Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
Glastür.
Die Bäckersfrau sah mich und öffnete.
»Und?«, fragte sie.
»Muss«, antwortete ich. »Und selbst?«
»Auch. Was liegt an?«, fragte sie.
»Ein Pfund Vierkornbrot und ein Pfund Kaffee.«
Sie griff nach dem Brot.
»Nee, nee – dieser Todsündenmörder! So wat!« Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Meinen Sie, Sie kriegen den?«
»Ich werde mein Bestes tun. Wie viel?«
Sie rechnete zusammen. Ich zog das Portemonnaie aus der Handtasche und legte das Geld auf den Tresen.
»Kennen Sie jemanden, der einen schwarzen Kater bei sich aufnehmen würde?«, startete ich einen Versuch.
»Wieso? Wat is mit dem Tier?«
»Nichts. Er ist sehr lieb und anhänglich, aber ich kann ihn nicht behalten, weil ich ja fast nie zu Hause bin.«
»Schwarze Katzen bringen Unglück. Isser wenigstens kastriert?«
»Noch nicht.«
»Dann geht der auch nich so schnell wech.«
Das klang ultimativ. Ich packte das Brot und den Kaffee und verabschiedete mich.
Eberhard begrüßte mich nicht an der Tür, als hätte er geahnt, dass ich soeben versucht hatte, ihn auf hinterhältige Weise loszuwerden.
»Eberhard, wo bist du?«, flötete ich, von schlechtem Gewissen geplagt.
Nichts passierte.
Ich spazierte durch die Wohnung und entdeckte ein schräg gestelltes Fenster. Panik ergriff mich. Wenn der Kater dort rausgeklettert war, würde er wohl kaum noch leben, denn er dürfte etwa drei Meter tief gefallen sein!
Ich suchte die gesamte Wohnung ab, schaute sogar in jede Schublade, bis mir einfiel, dass der Kater sie ja wohl kaum hätte hinter sich schließen können. Hektisch öffnete ich jede Schranktür, durchwühlte den Wäschepuff – keine Spur.
Unschlüssig saß ich schließlich in der Küche, da klingelte es. Ich stürzte zur Tür.
Vor mir stand ein dunkelhaariger junger Mann in Boxershorts und T-Shirt, gut und athletisch gebaut. Er war nicht allein, er hielt Eberhard auf dem Arm.
»Ist das Ihre Katze?«, fragte er.
»Eberhard, du verdammter Streuner«, rief ich. »Was ist passiert? Und wer ist dieser Onkel?«
»Ich bin Ihr neuer Nachbar«, erklärte der Mann. »Wir haben uns noch nicht getroffen, weil Sie ja wohl selten zu Hause sind. Ich wohne unter Ihnen.«
»Wollen Sie nicht hereinkommen?«, fragte ich.
Er wollte. Eberhard sprang auf den Boden und rannte in die Küche.
»Ich heiße Yunus Aydin«, stellte er sich vor.
»Ich bin Maria Grappa.«
Wir reichten uns die Hände.
»Kommen Sie mit in die Küche? Ich muss dem Kater was zu essen geben.«
»Er hat schon was gekriegt«, erzählte mein Nachbar. »Ich wusste gar nicht, dass Katzen Schafskäse fressen. Und mit den Oliven, die ich dazugestellt hatte, hat er Fußball gespielt.«
Wir blickten zu Eberhard, der dabei war, seinen Wassernapf leer zu schlabbern.
Ich tat ihm trotzdem ein paar Goldbröckchen in seine Glasschüssel, Eberhard beschnüffelte sie und stürzte sich dann drauf.
»Wollen Sie ein Glas Wein?«, wandte ich mich wieder dem Besuch zu.
Er nickte.
Ich nahm die Flasche aus dem Kühlschrank, griff zwei Gläser und wir gingen ins Wohnzimmer.
»Der Kater stand plötzlich auf meinem Balkon«, erzählte mein Nachbar. »Er muss von oben heruntergesprungen sein. Hatten Sie ein Fenster offen stehen?«
»Allerdings. Da ist er wohl durch. Gut, dass er sich nichts getan hat.«
»Katzen haben eben sieben Leben«, sagte Aydin.
Verstohlen musterte ich meinen Besucher. Er war nicht viel größer als ich, hatte eine sehr männliche Ausstrahlung, wenn er auch nicht im üblichen Sinn hübsch war. Sein Haar war dicht und blauschwarz und stand wirr vom Kopf ab, seine Haut schimmerte bräunlich, die Augen waren groß und dunkel, umrahmt von langen Wimpern, um die ihn jede Frau beneiden würde.
»Sie sind kein Deutscher, oder?«, fragte ich.
»Nein. Ich bin Türke. Ich habe im Norden eine Kanzlei.«
»Rechtsanwalt?«
Aydin nickte.
»Haben Sie einen besonderen Schwerpunkt in Ihrer Arbeit?«
»Nein. Ich mache alles. Vom Mädchenhandel bis zur Scheidung.«
»Leben Sie allein?«, peilte ich die Lage.
»Merkt man das nicht?«, fragte er forsch.
»Vielleicht ja«, lächelte ich. »Yunus – das ist ein schöner Name.«
»Ja, meine Eltern haben sich Mühe gegeben. Yunus – das heißt Delphin. Und Aydin, das ist die Morgenröte. Ich bin also der Delphin in der Morgenröte.«
»Wie romantisch«, meinte ich.
»Wir Türken sind so«, erklärte er. »Wir lieben eine blumige Sprache.«
Eberhard kam ins Wohnzimmer stolziert, sich das Mäulchen
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