Grappa 07 - Killt Grappa
Rhododendronbüsche zur Hauswand. Unter dem geöffneten Fenster machte ich halt.
»Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Was also sollen wir tun?« Es war eine Frauenstimme, die diese Frage gestellt hatte.
»Das haben wir doch schon besprochen«, sagte der Mann »Wir werden handeln, und zwar schnell. Oder willst du, dass die Polizei unser Institut schließt?«
Der Redner kam gefährlich nahe zum Fenster. Ich drückte mich flach an die Wand. Die Scheiben wurden geschlossen.
Ich pirschte mich noch ein Stück weiter an der Wand entlang und stand plötzlich vor einer Tür. Das musste der Eingang sein. Institut für Körpersprache stand auf einem glänzenden Messingschild, Sprechstunden und Kurse nach Vereinbarung .
Bevor ich diese Information einordnen konnte, ging die Tür auf. Der Typ mit dem weißen Haar stand vor mir. Er war mit einem blauen Kimono bekleidet.
»Sie wünschen?«, erkundigte er sich. Er war neutral-freundlich.
»Ihr Institut ist verdammt schwer zu finden«, sagte ich genervt, »ich habe mich mehrmals verfahren. Warum gibt es keine Hinweisschilder?«
»Was wollen Sie hier?« Es klang schon unfreundlicher.
»Einen Kurs belegen, was sonst?«, gab ich zurück.
»Hat Sie jemand empfohlen?«
Jetzt fiel mir nichts mehr ein – mein Repertoire war erschöpft.
»Guten Tag, Frau Grappa«, sagte eine Stimme im Rücken des Mannes, »ich wusste, dass Sie kommen. Jaap, das ist die Journalistin, von der ich dir erzählt habe.«
Else Ambrosius schien sich zu freuen, mich zu erblicken. Ihr Ton war ausgesprochen herzlich. Sie kam auf mich zu, griff nach meinem Arm und drückte ihn. »Kommen Sie herein, ich habe Ihnen viel zu erzählen.«
Bevor ich gründlich nachdenken konnte, stand ich schon in einem großen Raum. Es musste das Zimmer sein, vor dem ich gelauscht hatte. Im hinteren Teil des Raumes befand sich ein Kamin, in dem wenig Holz vor sich hin glühte. Vor dem Feuer stand ein großer Ohrensessel, in dem eine weitere Frau saß. Sie war in eine Wolldecke gehüllt und schien eingenickt zu sein.
»Trinken Sie ein Glas Wein mit uns?« Else Ambrosius hatte die Flasche bereits in der Hand.
»Nein, ich möchte nichts trinken.« Ich konnte meinen Blick nicht von der Frau lassen.
»Ich kann verstehen, dass Sie überrascht sind, Frau Grappa«, meinte Else Ambrosius.
»Allerdings«, meinte ich säuerlich, »warum haben Sie mir nicht gesagt, dass das Foto an Evas Spiegel den Birkenhof zeigt? Hatten wir nicht ausgemacht, dass wir mit offenen Karten spielen?«
»Tut mir leid.« Else Ambrosius spielte die Zerknirschte. Mit ihren schwarzen, kurzen Haaren, dem wollüstigen Mund und dem schwarzen, engen Kleid wirkte sie in der bäuerlichen Gemütlichkeit ringsherum wie ein Schweinebraten in einer Moschee. Über ihre Schultern hatte die Haushälterin eine feuerrote Stola geschlungen, die einen tiefen Ausschnitt zu verdecken versuchte. Auf dem rechten Busen war eine winzige Schlange tätowiert.
»Der Herr hier ist Jaap Vermeulen. Ihm gehört der Bauernhof.«
»Und die Frau am Kamin?«
»Eva Grid.«
Ich hatte es bereits geahnt. »Was wird hier gespielt?«, wollte ich wissen.
»Eva ist seit Monaten bei Jaap in Behandlung«, erzählte Else Ambrosius, »immer wenn ihr Mann gewalttätig wurde, kam sie hierher. Sie hat ein kleines Zimmer in der ersten Etage. Auf jeden Fall musste ich erst mit Eva und Jaap sprechen, bevor ich Ihnen die Adresse des Birkenhofes verraten konnte. Aber Sie haben den Weg ja auch so gefunden.«
»Und wie soll es jetzt weitergehen?«
»Wir haben mit Eva gesprochen. Sie ist bereit, sich zu stellen.«
»Ach ja?«, meinte ich verblüfft. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass alles so easy gehen würde. »Hat sie ihren Mann denn nun in die ewigen Jagdgründe geschickt?«
Else Ambrosius schaute zu Jaap Vermeulen. Der große Mann hatte sich in einiger Entfernung auf einen Stuhl gesetzt und wirkte desinteressiert. In diesem Trio schien Else der Boss zu sein.
»Sag es ihr!«, befahl Else.
»Ja. Ich habe ihn getötet«, sagte die schwache Stimme der Frau am Kamin, »ich allein war's.«
Eva Grid stand auf. Sie kam langsam auf mich zu; hielt die Wolldecke krampfhaft um sich geschlungen. Ihre Schultern zuckten, der Blick war leer und die blonden Haare wirr.
»Sind Sie sicher?«, hakte ich nach.
»Gut, dass er tot ist. Jetzt kann er niemanden mehr quälen.«
Else Ambrosius sprang auf und umarmte Eva. »Komm, Liebes«, flüsterte sie, »du musst dich schonen. Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut
Weitere Kostenlose Bücher