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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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himmelwärts
führt oder unausweichlich in die Tiefe zerrt, habe ich
Recht?«
Eines der Mädchen mit der rot-grünen Leinwand rettete
mich vor einer Antwort. »Hey!«, rief sie und kam herbei.
»Sie sind auf unserem Platz!« Sie wedelte mit einer nummerierten Karte vor seiner Nase.
»Dann suchen Sie sich doch einen anderen!«, erwiderte
der dünne Mann.
»Suchen Sie sich doch Ihren!«
»Ich kann meinen nicht benutzen. Jemand anderes hat
schon seinen Stand dort aufgebaut.«
»Reg!«, rief die junge Frau durch die ganze Halle. »Komm
her und sag diesem albernen Kerl, dass er auf unserem Platz
ist!«
Such das Weite, wenn andere sich streiten, ist mein Motto. Wer unbeteiligt dabeisteht, kommt nie ungeschoren davon. Ich kehrte zu Angus zurück. »Wo ist mein Kostüm?«
Er reichte mir stattdessen eine weitere Plastiktüte. Ich sah
hinein. Es war der Bodystocking, der in einem bezaubernd
aparten Schlammgrün gefärbt war. Allerdings sah er, wie ich
erleichtert feststellte, einigermaßen robust aus.
»Du musst dich auf der Damentoilette umziehen«, sagte
er. »Aber wenn du mit deinen Sachen zurückkommst,
schließe ich sie in den Wagen ein, bis die Schau vorbei ist.«
    Ein wenig später kam ich zögernd aus dem Waschraum, gekleidet in den grünen Bodystocking. Ich hätte mich nicht
sorgen müssen, dass mein Aufzug Aufsehen erregte. Die anderen waren viel zu sehr mit ihren eigenen Exponaten und
dem Streit um die zugeteilten Flächen beschäftigt. Die Frau
mit dem roten Rock rannte zunehmend hysterischer auf und
ab. Ihre Schreie: »Nein, nein, das können Sie nicht!« wechselten mit verzweifelten Appellen an Reg: »So tu doch endlich etwas!« Ich muss gestehen, die Atmosphäre hatte tatsächlich etwas Aufregendes, wie die letzten Minuten vor einer ersten Nacht. Meine Stimmung wurde zusehends besser.
    Nichtsdestotrotz fing die Ausstellung nicht allzu gut an.
Angus und ich gerieten in einen ernsten Streit wegen der
Ananas. Zu meinem Entsetzen beabsichtigte er nämlich, mir
dieses Ding auf den Kopf zu setzen, fixiert mit einer Drahtkrone. Ich weigerte mich rundweg, auch nur darüber nachzudenken.
    »Hör mal«, sagte er trotzig, »ich bin der Künstler, und du
bist das Modell, klar? Wir kommen nirgendwohin, wenn du
über alles meckerst! Du bist schließlich einverstanden gewesen!«
    »Ich mache den Rest, aber das Ding kommt nicht auf
meinen Kopf! Ganz bestimmt nicht! Ich musste mir eben
schon den Carmen-Miranda-Witz anhören. Ich meine das
ernst! Wenn du auf der Ananas bestehst, musst du dir jemand anderen suchen!«
    »Aber das ist Tüpfelchen auf dem i!«, protestierte er.
»Zu wahr, zu wahr, das ist wirklich das Tüpfelchen auf
dem i! Aber ohne mich. Kommt nicht in Frage, Angus! Vergiss es!«
Grob entgegnete er, dass die Ananas eine Menge Geld gekostet habe. Ich empfahl ihm, sie zu Jimmie zu bringen und
ihm zu verkaufen. »Er kann sie klein schneiden, mit Hüttenkäse mischen und als Füllung für seine Kartoffeln verkaufen.«
Schließlich gab er widerwillig nach. Die Dinge klärten
sich wie ein Wunder, und wir waren fast fertig, als um halb
elf die Türen für das Publikum geöffnet wurden. Das Gestell
war nicht sonderlich bequem, aber man konnte es in dem
Ding aushalten. Angus hatte nach einer vorher angefertigten
Skizze das ganze Grünzeug, ein paar Blumen sowie ein paar
große, wunderschön bemalte Schmetterlinge und Vögel an
dem Gestell befestigt. Reg kam vorbei, um zuzusehen. Er
wirkte beeindruckt.
Angus drehte mich so, dass ich dem Mann aus Schrott
nebendran zugewandt stand, und in mir wuchs das sichere
Gefühl, dass er und ich am Ende des Tages gute Freunde
sein würden.
Als Reg sich schließlich der Tür näherte, bebte die Atmosphäre, als seien die Nerven der Künstler gespannte Violinsaiten. Die ersten Besucher, die in die Halle strömten, waren
eindeutig Freunde und Verwandte der verschiedenen
Künstler. Sie hielten Flugblätter an die Brust gedrückt, die
ihnen von den Organisatoren überreicht worden waren.
Darüber hinaus hatten sie alle ihre eigene Aufgabe, nämlich
vor dem Kreidequadrat ihrer jeweiligen Freunde oder Verwandten zu stehen und laut ihrer Bewunderung Ausdruck
zu verleihen, bevor sie sich den restlichen Exponaten widmeten und sämtliche anderen Arbeiten als absoluten
Schwachsinn deklarierten.
Vor unserem Rechteck verstummten sie alle. Ich wusste
nicht genau, ob sie von Ehrfurcht erfasst waren oder ob es
daran lag, dass der muskulöse Angus in seinem schottischen

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