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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Entscheidungen traf.
    »Wir fahren trotzdem hin«, entschied ich dann. »Ich brauche irgendwelche Bilder zu der Story. Knips das Haus von außen, ein paar Details und der übliche Schnickschnack, den du so draufhast.«
    »Ich knipse nicht, ich fotografiere!«, blaffte mich Big Mäc an. »Ich sag ja auch nicht, dass du deine Artikel zusammenschmierst.«
    »Bleib cool, Süßer! Du weißt doch, dass ich's nicht so meine«, versuchte ich ihn zu besänftigen. »Da vorne ist ein Hinweisschild zum Verkehrsverein. Also los!«
    Ich wendete das Auto. Wolkenkuckucksheime mit gestriegelten Vorgärten und gewienerten Autos davor zogen an uns vorbei, und ich meinte, die geistige Enge zu spüren, die hinter diesen Häusern wohnen mochte.
    »Hier ist ja echt der Hund begraben«, sagte ich. »Stell dir mal vor, wir müssten in so einem Dorf leben. Grauenvoll!«
    »Wieso?«, widersprach Big Mäc. »Ist doch alles da: Fußgängerzone, Drogerie, Rathauskeller, Supermarkt und jede Menge Kneipen. Schönes ruhiges Dorf mit wenig Stress. Tolle Sache, das.«
    »Da ist es!« Ich wies auf ein hellgelb getünchtes großes Gebäude, das von einer gepflegten Anlage umgeben war.
    Wir parkten und näherten uns dem Haus. Nichts deutete auf den ersten Blick darauf hin, dass hier einmal Kinder untergebracht worden waren.
    »Guck mal!«, meldete sich Big Mäc.
    Neben dem Eingang war ein kleines Messingschild angebracht, das schon älter sein musste: St. Vincenz Kinderheim, darunter ein zweites, neueres Schild mit den Jahresangaben: 1975–1990.
    »Endlich ein Foto, das wir verwenden können«, freute ich mich.
    Plötzlich stutzte ich und starrte das Schild an, ich hatte das Gefühl, als sei eine wichtige Frage aufgetaucht – aber welche?
    Irgendetwas fuhr mir durch den Kopf, eine Art Déjà-vu, ich war plötzlich sicher, diesen Schriftzug schon einmal gesehen zu haben: St. Vincenz Kinderheim.
    Nein, ich erinnerte mich nicht wirklich daran. Das gelbe Gebäude war mir völlig unbekannt, auch die Umgebung sagte mir überhaupt nichts. Und doch ...
    »Was ist, Grappa?«, fragte Big Mäc. »Hast du 'ne Erscheinung? Du guckst so kariert!«
    »Alles im grünen Bereich, Baby. Nimm das Gebäude in der Totalen, Halbtotalen und mach noch ein paar Close-ups. Das Schild natürlich auch ... Na ja, das weißt du ja selbst.«
    »Vielen Dank für dein Vertrauen, Grappa«, zickte Big Mäc. »Ist immer wieder klasse, wie du mir meinen Job erklärst. Supersache, das.«
    Ich ignorierte ihn und trat – noch immer etwas geistesabwesend – durch die Tür. Die Bürostunden des Verkehrsvereins liefen auf Hochtouren – der Raum war gähnend leer.
    »Grappa, Bierstädter Tageblatt «, stellte ich mich der älteren Frau hinter dem Tresen vor. »Ich recherchiere für unsere Wochenendausgabe eine Story über ein Mädchen, das einige Jahre im Vincenz Heim unterbracht war.«
    »Das gibt's nicht mehr«, teilte mir die Frau mit. »Hier sind wir jetzt drin.«
    »Ich sehe es«, lächelte ich. »Gibt's irgendwo jemanden, der mir was über die Kinder, die in dem Heim lebten, erzählen kann?«
    »Pfarrer Großmann«, sagte die Frau. »Ja, der hat das Heim betreut. Waren ja Nonnen drin. Ursulinen.«
    »Und wo finde ich diesen Pfarrer?«, wollte ich wissen.
    »Der ist pensioniert und lebt im Altenheim St. Hedwig. Dem von der Caritas. Sie müssen von hier aus Richtung Holte fahren. Dann sehen Sie schon die Schilder.«
    Beschwingt trat ich vor die Tür. Wieder ein Schritt voran!
    Big Mäc hatte sein Pflichtprogramm erledigt; ich erzählte ihm von meinen weiteren Plänen.
    »Hoffentlich hat der Alte sie noch alle«, meinte er roh.
    »Lassen wir's auf einen Versuch ankommen«, erwiderte ich heiter.
    Als wir im Auto saßen, murmelte ich: »Kennst du das Gefühl, eine Situation wieder zu erkennen, obwohl du weißt, dass du sie nicht erlebt haben kannst?«
    Big Mäc antwortete trocken: »Kenn ich. Klarer Fall von Déjà-vu!«
    »Das Haus da eben«, erklärte ich. »Ich dachte, ich würde es kennen. Das alte Schild, die Form der Mauern und die Anordnung der Fenster. Aber ich kann mich nicht erinnern, jemals in diesem Kaff gewesen zu sein.«
    »Da vorne müssen wir abbiegen«, sagte Big Mäc. Er hatte mir überhaupt nicht zugehört, war dabei, sich eine neue Zigarette zu drehen.

Verschollene Erinnerung
    An Altenheimen stört mich immer zuerst der Geruch, der mir aus den Fluren und Sälen entgegenschlägt, gleich gefolgt vom Anblick der antiseptischen Sauberkeit gebohnerter Plastikböden und der

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