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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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und Erlösung, die Aufhebung des Widerspruchs«, antwortete er.
    »Ich guck mich mal ein bisschen um«, kündigte Big Mäc an. Er hatte dem Rosendialog verständnislos gelauscht. »Sag Bescheid, wenn du mich brauchst, ja?«
    Ich nickte und der Fotograf trollte sich.
    »Sie sind bestimmt nicht gekommen, um sich mit mir über Rosen zu unterhalten«, sagte der alte Mann, nachdem sich Big Mäc einige Meter entfernt hatte. »Was wollen Sie über das Vincenz Heim wissen?«
    »Das ist eine komplizierte Geschichte«, begann ich. »Sie haben doch sicher von den Todsündenmorden in Bierstadt gehört?«
    »Ja, die sieben Toten beim Abendmahl«, überraschte er mich.
    »Abendmahl?« Ich stutzte. »Warum wählen Sie gerade diesen religiösen Begriff?«
    »Macht der Gewohnheit«, entgegnete er. »Ich hätte auch Abendessen sagen können. Die sieben Toten, die mit Gas ermordet wurden. Die Sache stand sogar in unserem Lokalblatt. Sieben Menschen, die Schuld auf sich geladen haben und denen der Mörder Texte aus Psalmen zuordnet. Interessante Geschichte. Aber was hat das alles mit dem Vincenz Heim zu tun?«
    Ich erklärte ihm, dass ich nach einem kleinen Mädchen forschen würde, das wohl vor zwanzig Jahren in jenem Kinderheim untergebracht worden war, weil die Behörden die Großmutter nicht für die Erziehung geeignet gehalten hatten.
    »Eine der Toten beim Abendmahl war Schwester Barbara Odel. Sie war Erzieherin im Vincenz Heim. Der Mörder hat ihr die Todsünde ACCIDIA, also Trägheit, zugeordnet. Sagt Ihnen der Name Odel etwas? Können Sie sich an sie erinnern?«
    »Schwester Barbara ...« Er grübelte. »Ja, natürlich. Sie mit ACCIDIA in Verbindung zu bringen erscheint mir sehr passend. Sie war träge. Träge und schwerfällig, aber eine gute Dienerin Gottes. Wie hieß das kleine Mädchen, von dem Sie sprechen?«
    »Luisa Daniel. Sie hat als Einzige den Brand in einer Villa vor zwanzig Jahren überlebt. Sie war damals acht Jahre alt.«
    »An ein solches Kind kann ich mich nicht erinnern«, sagte Großmann. »Aber ich war ja auch nur der geistliche Beistand der Nonnen. Sind Sie sicher, dass die Kleine im Vincenz Heim war?«
    »Ja. So viel haben meine Recherchen ergeben«, behauptete ich. »Allerdings weiß ich nicht, wie lange und auch nicht, was aus ihr geworden ist.«
    »Halten Sie diese Luisa etwa für die Todsündenmörderin?«
    »Sie kann es sein, die nach zwanzig Jahren Rache genommen hat. Sie hat ein Motiv. Der Reporter, der ihren Bruder im Todeskampf fotografiert hat, der Psychologe, dessen Gutachten daran schuld war, dass die Großmutter das Sorgerecht nicht bekam, das Au-pair-Mädchen, das die Kinder vernachlässigt hat, und in ihren Vater verliebt war, der Richter, der die Leute, die ihren Vater ruiniert hatten, freigesprochen hat und die Erzieherin in dem Heim, die ... vielleicht zu träge war? Die das Kind schlecht behandelt hat? Sagen Sie mir, was die Nonne gemacht haben könnte!«
    »Beruhigen Sie sich, meine Tochter!«, mahnte der Geistliche.
    Er hatte Recht, ich hatte laut, ja fast zornig gesprochen.
    »Tochter?« Ich lachte bitter. »Töchter, Söhne, Väter, Mütter und dieser über allem schwebende Gott – verdammt noch mal! Ich habe genug von dieser christlichen Zuckerwatte, von diesem verlogenen Getue, von diesen innigen Sprüchen! Sagen Sie mir, was in diesem Kinderheim los war ... Sagen Sie es, weil Sie Gott lieben, die Lüge ablehnen und weil Sie ein Mensch sind!«
    Großmann antwortete nichts, sah mich nur an. Die gebräunte Haut wirkte plötzlich gelblich und krank. Er focht einen inneren Kampf aus, bei dem der Sieger noch nicht feststand. Mir wurde klar, dass er etwas wusste.
    »Bitte!«, sagte ich beschwörend.
    »Unter den Toten ist auch ein gewisser Richard Borchert«, begann er nach langen Sekunden mit gebrochener Stimme.
    »Woher wissen Sie das?«, fragte ich wie elektrisiert. »Warum sprechen Sie ausgerechnet von ihm? Ich habe seinen Namen nie veröffentlicht!«
    »Ich weiß es eben«, wich der alte Mann aus. »Borchert war Hausmeister im Vincenz Heim. Er und Schwester Barbara kannten sich, sie waren zur selben Zeit da. Bis Borchert gehen musste.«
    »Was ist damals vorgefallen?«
    »Es ist nie öffentlich geworden«, erklärte der alte Mann. »Und ich habe auch nie wieder darüber gesprochen. Aber gedacht, ja ... gedacht habe ich oft daran.«
    Ich schwieg, zügelte meine Ungeduld; ich hatte ihn jedenfalls, gleich würde er mir alles erzählen.
    »Auch ich habe Schuld auf mich geladen, große

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