Grappa 07 - Killt Grappa
Idylle pur. Doch wer sich länger in Oude Pekela aufhält, merkt, dass die Menschen Angst haben. Fremde werden misstrauisch beäugt, Kinder ermahnt, mit niemandem zu sprechen, Autokennzeichen notiert. Oude Pekela haftet ein Makel an – in der Umgebung wird der Ort nur das »Teufelsdorf« genannt. Der Grund: Vor acht Jahren haben Satanisten rund 60 Kinder des Dorfes zwischen vier und zehn Jahren in Schwarzen Messen gequält und sexuell missbraucht. Die meisten Kinder leben längst in anderen Orten, doch die Angst ist geblieben, dass die Teufelsanbeter wiederkehren und sich rächen könnten.
Ich schilderte die Vorfälle von damals, ersparte den Lesern allzu detaillierte Beschreibungen. Die Opferung des Babys verschwieg ich allerdings nicht. Dann kam ich zum Kern der Sache:
Bedrohlich erhebt sich das Teufelshaus vor dem Horizont. Hier wurden nach Aussagen der Kinder die satanischen Rituale begangen – hier lebte zu dieser Zeit Else Ambrosius. Das 46-jährige Ex-Model arbeitete als Prostituierte am Stadtrand von Oude Pekela. Die Frau wurde zwar festgenommen, doch eine Beteiligung an den Verbrechen war ihr nicht nachzuweisen. Die Frau verließ den Ort vor sechs Jahren und zog nach Bierstadt – heute wohnt sie im Haus des Schönheitschirurgen Dr. Oktavio Grid, dessen Frau ihr bekannt war. Grid wurde kürzlich bestialisch ermordet – unsere Zeitung berichtete – seine Frau Eva gestand die Tat. Doch nicht erst jetzt gibt es erhebliche Zweifel an der Schuld der Witwe. Recherchen des Tageblattes haben ergeben, dass Else Ambrosius satanische Psychotricks und Hypnose beherrscht. So könnte es sein, dass Eva Grid eine Tat gestand, die sie nie begangen hat und für die andere verantwortlich sind.
Ich erwähnte noch einmal die Aussage der toten Loki Detema und schloss den Artikel mit der Frage:
Welche Rolle der mit Else Ambrosius und Eva Grid bekannte Körpertherapeut Jaap Vermeulen in der mörderischen Geschichte spielt, ist noch unklar. Fest steht nur, dass er einen großen Einfluss auf Eva Grid ausübt. Die Witwe des Schönheitschirurgen hat Seminare besucht, die Vermeulen auf einem Bauernhof in der Nähe von Bierstadt veranstaltet. Die Sonderkommission der Polizei hat nun auf Anregung des Tageblattes ihre Ermittlungen auf satanische Umtriebe ausgedehnt.
Eine halbe Stunde später lagen die Bilder vor uns auf dem Tisch. Jansen, der Fotograf und ich brüteten über den Abzügen.
»Großes Lob für euch beide«, strahlte Jansen. »Runde Story, tolle Bilder. Ihr seid ein gutes Team. Pater Joseph hat seine vierzig Zeilen auch schon abgeliefert. Für einen Geistlichen hat er einen verblüffend griffigen Stil. Und jetzt auf in den Kampf! Die Andruckauflage wird bereits heute Abend in den Bierstädter Kneipen verkauft. Ich habe 10.000 Exemplare mehr drucken lassen als üblich. Mal schauen, was die Satansbrüder auf der Pfanne haben! Schließ dich heute Abend in deiner Wohnung ein, Grappa! Ich möchte nicht, dass du bei einer Schwarzen Messe die Hauptattraktion bist.«
»Da hat Grappa kaum Chancen«, mischte sich Turkey ein, »die schänden doch nur Jungfrauen.«
Baißers Rache
Todmüde schleppte ich mich an diesem Abend nach Hause. Nur noch schlafen – dachte ich. Pustekuchen! Noch kaum im Flur meiner Wohnung, hörte ich das Telefon. Ich ließ den Hörer liegen, der Anrufbeantworter sprang an, piepste, und eine Stimme sagte: »Bitte ruf mich an, Grappa. Es ist wirklich wichtig.«
Kodil schien Probleme zu haben. So gepresst hatte ich ihn noch nie sprechen gehört. Ich spulte des Band des Gerätes zurück. Kodil hatte in regelmäßigen Abständen versucht, mich zu erreichen.
Ich seufzte, ging zum Kühlschrank und griff die Flasche Riesling. Der Korken ploppte, und ich genoss das erste Glas auf die Schnelle. Dann entledigte ich mich meiner Kleider, kuschelte mich in einen Bademantel und machte es mir auf dem Sofa bequem.
Das Telefon stand vor mir auf dem Tisch. Ich wählte Niks Nummer.
»Hallo«, sagte ich cool, als er sich meldete. »Was liegt an?«
»Du musst mir helfen.« Er sprach gehetzt. »Baißer hat heute ein Disziplinarverfahren gegen mich in Gang gesetzt.«
»Ach ja?«, meinte ich uninteressiert. »Was hast du denn ausgefressen?«
»Natürlich nichts.« Kodils Stimme war lauter geworden. »Oder vielleicht doch. Ich habe gegen die Regeln verstoßen, weil ich zu eng mit dir zusammengearbeitet und vertrauliche Informationen an dich weitergegeben habe.«
»Ich dachte, das Thema hätten wir hinter uns. Und
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