Grappa 07 - Killt Grappa
starten wir Richtung Heimat.«
»Okay. Da fällt mir noch was ein: In die Klinik für Plastische Chirurgie ist eingebrochen worden. Die Täter haben Schreibtische aufgebrochen und Feuer gelegt. Könnte das was mit unserer Sache zu tun haben?«
»Woher soll ich das wissen? Was sagt die Polizei denn dazu?«, fragte ich.
»Nicht viel. Sie hält es für einen normalen Einbruch. In der Gegend sei das nichts Ungewöhnliches.«
»Da kann sich der Volontär drum kümmern – wenn er mit dem Brötchenholen fertig ist«, schlug ich vor.
Zehn Minuten nach dem Gespräch stand ich unter der Dusche und ließ viel warmes Wasser über mich laufen. Im Bademantel setzte ich mich aufs Bett und begann mit der Arbeit an meinem Artikel, der in der Samstagsausgabe des Bierstädter Tageblattes für Aufsehen sorgen sollte.
Irgendwann am Abend rief ich Nik in seiner Wohnung an.
»Hier bei Kodil«, sagte eine Frauenstimme.
»Ich möchte Herrn Kodil sprechen!«, forderte ich verdattert.
»Und wer sind Sie?«
»Hör zu, Maus«, zickte ich, »hol mir den Hausherrn an den Lauscher, und zwar pronto!«
»Niki! Telefon! Irgendeine hysterische Frau, die ihren Namen nicht nennen will«, rief die Fremde.
»Ja?« Es war Nik.
»Wer ist die Frau?«, blaffte ich ihn an.
»Grappa! Wie schön, dich zu hören. Bist du noch in Holland? Wie läuft es?«
»Wer ist die Frau?«, wiederholte ich.
»Eine Kollegin. Ich kenne sie von der Polizeischule. Sie war gerade in der Gegend, und da habe ich sie zum Essen eingeladen ...«
»Du kochst für sie?«
»Ja. Warum nicht?«
»Dann guten Appetit ... Niki!«
Und los geht's!
Mein Gefühlsleben sollte mich nie mehr aus der Bahn werfen. Ich schwor alle Eide dieser Welt, als wir über die Autobahn zurück nach Bierstadt brausten. Männer sind für mich ab sofort tabu, nahm ich mir vor.
»Ist was?« Turkey sah mich schräg an.
»Ich habe schlecht geschlafen«, wich ich aus, »wirre Träume. Ist ja auch kein Wunder bei den Informationen, die wir gesammelt haben. Ich bin in der Nacht ein paarmal aufgewacht und durchs Zimmer gelaufen. Zwischendurch habe ich an meinem Artikel geschrieben. Nachts habe ich immer die besten Einfälle.«
»Wenn du müde bist, stell den Sitz zurück und versuche, dich zu entspannen«, schlug Turkey vor.
»Du bist ein Schatz«, meinte ich gerührt. »Ich verspreche dir, dich nie wieder zu ärgern.«
»Versprich nichts, was du nicht halten kannst, Grappa«, lachte er. »Kein Mensch kann seine Persönlichkeit verbiegen.«
»Wie du meinst«, gähnte ich und stellte den Sitz zurück.
Als wir in Bierstadt ankamen, hatte es aufgehört zu regnen. Turkey fuhr auf den Parkplatz des Verlagshauses. Ich packte meine Reisetasche, den Laptop, und wir trabten hoch.
Peter Jansen erwartete uns bereits. »Wir haben jede Menge Anrufe von Fernseh- und Radiosendern«, berichtete er. »Plötzlich ist die Geschichte auch für die anderen wieder heiß. Frau Ambrosius hat uns ein Schreiben ihres Anwalts angekündigt.«
»Jetzt schon?«, wunderte ich mich. »Was lässt die sich erst einfallen, wenn wir morgen ihren Namen nennen und ihr Bild bringen?«
»Dann schwingt sie sich auf ihren Besen und verhext unser Verlagshaus«, prophezeite Jansen. »Die Juristen haben übrigens zugestimmt. Wir können den vollen Namen der Frau nennen. Ein wenig Risiko ist zwar dabei, dass wir irgendwann Schmerzensgeld zahlen müssen – doch die gestiegene Auflage macht das wieder wett. Bist du gewillt, mit der Arbeit zu beginnen?«
»Erst wenn ich Kaffee kriege.«
»Alles schon da«, grinste Jansen. »Drei frische Mandelhörnchen liegen bereits auf deinem Schreibtisch. Noch weitere Wünsche, die Dame?«
Ich warf ihm einen Handkuss zu und zog mich in mein Zimmer zurück. Tatsächlich – Jansen hatte für frischen Kaffee und mein Lieblingsgebäck gesorgt. Genüsslich ließ ich meine Zunge über die Schokolade gleiten, in die die Enden der Hörnchen getaucht worden waren. Viel zu viele Kalorien, dachte ich, aber welche Freuden hatte ich noch im Leben? Die Männer und der Sex waren ja endgültig für mich erledigt. Mir blieben noch trockener Wein und gutes Essen.
Als ich ein Gebäckstück vertilgt hatte, begann ich mit meinem Werk:
Eigentlich sieht der kleine Ort Oude Pekela im Nordosten Hollands aus wie eine Sommerfrische. Kanäle durchziehen den Stadtkern, kleine Boote dümpeln an den Ufern, Möwen schreien in der Luft, und ein frischer Wind durchfegt die sauberen Straßen mit den schmucken Einfamilienhäusern.
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