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Gran Reserva

Gran Reserva

Titel: Gran Reserva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Franco-Diktatur trug. Sonst nichts. Zum Glück reichte das Hemd der kleingewachsenen Frau bis auf die Oberschenkel. Juan stand in seinem Atelier vor einem großformatigen Bild, das Anna-Maria beim Kuss mit einem Priester zeigte, darüber ein ozeanblaues Kreuz.
    Anscheinend hatte seine Schaffensphase die Farbe gewechselt.
    Anna-Maria küsste Juan leidenschaftlich und stellte sich wieder in Position.
    »Da hat jemand für dich angerufen, klang dringend, habʼs aufgeschrieben, irgendwo in der Küche. Zeig mehr Haut, Anna-Maria. Die obersten Knöpfe auf. Sei eine sexy Diktatorin!«
    Juan hatte die Nachricht nicht auf einen Zettel geschrieben, sondern auf die Milchtüte im Kühlschrank. Zwei Zigaretten lang hatte Max nach der Notiz gesucht. Die hingekritzelte Telefonnummer war ihm völlig unbekannt. Ein Name stand nicht daneben.
    Max rief nicht an. Er griff sich eine Flasche aus Juans Weinvorrat, schaute nicht einmal auf das Etikett, ging hinaus in den Garten, wo er sich ins wild wuchernde Gras legte und seine innere Leere mit dem Inhalt der Flasche füllte. Nach einiger Zeit kuschelte sich Yquem an ihn und begann zu schnurren.
    Ein paar Minuten später fing er an, Maxʼ Fingerspitzen abzulecken und hineinzubeißen.
    Vielleicht testete er, ob das da neben ihm schon tot und essbar war. Max wuschelte ihm über den Kopf.
    »Max? Da ist wieder dieser Typ dran für dich! Hast du den nicht zurückgerufen?«
    Juan kam mit dem schnurlosen Telefon zu ihm und drückte es Max ans Ohr.
    »Hallo?«
    »Señor Rehme?«
    »Ja?«
    »Sind Sie betrunken?«
    »Nein.«
    »Sie klingen betrunken.«
    »Ich habe nur etwas geschlafen. Wer spricht denn da?«
    »Hier ist Padre Loba, aus dem Kloster Yuso. Sie waren letzte Woche bei mir wegen ihrem Freund Alejandro Escovedo. Sie gaben mir damals diese Nummer, damit ich anrufe, wenn mir noch etwas einfällt.«
    Max setzte sich auf, Yquem tat es ihm nach.
    »Was ist Ihnen denn noch eingefallen?«
    »Nichts. Aber wir haben etwas gefunden. Sie erinnern sich sicher an den Raum mit dem Elfenbeinschrein, der die Gebeine des heiligen Millán enthält, oder? Den Arca de San Millán?«
    »Ja«, antwortete Max schnell.
    »Dort haben wir einen Brief gefunden. Unter dem Sockel, auf dem der Schrein steht. Alejandro muss auf die göttliche Vorsehung gehofft haben, oder besser auf San Millán, dass sein Brief bemerkt wird. Eine Putzfrau hat ihn zufällig entdeckt. Nur eine winzige Ecke war zu sehen. Er hätte dort noch Jahrzehnte liegen können.«
    »Und was steht drin?«
    »Auf dem Umschlag steht…warten Sie, ich habe ihn vor mir liegen…muss nur gerade meine Brille…«
    Max hätte jetzt gerne noch einen Schluck Wein genommen, aber die Flasche war leer.
    »So«, meldete sich Padre Loba wieder. »Hören Sie?«
    »Die ganze Zeit.«
    »Mein Name ist Alejandro Escovedo. Bitte öffnen Sie diesen Brief nur im Falle meines Todes. Es ist von größter Wichtigkeit!«
    Max wartete, doch Padre Loba sprach nicht weiter.
    »Und was steht in dem Brief?«
    »Den habe ich nicht geöffnet.«
    »Aber Alejandro Escovedo ist tot.«
    »Ich bin der Meinung, dass Sie ihn öffnen sollten, Sie waren schließlich sein Freund.«
    »Nicht lieber seine Witwe?«
    »Das können Sie dann entscheiden. Wann können Sie es einrichten, zu kommen?«
    Max musste nicht lange nachdenken. »Ich sitze schon im Wagen.«
    Max fuhr wie ein Irrer und aschte den ganzen Jeep voll, wenn er das Handy aufhob, das er zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt hatte und welches immer wieder in den Fußraum fiel.
    Cristina war nicht zu erreichen, Iker ging zwar an sein Telefon, hatte aber außer einem abschätzigen Grunzen nichts für Max übrig. Dann musste er also allein nach Yuso fahren.
    Er fuhr ein ganzes Stück über die Autovía del Camino de Santiago, bevor er bei La Tejera abbog. In den Dörfern, durch die er kam, sah er viele Familien, die sich für den Sonntagsgottesdienst fein gemacht hatten. Kleine Jungen in Hellblau, die Mädchen in Rosa, ihre Haare glatt gekämmt. Anscheinend ein wöchentlicher Pflichttermin in La Rioja.
    Vor dem Kloster Yuso standen wieder Busse, als gelte es, eine Belagerung aufrechtzuerhalten.
    Max sagte am Kassenhäuschen, dass Padre Loba ihn hergebeten hatte, woraufhin er durchgelassen wurde. Der große, glatzköpfige Priester erwartete ihn schon in seiner Kammer.
    »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind.« Er rümpfte die Nase, Maxʼ Beruhigungs-Wein erschnuppernd.
    Padre Loba reichte ihm die Hand. »Waren Sie gar nicht neugierig,

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