Grappa 07 - Killt Grappa
ließ ich es fallen und lief die Treppe hinunter. Ich wollte Eva aufwecken, immerhin war es ihr Mann, und sie musste ihn ja mal geliebt haben. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, meine Rache hatte ich völlig vergessen. Ich schüttelte Eva also, sie machte auch die Augen auf, doch sie war nicht in der Lage zu gehen. Dann fiel mein Blick aufs Telefon. Aber wie sollte ich meine Anwesenheit im Haus erklären? Immerhin wusste die Polizei, dass ich schon zweimal versucht hatte, Grid umzubringen. Ich rannte also wieder die Treppe hinauf, um die beiden zu stoppen. Doch es war zu spät. Vermeulen und Else Ambrosius hatten angefangen, das Bettzeug war voller Blut.«
»Hat Grid denn nicht geschrien?«
»Er konnte nicht schreien. Sie hatten ihm einen Stoffballen in den Mund gedrückt. Er bäumte sich auf und rollte mit den Augen. Seine Pupillen waren ganz winzig. Vermeulen sah mich in der Tür stehen. Er hörte auf und sagte zu mir: ›Du kannst ihm den Rest geben. Komm her!‹ Ich trat näher. Grid sah mir in die Augen, und sein Blick flehte mich an. Vermeulen gab mir das blutbeschmierte Messer und zeigte auf eine Stelle auf Grids Brust. ›Da stichst du rein.‹ Ich war wie erstarrt. Grid wimmerte. Ich wollte es nicht tun. Frau Ambrosius schrie mich an: ›Wenn du es nicht machst, dann bist du als Nächste dran.‹ Ich hatte furchtbare Angst. Vermeulen führte meine Hand zu der bestimmten Stelle und sagte: ›Schließ meinetwegen die Augen, aber stich endlich zu!‹ Das habe ich dann auch gemacht.« Loki Detema hatte zu weinen begonnen.
»Das war kein Mord«, meinte ich nach einigen Augenblicken des Schweigens. »Die beiden haben Sie dazu gezwungen. Wie ging's weiter? Wie kam es, dass Eva Grid den Mord gestanden hat?«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Loki Detema. »Sie hatte ja gar nichts mitbekommen. Ich weiß auch nicht, wer Grid verstümmelt hat. Davon habe ich erst in der Zeitung gelesen.«
Der Regen prasselte scharf an das Wohnzimmerfenster. Wenn die Geschichte, die ich gerade gehört hatte, kein Hirngespinst einer durchgedrehten Psychopatin war, dann waren Else Ambrosius und Jaap Vermeulen kaltblütige Mörder.
»Was ist dann geschehen? Wie ging der Abend zu Ende?«
»Vermeulen, Frau Ambrosius und ich waren natürlich blutbeschmiert. Wir wuschen uns und verließen das Haus. Zuvor hat Else Ambrosius noch die Messer weggeräumt und die Fesseln abgemacht. Eva Grid schlief noch immer im Wohnzimmer. Sie wurde von den beiden anderen ins Auto gehievt. Vermeulen sagte zum Abschied zu mir: ›Sei dankbar. Du hattest deine Rache.‹ Als ich am anderen Morgen aufwachte, dachte ich zuerst, ich hätte geträumt. Dann hörte ich nachmittags im Lokalradio die Nachricht über Grids Tod. Da wusste ich Bescheid!«
Loki Detema hatte ihren Bericht beendet. Sie legte den Kopf auf die Sofalehne und weinte geräuschlos vor sich hin.
Die Stille in meiner Wohnung, das gespenstische Trommeln der Regentropfen auf dem Glas der Fenster, das Grauen, das ich empfand – ich kam mir vor wie in einem raffiniert inszenierten Horrorstreifen.
»Was soll jetzt geschehen? Werden Sie der Polizei die Wahrheit sagen?« Meine Stimme vertrocknete in der Luft.
»Ich muss es tun«, sagte Loki Detema leise, »mein Leben ist sowieso verpfuscht. Darauf kommt es auch nicht mehr an.«
Nach einer Weile erhob ich mich, ging zum Telefon und wählte Nik Kodils Nummer.
Der Anrufbeantworter gab wieder seinen Spruch zum Besten. Nach dem Piepston sagte ich: »Nik, hier ist Grappa. Wenn du zu Hause bist, geh bitte ans Telefon. Es ist wichtig!«
Einige Augenblicke vergingen, dann meldete er sich. »Was willst du?«
»Ich habe gerade mit Loki Detema gesprochen. Sie ist in meiner Wohnung und hat den Mord an Grid gestanden. In allen Einzelheiten. Else Ambrosius und Jaap Vermeulen sind auch darin verwickelt. Sie haben die Detema gezwungen, es zu tun. Kannst du zu mir kommen und dir die Sache anhören?«
»Grappa! Die Frau ist verrückt. Ich habe inzwischen ein psychiatrisches Gutachten gelesen, das sich ausführlich mit ihrem Geisteszustand befasst. Sie hasst Grid und steigert sich in die Vorstellung hinein, ihn umgebracht zu haben. Sie schwebt zwischen Traum und Wirklichkeit. Du lässt dir aber auch jeden Bären aufbinden.«
»Du kommst also nicht?`«
»Wir haben eine Mörderin und ein umfassendes Geständnis. Das sind Fakten. Alles andere überlasse ich dir. Für eine aufgemotzte Geschichte in der Zeitung wird es ja wohl reichen.« Es klang kühl
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