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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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Köchin.
»Hallo«, sagte sie, ohne mit dem Rühren aufzuhören. »Sie
sehen aus, als wären Sie gerannt.«
»Ein schneller Marsch«, sagte ich, zapfte mir ein Glas Leitungswasser aus dem Hahn und trank es in einem einzigen
Zug aus. Ruby beobachtete mich neugierig. Mein rotes Gesicht verriet ihr, dass es mehr als ein gesunder Marsch gewesen sein musste, doch sie sagte nichts weiter.
Sie löffelte den Teig in eine Backform und schob alles in
den Ofen. Diesmal reichte sie mir den Löffel zum Ablecken,
ohne vorher zu fragen.
Der Teig war süß und klebrig, und ich fühlte mich, als
wäre ich ungefähr sechs Jahre alt.
»Ruby? Kommt Mrs. Cameron tagsüber eigentlich nach
unten? Sie bleibt doch wohl nicht den ganzen Tag auf ihrem
Zimmer, oder?«, fragte ich und deutete mit dem Teiglöffel
zur Decke hinauf.
Ariadne besaß allem Anschein nach ein eigenes Wohnzimmer oben, doch ich hatte das Gefühl, dass sie es wohl
kaum als angemessen betrachten würde, wenn ich einfach
uneingeladen nach oben ging und an ihre Tür klopfte.
»Nicht immer, nein«, antwortete Ruby. »Sind Sie fertig
mit der Schüssel? Nur, wenn sie einen ganz schlechten Tag
hat. An einem schönen Tag wie heute geht sie gerne hinaus
in den Garten. Sie ist eine talentierte Künstlerin. Sie ist
draußen mit ihrem Zeichenblock und den Stiften.«
    Ich zog meine Socken aus und wanderte barfuß in den Garten. Das Gras war wohltuend kühl unter meinen Zehen. Ariadne saß ganz hinten unter ein paar Apfelbäumen, die bessere
Tage gesehen hatten. Sie hatte ein Brett auf ihrem Schoß und
zeichnete. Es war ein wenig kühl trotz der Sonne, doch es
schien ihr nichts auszumachen. Sie hatte zwar eine Decke
über den Beinen, aber nur einen hauchdünnen Schal um
den Hals geschlungen, hatte dessen Enden nach hinten geworfen, wie Isadora Duncan Schals zu tragen pflegte. Der
Wind spielte mit den blass türkisfarbenen Spitzen des
Schals, sie streiften über das hohe Gras.

Mir wurde bewusst, dass sie dort draußen ganz allein war,
unendlich verletzlich in ihrem Rollstuhl und zu weit vom
Haus entfernt, um nach Hilfe zu rufen.
    »Ich wünschte, ich könnte auch zeichnen oder etwas in
der Art«, sagte ich und setzte mich zu ihr ins Gras.
»Haben Sie es denn einmal versucht?« Sie lächelte zu mir
herunter.
Ich gestand, dass ich es nie probiert hatte. Sie deutete auf
eine Mappe neben ihrem Stuhl.
»Nehmen Sie sich ein Blatt, und wir wollen sehen, was Sie
können. Versuchen Sie’s mit Kohle.«
Ich tat wie geheißen und benutzte die Mappe als Unterlage. Von meiner Position aus sah ich nur eine Ecke des Hauses zwischen den Büschen und den alten Obstbäumen hindurch, also unternahm ich einen Versuch, sie zu zeichnen,
doch als ich fertig war, sah alles krumm und schief aus, und
die Fenster waren viel zu groß.
Ariadne begutachtete mein Werk, als ich zu der Entscheidung gelangt war, dass es nicht besser ging.
»Sie beschäftigen sich zu sehr mit Details«, sagte sie
schließlich. »Zuerst müssen Sie einen allgemeinen Eindruck
einfangen. Für Einzelheiten ist später noch Zeit.«
Das traf auch ziemlich genau auf meine allgemeine Lage zu.
Ich überlegte angestrengt, wie ich das Gespräch auf Watkins’
Besuch an diesem Morgen lenken konnte.
Während ich überlegte, zeigte sie mir, was sie gezeichnet
hatte. Es sah sehr gekonnt aus, professionell. Ich erzählte ihr
von Squib und seiner Pflastermalerei. Sie schien ehrlich interessiert.
»Wenn er keine richtige Ausbildung hatte, dann muss er
ein außergewöhnlich gutes Auge besitzen«, sagte sie.
Ich fragte, ob sie Unterricht gehabt habe, und sie antwortete: »Ein paar Stunden.« Sie war in jungen Jahren auf einer
Kunstschule gewesen.
»Hat Terry gemalt?«, fragte ich. »Ich habe sie nie dabei
gesehen.«
»Theresa hatte keine Geduld.« Sie legte ihre Utensilien
weg. Ich bemerkte etwas Endgültiges an der Art und Weise,
wie sie sprach. Sie wollte nicht über Terry reden. Ich hielt
trotzdem an diesem Thema fest.
»Sie hat nie über ihr Zuhause gesprochen. Über dieses
Haus, meine ich. Oder über das Gestüt. Ich war ziemlich
überrascht, als ich sah, woher sie kam.«
»Hat sie überhaupt über irgendetwas gesprochen?«, fragte
Ariadne und musterte mich aus scharfen Augen.
Ich spürte, wie ich errötete. »Nein. Sie schmollte viel. Ich
glaube nicht, dass sie sich bei uns besonders wohl gefühlt
hat. Es überrascht mich nicht, wenn man bedenkt, dass sie
hier gelebt hat.«
»Offensichtlich war sie hier auch nicht

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