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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Namen des Weins richtig ausgesprochen?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich. »Ich kann kein Italienisch.«
    »Dann will ich mich mal anstrengen, dass das mit der Handhabung von Messer und Gabel klappt«, kündigte er an.
    »Welche ist denn Ihre bevorzugte Sünde?«, fragte ich.
    »Ich liebe die Frauen«, sagte Mahler mit einem lasziven Unterton. »Ich glaube, mit der voluptas corporis habe ich die meisten Probleme. Und die meisten Freuden.«
    Mahler fixierte mich, sehr direkt, sehr indiskret. Ich bemerkte, dass in seinen Pupillen schwarze Pünktchen waren und dass ein leichter Schleier über seinen Augen lag – es waren keine Kater-Tiefsee-Opalaugen.
    »Mit der Wollust verhält es sich nämlich so: Je mehr man ihr nachgibt, umso heftiger will man sündigen. Verstehen Sie, was ich sagen will?«
    »Ich kann Ihnen intellektuell noch folgen.«
    Es sollte zickig klingen. Ich merkte, dass mir irgendetwas nicht gefiel, aber was?
    Er geht zu ergebnisorientiert vor, schoss es mir durch den Kopf, so, als habe er keine Zeit zum Flirten. Das konnte ich noch nie leiden.
    Das Prickelnde am Beginn einer Bekanntschaft mit erotischen Vorzeichen ist das Spiel mit Worten und Blicken, der schnelle witzige Dialog zwischen zwei Menschen, die noch nicht genau wissen, ob der Weg ins Bett oder in die Leere führt. Und gerade diese Unsicherheit macht das Spiel so erregend.
    Der Kellner rückte wieder an, diesmal mit Brotkorb und Knoblauchbutter.
    »Einer Liebe, die nur in Wollust ihren Ursprung hat, fehlt aber die Tiefe. Deshalb ist sie meist auch nicht von langer Dauer«, dozierte der Professor. »Aber Asmodi, der Dämon, der uns versuchen will, lässt eben nicht locker.«
    »Ich weiß, wovon Sie reden«, gab ich zu und ließ ein knuspriges Stück Brot in meinen Mund gleiten. Die Butter vereinigte Salz und Knoblauch in einem angemessenen Verhältnis. »Mit manchen Männern muss man allerdings nicht länger als nötig zusammen sein. Man feiert das Fest der voluptas corporis – und tschüs. Da hat Asmodi schon Recht.«
    »So sehen Sie das also.«
    »Sie etwa nicht?«
    »Doch«, gab er zu. »Mit manchen Männern sollte man wirklich nicht länger als nötig zusammen sein.«
    Ich lächelte und kaute mein Brot.
    »Sie sind eine attraktive Frau. Nicht mehr jung, aber auch nicht alt. Noch lebenshungrig genug, um aktiv und bewusst zu sündigen. Ich bin der Wollust verfallen und sehe Sie. Was denke ich wohl?«
    »Keine Ahnung. Aber Sie werden es mir bestimmt jetzt sagen.« Warum legte er ein solches Tempo vor?
    »Ich würde jetzt gern meine Lippen auf Ihre Haut legen, würde meine Zähne gern in der Nähe Ihrer Kehle haben, um von dort aus langsam mit dem Mund zu Ihren Brüsten zu wandern, um mit meiner Zunge die Tiefe des Tals zwischen den beiden Hügeln auszumessen. In Salomos Hohelied werden die Brüste als Rehzwillinge bezeichnet. Schön, nicht wahr?«
    Das war ein klassischer Frontalangriff! Ich atmete durch.
    »Was für eine Art Professor sind Sie eigentlich?«, fragte ich. »Ein Professor der schön klingenden Worte?«
    »Oh, habe ich Ihnen das noch nicht gesagt?« Mahler grinste. »Katholische Theologie.«
    »Priesterweihe?«
    »Da sei Gott vor!« Es kam aus voller Seele. »Dann wäre es ja wohl aus mit der Wollust und ich befände mich gerade im Landeanflug auf eine schwere Sünde.«
    Katholische Theologie also. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich mich. Glaube, Sünde, Kirche, Psalmen ... selten war ich so oft mit so etwas konfrontiert worden wie in der letzten Zeit. Oder fiel es mir nur jetzt erst auf? Zum Glück schlich sich der Kellner mit dem Carpaccio heran.
    »Von Ihrer Nichte wissen Sie ja von den Todsündenmorden«, wechselte ich das Thema. »Was bringt jemanden dazu, sieben Menschen umzubringen und ihnen Psalmen zuzuordnen?«
    Ich träufelte Zitrone über die hauchfeinen Scheiben und würzte ordentlich mit Pfeffer.
    »Ich bin kein Psychologe«, sagte Mahler. »Ich weiß nur, dass die Psalmen – es sind ihrer hundertfünfzig – die Menschen immer fasziniert haben. Weil sie so schön und so innig sind. Schmeckt es Ihnen?«
    »Super!«, antwortete ich. »Entschuldigen Sie, dass ich schon esse. Aber warmes Carpaccio ist die Hölle für mich.«
    »Kein Problem. In die Hölle kommen wir alle noch früh genug.«
    »Kauen Sie doch schon mal ein Stückchen Brot!« Ich reichte ihm den Korb.
    Er lehnte ab.
    »Der Mörder muss sich in kirchlichen Dingen gut auskennen; er scheint gebildet und intelligent«, setzte ich meine Gedanken fort.

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