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Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Titel: Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ich eine Telefonzelle bemerkt. Ich sprintete hin und wählte Solos Telefonnummer. Niemand hob ab. Der Besucher in der Wohnung wollte also ungestört sein. Als ich meinen Beobachtungsposten wieder erreichte, hatte sich der Lichtschein hinter den Lamellen des Rollos noch verstärkt.
    Ich schloss mein Auto ab und ging zum Haus. Die Namensschilder neben den Klingelknöpfen waren zum Teil unleserlich. Solos Name schien zu fehlen. Energisch legte ich den Zeigefinger auf den mittleren Knopf und drückte. Nach einer Weile summte der Türöffner, und ich war drin.
    Eine Etage über mir knarrte eine Tür, eine Stimme fragte: »Wer ist da?« Ich drückte mich an die Wand und antwortete nicht. Dann hörte ich ein ärgerliches Gebrumm, die Wohnungstür klappte wieder zu.
    Ich wartete noch eine Weile, drückte den Lichtknopf und schlich die Treppe hinauf.
    Solos Wohnungseingang war nicht zu verkennen. Während sich bei den anderen Mietern Blumenkränze, Kokosmatten mit dem Schriftzug Welcome oder selbst getöpferte Namensschilder an oder rund um die Tür tummelten, hatte Solo ein Poster von der Skyline von New York neben den Eingang geklebt. Ein Namensschild gab es nicht.
    Vorsichtig legte ich mein Ohr an die Tür und glaubte, im Inneren leise Musik zu hören. Als ich klingelte, erstarb die Musik.
    Ich horchte angestrengt. Da waren vorsichtige Schritte hinter der Tür, schleichend, wie die einer Katze.
    Ich klingelte erneut, diesmal etwas heftiger.
    »Wer ist da?«, fragte eine leise Frauenstimme.
    »Eine Freundin. Lassen Sie mich bitte hinein!«
    Keine Reaktion.
    »Mustafa schickt mich. Ich soll nach Ihnen sehen.«
    »Sie lügen!« Die Stimme war kräftiger geworden, das Misstrauen in ihr nicht zu überhören.
    »Sie sind Lena Pirelli«, versuchte ich es weiter, »Ihr Bruder heißt Leon. Mustafa nennt Sie ›Engelchen‹. Sie drei kennen sich noch aus der Kindheit.«
    Es folgte eine kleine Pause. »Wie heißen Sie?«, fragte die Frau.
    »Ich bin Maria Grappa. Ich habe Ihrem Bruder geholfen, als die Polizei ihn gesucht hat. Also – lassen Sie mich rein. Ich muss mit Ihnen reden. Sie haben nichts zu befürchten.«
    Nach einer Weile wurde von innen ein Schlüssel herumgedreht, und die Tür öffnete sich. Ich trat sofort vor.
    Der Flur war eng und halbdunkel. Die Gestalt, die jetzt voran ins Licht des Zimmers schritt, war klein und zierlich. Sie trug einen langen, dünnen weiten Folklorerock aus Baumwollstoff und eine romantische Bluse – ähnlich wie die, auf der Tabibis Blut geklebt hatte. Das Haar war goldblond, durchgelockt und fiel den Rücken hinab bis zur Taille.
    Im Wohnzimmer brannten jede Menge Kerzen. Sie waren überall verteilt, manche standen in Haltern, die meisten waren mit Wachs einfach auf die spärlichen Möbel geklebt worden.
    Wenn eine Kerze umfällt, fackelt die Bude ab, dachte ich.
    Lena Pirelli hatte sich ins Sofa fallen lassen, die Beine angezogen und sich in eine Ecke gekauert. Sie schien zu frieren.
    »Hier, nehmen Sie das!« Ich hatte eine Häkelstola auf der Sofalehne entdeckt. Sie griff danach, schlug sie um die Schultern und nahm ihre Kauerstellung wieder ein.
    Mit der stimmt was nicht, dachte ich.
    »Sie sind genauso schön, wie Mustafa Sie beschrieben hat«, stellte ich fest. Die Stirn der jungen Frau war breit und hoch, die Augen standen weit auseinander, die Lippen waren voll und schmollten, die Haut war rein und etwas durchsichtig. Das Kerzenlicht verschleierte den Ausdruck ihrer Augen, die halb geschlossen schienen.
    »Mir geht es nicht gut«, sagte Lena entschuldigend. »Ich habe zu viele Tabletten genommen.«
    »Tabletten? Was für Tabletten?«
    Sie brauchte nicht zu antworten, denn ich fand sie direkt vor uns auf dem Couchtisch. Es handelte sich um ein Antidepressivum.
    »Wer gibt Ihnen die Pillen?«
    »Mustafa. Er mag nicht, wenn ich traurig bin.«
    Er setzt sie unter Drogen, der Schweinehund, zürnte ich innerlich.
    »Jetzt sind Sie aber traurig«, stellte ich fest. »Warum?«
    »Leon ist nicht da. Ich vermisse ihn. Mustafa geht oft weg. Ich bin allein – immer allein.«
    »Wo ist Mustafa?«
    »Er kommt morgen zurück. Nach dem Gebet.«
    »Welches Gebet? Wo geht er hin?«
    »In die große Moschee.«
    Lena begann ein Lied zu summen. Sie wiegte den Kopf hin und her und schien mich nicht mehr wahrzunehmen.
    Ich stand auf und schaute mich in der Wohnung um. Überall Kerzenwachs, unverantwortlich von Solo, dieses verstörte Mädchen mit Feuer hantieren zu lassen.
    Ich dachte an Kossmanns

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