Gran Reserva
ging.
Dann bog Cristina von der Straße nach Laguardia in einen Schotterweg ab, der mitten in die Weinberge führte. Nach einem halben Kilometer hielt sie plötzlich und blickte ihn an. »Wir sind da.«
Sie lächelte, doch es war ein vorsichtiges Lächeln, das sich noch nicht ganz auf ihr Gesicht traute. Sie wirkte mit einem Mal fast schüchtern.
»Dahinten«, sie zeigte auf etwas, das wie ein großes, horizontal halbiertes Ei aussah, in das ein rechteckiger Eingang geschnitten worden war. »Siehst du den Weinbergsunterstand? Den Guardaviña? Hast du schon mal einen gesehen?«
»Ja«, sagte Max. »Ich würde gerne mal einen fotografieren.«
»Heute nicht«, sagte Cristina, beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn. Es war ein stürmischer Kuss, der ihn fast umhaute. Es war ein Kuss, der lange gewartet hatte, um endlich geküsst zu werden, der die Kraft und Sehnsucht von Tagen in sich trug. Lange blickte sie ihn danach an, und er versank in ihren schönen, dunkelbraunen Augen. Max sehnte sich so sehr nach Cristinas Nähe. Bis zu diesem Moment war ihm nicht klar gewesen, wie sehr.
Als sie ausstiegen, wurde Max von der sengenden Hitze beinahe umgehauen. Die spanische Sonne verteilte ihre Strahlen wieder einmal generös über das Land.
»Niemand weiß, dass ich hier gern hingehe. Ich habe das Guardaviña vor ein paar Jahren entdeckt, als ich meinen ersten Wagen hatte, einen deutschen übrigens, einen Golf. Da habe ich einfach am Straßenrand geparkt und bin hin. Und seitdem immer wieder. Wenn ich allein sein will, Kummer habe, hier stört mich keiner. Der Weinberg gehört einem alten Winzer aus La Bastide, der den Guardaviña nicht mehr benutzt. Er gehört jetzt sozusagen mir. Mir allein.«
Sie legte ihren Arm um Maxʼ Hüfte und den Kopf an seine Schulter, leitete ihn die sanfte Böschung empor. Cristina ging als Erste gebückt durch die niedrige Tür. Der gemauerte Unterstand besaß in der Spitze eine kleine Öffnung, durch die spärlich Sonnenlicht hereindrang. Es war angenehm kühl im Inneren. Der Boden bestand aus festgetretener Erde, auf der eine karierte Decke lag. In der Ecke standen große cremefarbene Stumpenkerzen, wie man sie aus der Kirche kannte. Cristina kniete sich davor und zündete sie an.
Es war wie eine kleine, geheime Welt, nur für sie beide, fernab von allen Weingütern, Mordopfern und Königsbesuchen.
Und Max fragte sich mit einem Mal, ob nicht jede Liebe wie eine kleine, geheime Welt war, zu der nur zwei Menschen Zutritt hatten. Die Meditationskarten schienen ihn langsam tatsächlich in einen Grübler zu verwandeln.
Cristina setzte sich auf die Decke und klopfte lächelnd auf den Platz neben sich.
Er kniete sich vor sie, seine Lippen fanden ihre, zuerst vorsichtig erkundend, wie ein Schmetterling, der seine Flügel sacht bewegt, dann immer leidenschaftlicher, bis ihre Zungenspitzen miteinander tanzten. Cristina küsste ihn sanft und fordernd zugleich, ihre Körper drückten sich enger und enger aneinander. Sie schmeckte ein ganz klein wenig nach Wein. Max konnte nicht genug davon bekommen.
Seine Finger fuhren durch ihre braunen Haare, hielten zärtlich ihr Gesicht, während Cristinas Hände seinen Rücken hinabglitten und dann nach vorne wanderten, um sein Hemd aufzuknöpfen.
Max küsste sie am Hals, was ihr ein leises Stöhnen entlockte. Sanft biss er in ihr Ohrläppchen und spürte, wie ihr und auch ihm selbst eine Gänsehaut den Körper hinunterlief. Er wusste, was ihr gefiel, spürte es, ohne fragen zu müssen. Ihr Atmen wurde lauter, ihre Körper begannen zu glühen. Max sah sie an und lächelte vor Glück, seine Augen strahlten, seine Wangen, seine Lippen. Beinahe hätte er laut losgelacht, weil er nicht fassen konnte, dass sie tatsächlich hier waren. Gemeinsam. Es war wie ein Traum. Ein unfassbar intensiver Traum.
Sie zogen sich gegenseitig aus, hastig, voller Sehnen nach dem anderen, nach Haut, nach Nähe. Max bekam kaum Luft, da seine Lippen sich nicht mehr von ihren lösten, doch er wollte es nicht anders, wollte nicht fort von dort. Seine Hände versuchten, überall an ihrem Körper zu sein, jede Stelle gleichzeitig zu berühren, zu liebkosen.
Sie schlang ihre Beine um seine Hüfte und zog ihn näher zu sich. In sich.
Sie fanden ihren Rhythmus. Die Hitze in ihnen und um sie herum wurde immer intensiver. Sie spürten das Klopfen ihrer Herzen, spürten einander, spürten, wie jede Distanz zwischen ihnen sich auflöste, wie nur noch Nähe blieb.
Und irgendwann war es,
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