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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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sollten Guardini erzählen, was wir rausgekriegt haben«, sagte ich. »Er hat andere Möglichkeiten bei der Recherche als wir.«
    Nikoll nickte abwesend, sie war nicht ganz bei der Sache und verließ mich dann auch bald.
    Die nächsten Stunden vertrödelte ich mit Aufräumen und Büroarbeiten, bis das Telefon klingelte.
    »Hier Georg Mahler«, sagte jemand. »Sie erinnern sich? Ich bin der Onkel Ihrer Mitarbeiterin Nikoll.«
    Ich tat so, als erinnerte ich mich nur noch dunkel an ihn.
    »Ich war wohl gestern etwas unhöflich zu Ihnen. Meine Nichte hat mir Vorwürfe gemacht. Ich möchte mich für mein Verhalten entschuldigen.«
    Ich sagte, dass ich seine Entschuldigung so nicht annähme, er müsse sich schon etwas Besseres einfallen lassen, um meinen Zorn zu zähmen.
    »Heute Abend um 20 Uhr im Roma ?«, fragte er lachend.

Lebende Opale
    Ich verließ die Redaktion schon am frühen Nachmittag, um mich auf das abendliche Date einzustimmen.
    Nach einem Schönheitsbad, das eine weiche duftende Haut verhieß, bestrich ich mein Gesicht mit einer Gurkenmaske, die mich bestimmt zehn Minuten jünger machen würde, zupfte meine Augenbrauen und polierte die Fingernägel. Eberhard saß dabei auf dem Deckel des Wäschepuffes und verfolgte mein Tun mit unverhohlenem Interesse; ich glaubte ein leichtes Grinsen in seinem Gesicht entdeckt zu haben.
    »Lach nicht, Junglöwe«, sprach ich ihn an, »ich weiß ja, dass es nicht viel nutzt; aber es gibt mir eben das Gefühl, dass ich mich um mein Aussehen kümmere. Kapierst du das nicht?«
    Der Kater sagte nichts, seine grünen Augen wurden noch größer und klarer. Mir fiel ein Gedicht von Baudelaire ein, in dem er seine geliebte Katze beschreibt. Ich konnte es auswendig.
    »Magst du Gedichte?«, fragte ich den Kater.
    Er äußerte sich nicht gegenteilig.
    »Dann hör mal zu! Je vois avec étonnement le feu de ses prunelles pâles. Clairs fanaux, vivantes opales, qui me contemplent fixement ... Das war Französisch, Kater. Verstehst du doch, oder?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Dein verstorbenes Herrchen hat dich wohl nicht aufs Katzengymnasium geschickt, was? Dann übersetze ich es dir : Ich sehe mit Erstaunen das Feuer seiner matten Pupillen, helle leuchtende Fackeln, lebendige Opale, die mich unbeweglich fixieren. «
    Eberhard grinste wieder und begann zu schnurren.
    »Komm!«, meinte ich und gab ihm einen Klaps auf das Hinterteil. »Raus hier! Schöner und jünger werden wir nicht mehr – da kannst du noch so gucken mit deinen Opalaugen.«
    Ich hüllte mich in einen viel zu großen Herrenbademantel, einzige Hinterlassenschaft eines verflossenen Lovers, und ging ins Wohnzimmer. Dort legte ich mich aufs Sofa und warf meine Barockarien-CD in den Player. Ich badete erneut, diesmal in den einfachen, melodischen Liedern von Liebe, Verzicht, Opfer und Gottesanbetung.
    »Ombra mai fu, di vegetabile, cara ed amabile, soave piu ...«, sang der Countertenor aus Händels Xerxes. Eines meiner Lieblingslieder, ich nannte es die ›Gemüsearie‹.
    Eberhard hatte es sich zwischen meinen nackten Füßen bequem gemacht. »Meinst du, ich gefalle diesem Mahler?«, fragte ich den Kater.
    Ist mir egal, meinte Eberhard , Hauptsache, du schleppst ihn nicht in unsere Wohnung. Ich dulde keine anderen Kater neben mir.
    »Sei nicht so egoistisch! Ich hatte lange keinen Lover mehr.«
    Wie sieht der Kerl denn aus?
    »Na ja«, antwortete ich. »Ganz passabel. Habe ihn ja nur kurz gesehen, und es hat schon ziemlich gedämmert.«
    O weh, feixte Eberhard, in der Nacht sind alle Kerle grau.
    »Du musst es ja wissen!«, blaffte ich.
    Meine schönsten Erfolge bei den Damen hatte ich immer nachts, prahlte der Kater . Guck ihn dir erst mal bei Sonne an, ehe du was Falsches tust! Obwohl ... in deinem Alter sollte man vielleicht nicht mehr so wählerisch sein!
    Es reichte. Ich drehte dem Countertenor den Hals ab und erhob mich.
    »Jetzt ist Schluss mit lustig«, sagte ich und scheuchte die schwarze Nervensäge vom Sofa. »Wenn du weiter so unverschämt bist, wirst du kastriert – dann kannst du wenigstens so schön singen wie der Onkel auf der CD.«
    Ich ging wieder ins Bad, um mich um mein Aussehen zu kümmern. Viel hatte ich da handwerklich nicht mehr auf Lager: Haare föhnen, Nase pudern, die Augen auf dramatisch schminken, die Lippen dunkelrot – das war's.
    Make-up benutzte ich nicht, spätestens beim ersten herzhaften Lachen wären die Falten um die Augen doch zu sehen gewesen – und besser war es, wenn kein

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