiche zum Auto? Scherzhaft natürlich. Also zuerst. Dann hatte ich so ein komisches Gefühl im Magen und bin euch nachgefahren, bis zu der Stelle, wo ihr zum Ebro abgebogen seid. Da kam ich mir dann saublöd vor und bin nach Hause gefahren. Ich dachte, ihr zwei habt wahrscheinlich ein kleines Stelldichein.«
    Max schüttelte den Kopf. »In der Nacht war niemand mehr in der Bodega. Wir haben nachgeschaut, nirgendwo brannte Licht.«
    Salinas zeigte auf das Sofa in der Ecke. »Manchmal mache ich ein Nickerchen hier, bevor ich nach Hause fahre. Oder ich arbeite im Dunkeln am Notebook. Da kann ich besser denken.« Er lehnte sich vor. »Na ja, egal. Als ich am nächsten Morgen von der Leiche hörte und das Foto sah, traf mich fast der Schlag. Da wusste ich, dass ihr zwei die weggeschafft habt, und wenn das rauskommt, gibt es einen Riesenskandal, und der…«
    »…König sagt seinen Besuch ab.«
    Salinas nickte. Und nieste. Noch mal. Und noch mal. »Du hast nicht zufällig eine Katze?«
    »Nein, wieso?«
    »Bin allergisch.« Er nieste wieder. »Meine Güte, bist du dir sicher, dass du keine Katze hast?«
    »Ich nicht, aber Juan, bei dem ich wohne, hat zwanzig…dreißig…hundert? Ich hab sie nicht gezählt.« Er stand auf und trat näher zu Salinas, der zurückwich.
    »Was soll das?«
    »Und das erzählst du mir alles in einer Seelenruhe. Dass du die Spuren verwischt hast, um deinen Mord zu vertuschen.«
    »Wie? Meinen Mord? Euren Mord! Du solltest mir dankbar sein, dass

Weitere Kostenlose Bücher