Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf
Expertenaussagen riecht das Gift des Fisches nach dieser Substanz. Nach ersten Ermittlungen hat Klima noch versucht, die Wunde zu säubern, muss dann aber an einem Kollaps oder Herzinfarkt gestorben sein. Auch hier muss ich Sie darauf hinweisen, dass es genaue Klarheit erst nach der Obduktion gibt.«
»Also ein Unfall?«, fragte jemand.
»Wir gehen zurzeit davon aus.«
»Könnte Klimas Ableben in Zusammenhang mit seinen Ermittlungen im Fall der Fantastischen Fünf stehen?« Ich rechnete nicht damit, dass ich auf meine Frage eine positive Antwort bekam.
»Uns liegen keinerlei Erkenntnisse dieser Art vor.«
Der Bursche wird immer einsilbiger, dachte ich, Zeit zu gehen.
»Komische Geschichte«, meinte ein Kollege von der örtlichen Konkurrenz auf dem Weg zum Lift. »Was hältst du von der Sache?«
»Das war kein Unfall«, behauptete ich. »Klima hat ohne Schuhe mindestens 90 Kilo gewogen, den haut kein Fisch einfach so um. Die Chose stinkt – und zwar gewaltig.«
»Könnte vielleicht sein«, stimmte der Kollege zu. »Aber ich warte doch lieber das Obduktionsergebnis ab, bevor ich vage Behauptungen aufstelle. Deine blühende Fantasie geht mir bedauerlicherweise ab.«
»Das tut mir leid für dich«, sagte ich. »Dein Leben muss ganz schön freudlos sein und dein Job stinklangweilig.«
Die Frauenstimme
Die Zeilen über Klimas Tod waren schnell geschrieben. Ich erging mich nicht in Spekulationen, sondern schilderte sachlich, welche Fakten auf der Pressekonferenz bekanntgegeben worden waren. Die superheiße Story würde folgen – wenn ich mir Solo gegriffen hatte.
Was wusste ich eigentlich über den Fotografen? Er rauchte, soff, aß unregelmäßig, war Diabetiker, hustete auf der siebten Sohle, war ein guter Fotograf und hing einer alten Jugendliebe nach. Warum war er nur so verdammt sentimental?
Solo – er hatte in manchen gefährlichen Situationen Mut und Professionalität bewiesen – ob es nun der Golfkrieg, ein Palästinenseraufstand oder der Bürgerkrieg in Bosnien gewesen war. Er war als Erster nach Tschernobyl gereist, hatte dubiose Organspendeorganisationen ausgehebelt und manchem Mafioso die Geldwäsche versaut. Und jetzt das?
An Solos Telefon meldete sich niemand. Ich dachte an die Frauenstimme, die vor Wochen den Telefonhörer des Fotografen abgenommen und mich abgewimmelt hatte. Das war kurz nach der angeblichen Entführung der Straßenmalerin gewesen, von der ich aufgrund des alten Fotos glaubte, dass sie Solos frühreifes Engelchen war.
Ich beschloss, Solos Wohnung zu beobachten.
»Dann viel Erfolg«, sagte Jansen trocken, als ich ihn von meinem Plan unterrichtet hatte. »Hoffentlich finden wir dich nicht irgendwo mit eingeschlagenem Schädel – weil Solo seinen Fotoapparat auf deinem Dickschädel zertrümmert hat.«
»Er würde wahrscheinlich auf Notwehr plädieren«, mutmaßte ich. »Bei dem, was ich mit ihm vorhabe, wird ihm das jeder Richter glauben. Der Mann hat mich nach Strich und Faden ausgetrickst – missbraucht, instrumentalisiert und ausgenutzt. Wenn ich nur wüsste, warum?«
Wunden und Träume
Solo wohnte in einer unauffälligen Gegend, die durch Schlichtbauten der Fünfziger und hundertjährige Gründerzeitbuden geprägt war. Er hatte mir erzählt, dass es sich für ihn nicht lohne, eine teure Wohnung zu mieten, da er die meiste Zeit im Jahr sowieso im Ausland auf Motivjagd war.
Die Räume lagen im dritten Stock eines Mietshauses, das in einem aufregenden Mittelgrau verputzt war. Während an den meisten Fenstern voluminöse Rüschengardinen mit raffinierten Raffungen Wohnlichkeit vermitteln sollten, gab es an Solos Fenstern sachlich weiße Leichtmetall-Jalousetten, die dicht geschlossen waren. Es sah ganz danach aus, dass der Vogel mal wieder ausgeflogen war.
Unschlüssig saß ich in meinem Auto und beobachtete die Hausfront. Lange würde ich die Glotzerei auf das traurige Grau nicht durchhalten. In Fernsehkrimis kamen die Verdächtigen immer gerade dann des Weges, wenn der Detektiv die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte. Aber dies war kein Film. In einer Stunde würde es außerdem dunkel sein, die wenigen Autos, die an mir vorbeifuhren, hatten bereits ihre Scheinwerfer angeschaltet.
Im Haus gegenüber gingen ebenfalls Lampen an. Da! Hinter den Jalousetten in Solos Behausung schimmerte Licht. Ich prüfte, ob es der Schein der Straßenlaterne sein konnte, der sich im Glas widerspiegelte – nein, unmöglich. Mein Jagdinstinkt erwachte.
Dreißig Meter hinter mir hatte
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