Granger Ann - Varady - 02
wirklich, dass die
beiden Mistkerle geschnappt werden. Aber das ist eine Aufgabe für die Polizei, Fran! Du solltest Parry unverzüglich
diese Whiskyflasche aushändigen. Ich erinnere mich auch
daran. Ich meine, ich erinnere mich, dass Albie definitiv eine Halbliterflasche Bell’s Whisky bei sich hatte.«
»Das ist prima«, meinte ich. »Dann kannst du es Parry
erzählen und meine Geschichte bezeugen.«
Ganesh aber runzelte die Stirn. Er war in Gedanken bei
etwas anderem. »Dieser Szabo – meinst du, er hat deine
Familie wirklich gekannt?«
»Ja, meine ich. Ich glaube nicht, dass er so etwas behaupten würde, wenn es nicht der Wahrheit entspräche, und er
schien alles über sie zu wissen. Ich weiß, mein Vater hat ihn
nie erwähnt, aber warum sollte er? Vincent Szabo saß oben
in Manchester und verdiente ein Vermögen mit Stoffen,
und Vater war hier und traf eine schlechte Geschäftsentscheidung nach der anderen und bedauerte wahrscheinlich,
dass er sich geweigert hatte, bei Vinnie mit einzusteigen, als
der ihm die Gelegenheit dazu geboten hatte. Andererseits
weiß ich natürlich nicht, welche Position Szabo für meinen
Vater im Sinn gehabt hatte, als er ihm das Angebot, nach
Manchester zu kommen und ins Geschäft einzusteigen,
machte. Aber irgendwie glaube ich nicht, dass er vorhatte,
ihn zum gleichberechtigten Partner zu machen. Vielleicht
hätte Dad seinen alten Fußballkameraden durch die Stadt
chauffieren dürfen, in einer Uniform, wie dieser Gorilla
Matson. Vielleicht ist das der Grund, aus dem Vater Szabos
Angebot abgelehnt hat.«
»Es hört sich jedenfalls so an, als sei dieser Szabo ein ausgekochter Hund«, grübelte Ganesh weiter. Das oder etwas
Ähnliches allerdings sagt er über so gut wie jeden.
»Szabo? Er ist ein merkwürdiger kleiner Bursche. Jede
Menge Grips und ein Händchen fürs Geschäft, das steht jedenfalls fest. Voller Sorge für seine Frau und selbstverständlich auch für das Kind, Lauren. Ich weiß nicht, aber mir
kam der Gedanke …«
»Red weiter«, drängte Ganesh, als ich verlegen zögerte.
Ich versuchte Worte für das zu finden, was mir die ganze
Zeit auf der Seele gebrannt hatte. »Also schön. Mir ist der
Gedanke gekommen, dass Vincent vielleicht deshalb eine
Witwe mit Kind geheiratet hat, weil das für ihn ein gutes
Geschäft gewesen ist. Ich will damit nicht sagen, dass er
nichts für die beiden empfunden hat – in jedem Fall aber
hat es ein paar der Unsicherheiten, die das Heiraten so mit
sich bringt, abgefedert. Sie war schon einmal verheiratet gewesen. Sie hatte auch bereits ein Kind. Er hat keine anderen
Kinder erwähnt, daher glaube ich nicht, dass sie gemeinsame Kinder haben. Es war wie … na ja, als würd er einen
Pauschalurlaub buchen. Er wusste im Voraus genau, was er
bekommt.«
»Hah!«, machte Ganesh nachdrücklich seinem Unwillen
bei dieser Interpretation Luft. »Usha und Jay haben einen
Pauschalurlaub gebucht und eine Nahrungsmittelvergiftung
erlitten.«
»Na und? Jedes Geschäft hat seine Risiken. Ich sage ja
nur, dass Vinnie die beste Option wahrgenommen hat. Ich
kann mir nicht vorstellen, dass er je die Sorte Mann gewesen
ist, die eine Frau von den Beinen gerissen hat. Da war auf
der einen Seite diese junge Frau mit ihrem Kind, auf der Suche nach einem anständigen Zuhause, und auf der anderen
Seite Vinnie auf der Suche nach einer Familie. So funktioniert es doch wunderbar! Alle haben bekommen, was sie gesucht haben.«
Ganesh sah unzufrieden drein. Kauend und zur Unterstreichung seiner Worte mit einem Stück Naan-Brot
winkend sagte er undeutlich: »Ich verstehe immer noch
nicht, warum er hier vorrauschen und dich beinah kidnappen musste! Ich sehe ja ein, dass der Mann verzweifelt ist,
aber – versteh mich nicht falsch – mit dir zu reden, das ist
wirklich, als ob er nach einem Strohhalm gegriffen hätte.«
»Ich glaube, dass er erst auf die Idee gekommen ist, nach
mir zu suchen, als ihm klar geworden ist, wessen Tochter
ich bin. Szabo war es leid, darauf zu warten, dass die Polizei
die Kastanien aus dem Feuer holt. Er will, dass Lauren gefunden wird, und zwar schnell. Und er ist es gewöhnt, die
Dinge auf seine Weise zu tun und die Fäden in der Hand zu
halten. Mehr noch, er ist isoliert. Er ist von Manchester heruntergekommen. Er hat London in seiner Kindheit verlassen. Er kennt niemanden mehr hier in der Gegend. Er ist
nicht in der Lage, Geschäftspartner um Hilfe zu bitten oder
Gefälligkeiten einzufordern und die Dinge von
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