Grappa 07 - Killt Grappa
an Herrn Kodil weitergegeben – wie es sich für eine Journalistin gehört, die die Polizei bei ihrer schwierigen Aufgabe unterstützen will.«
»Weiter nichts?« Baißer stand kurz davor, mir zu glauben.
»Ich wollte Frau Grappa noch überreden, in ihrer Zeitung einen Aufruf abzudrucken«, mischte sich Nik ein. »Damit sich Eva Grid meldet. Wie finden Sie diese Idee?«
»Beschissen«, meinte Baißer grob, »das Denken sollten Sie mir überlassen, Kodil. Ich verbiete Ihnen ab sofort Kontakte mit der Presse, ist das klar? Sonst sorge ich dafür, dass Sie wieder Strafzettel schreiben dürfen. Ich erwarte Sie in Kürze im Präsidium.« Sprach's, stand auf und verschwand.
Ich schaute Nik an, der bleich geworden war. »Das Schwein!«, kam es gepresst zwischen seinen Lippen hervor. »Irgendwann wird er für alles büßen, was er mir angetan hat.« Es klang voller Hass.
»Ist doch noch glimpflich abgegangen«, versuchte ich ihn zu beruhigen.
»Du kennst ihn nicht. Wenn er jemanden auf dem Kieker hat, dann beißt er ihn tot. Er ist ein Piranha.«
»Er kann nur zuschnappen, wenn du nahe genug ans Wasser gehst«, beruhigte ich ihn. »Der Typ ist ein inkompetentes Großmaul. Du darfst nur nicht vor ihm kuschen, sondern musst ihm immer wieder eins drüber geben, damit er nicht aufmüpfig wird.«
»Das werde ich tun, darauf kannst du Gift nehmen«, sagte Nik leidenschaftlich, »und wenn es das letzte ist, was ich in diesem Leben tue.«
»Was ist zwischen euch?« Mich störte sein hasserfüllter Ton.
»Nichts weiter.« Nik sah plötzlich müde aus. »Mach's gut, Maria. Ich muss los. Ich melde mich bei dir.«
Ich sah ihm nach, wie er das Café verließ. Vor dem Ausgang drehte er sich noch einmal um und winkte mir zu.
Bäuerliche Idylle
Tierischer Stau auf der Bundesstraße. Gerade im beruflichen Stoßverkehr hatte eine Baukolonne eine der drei Spuren gesperrt, um die Fahrbahn neu zu teeren. Schwerfällig fädelte sich der Verkehr auf der linken Bahn in die mittlere ein. Das Fenster konnte ich nicht öffnen, weil der Geruch von Teer über der Straße waberte.
Ich stellte mich seelisch auf eine längere Abenteuerreise ein und stellte das Radio an. Auf Eins live pubertierte ein Girlie zwischen zwei Technohits über das schwierige Liebesleben der Jugend von heute. Das Kind befragte den Experten im Studio zu den Grundvariationen von Sado-Maso-Sex. Ich glaubte in dem Alter noch, dass man vom Küssen Kinder kriegt.
Als ich an der Baustelle vorbeifuhr, winkte ich den Straßenarbeitern mit einer Hand, deren Mittelfinger nach oben gestreckt war, zu. Die Männer vom Bau hatten sich auf ihre Schaufeln gestützt und beobachteten fachmännisch den Schleichverkehr.
Irgendwann, es begann schon leicht zu dämmern, fuhr ich von der Bundesstraße am Kreuz Unna-Ost ab. Ich schaute auf die Wegbeschreibung, die mir Jansen gegeben hatte. Noch etwa zehn Kilometer bis zum Birkenhof. Ich scheuchte meinen Japaner durch ein paar Dörfer. Da – ein Wegweiser zum Reiterhof. Die Straße war hier schon nicht mehr asphaltiert. Kinder auf Ponies kreuzten den Weg. Ländliche Idylle.
Ich fuhr langsam und achtete auf die Bäume, die rechts und links den Weg säumten. Die Birken dominierten – es konnte nicht mehr weit sein.
Dann sah ich ihn. Der Hof lag rechts von der Straße und wirkte auf den ersten Blick unbewohnt. Abgeerntete Kornfelder glühten im letzten Sonnenschein, ein leichter Wind trieb Getreidespelzen quer über die Straße. Ich drosselte die Geschwindigkeit noch mehr. Im Schleichtempo fuhr ich an dem Gebäude vorbei und parkte direkt an der Straße unter einer großen Eiche, die Reifen zur Straße hingestellt, damit ich bei Problemen sofort würde starten können.
Ich packte das Fernglas und stieg aus. Die Büsche zwischen den Feldern waren noch voller Laub, sodass ich vom Haus aus unmöglich zu sehen war. Gemächlich pirschte ich mich an den Birkenhof heran.
In einem langgestreckten Gebäude – früher bestimmt mal eine Scheune fürs Milchvieh – ging eine Lampe hinter einem Sprossenfenster an. Ich wartete. Eine Gestalt trat ans Fenster und öffnete es. Leise Musik und murmelnde Stimmen drangen zu mir. Flugs hatte ich das Fernglas vor den Augen. Die Gestalt war männlich, groß und massig, der Kopf breit und von viel Haar bedeckt, das weiß leuchtete. Der Mann drehte sich vom Fenster weg und ging wieder in das Innere des Raumes. Er sprach mit jemandem.
Ich musste näher ran. Gebückt schlug ich mich durch abgeblühte
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