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Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Titel: Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Story vergessen können.
    Baci reichte mir die Hand und sagte etwas. Es rauschte an mir vorbei, ich war damit beschäftigt, meine Gesichtszüge von debilem Entzücken in höfliches Interesse zu verwandeln.
    Es gelang mir wohl nicht, denn ich hörte den Staatsanwalt sagen: »Frau Grappa, ist Ihnen nicht gut?«
    »Es geht mir blendend«, stotterte ich.
    Michelangelo Baci verzog das Gesicht zu einem Lächeln, hatte noch immer meine Hand in seiner. »Setzen Sie sich doch«, sagte er.
    »Pardon«, krächzte ich. »Mir war kurz etwas schwindelig. Aber es geht schon wieder.«
    »Hitzewellen, was?«, polterte Rabatt amüsiert. »Sie sind ja auch im richtigen Alter dafür.«
    »Giftspritze!«, blaffte ich. Es kam von Herzen. Musste dieser widerliche Kerl mich an mein biologisches Alter erinnern, wo sich gerade meine Hormone aufrüsteten?
    Dafür hatte ich mich wieder einigermaßen im Griff, sah zu Baci und sagte: »Entschuldigen Sie bitte, aber Herr Rabatt und ich hegen nicht gerade freundliche Gefühle füreinander.«
    »Das merke ich«, lächelte der Koch maliziös. »Obwohl ich mir kaum vorstellen kann, dass man für Sie unfreundliche Gefühle hegen kann.«
    Das tat gut, auch wenn es geschmeichelt war. Jedenfalls schien er mich nicht gänzlich unattraktiv zu finden. Andererseits wurde italienischen Machos ja nachgesagt, jeder Schürze hinterherzujagen, die nicht bei drei am Haken hängt.
    Aber: Meine Augen hatten gerade den Mann gesehen, den ich wollte. Und zwar zügig. Es war reines heftiges Begehren und mehr nicht. Mir fiel ein Satz von Proust ein: Nur für den Denker und den Kranken kann das animalische Begehren alle seine berauschenden Reize entfalten. Ich musste nur noch rauskriegen, ob ich die Denkerin oder die Kranke war. Wahrscheinlich beides.
    »Ich freue mich, Sie zu treffen, Signora«, versuchte Baci erneut, mit mir in einen Dialog zu treten.
    Ich fragte blöd: »Woher können Sie so gut Deutsch?«
    Baci lachte. Ein kehliges Geräusch, das Amüsement verriet und mir zeigte, dass er meine Befangenheit sehr wohl registriert und sich als Ausgangspunkt dieses Zustandes diagnostiziert hatte.
    »Ich habe nicht immer in Venezia gelebt, bin aber hierher zurückgekommen.« Sein Akzent war nur leicht, genau die richtige Dosierung, um charmant und nicht unbeholfen zu wirken.
    Er war etwas jünger als ich, nicht groß und nicht mager, aber auch nicht fett – irgendwie passten die Proportionen zueinander. Seine Nase war die einer griechischen Statue und der Mund hatte volle, aber nicht zu volle Lippen. Ich stellte mir vor, wie sie an mir knabbern würden, und ein lustvoller Schauer rann durch meinen Körper ... Ob Anneliese Schmitz mir genau so ein Modell backen konnte?
    Es reichte. »Sie sind also der Koch, der im Palazzo Contarini für das Essen zuständig war«, stellte ich überflüssigerweise fest. Mein Stimme klang wieder sachlich.
    Der Kellner kam und brachte drei Salate.
    »Ich erlaube mir, Sie beide zum Essen einzuladen. Die Küche, die Touristen in Venedig geboten wird, ist leider miserabel und unserer Stadt nicht würdig«, meinte Baci.
    »Vielen Dank. Haben Krawottki und Hunze Sie deshalb engagiert? Weil sie den Teilnehmern etwas Gutes tun wollten?«
    »Das kann ich nicht beurteilen. Ich hatte zwar ein Engagement im Palazzo, doch das hat nur drei Tage gedauert. Dann bin ich gegangen.«
    »Warum?«, fragte ich.
    »Die Stimmung in der Gruppe war nicht so, dass meine Kunst angemessen gewürdigt wurde«, antwortete Baci.
    Rabatt fühlte sich wohl nicht genügend beachtet. Er rief nach dem Kellner und schnippte dabei mit den Fingern. Baci schaute ihn irritiert an, und als der junge Mann vor dem Tisch stand, verlangte Rabatt unwirsch Salz und Pfeffer.
    Dabei war der Salat wunderbar, das Dressing schmeckte nach altem Rotwein und karamellisiertem Zucker, der grüne Salat war knackig, die marinierte Geflügelleber knusprig und die Tomaten sahen nicht nur sonnengereift aus, sondern schmeckten auch so.
    »Was ist denn passiert?«, nahm ich den Faden wieder auf.
    »Es gab Streit. Probleme. Viel Geschrei. Und ich habe diesen Lärm nicht ausgehalten.«
    »Lärm?«
    »Die Musik. Große Trommeln. Ein riesiger Gong. Tonband und Akkordeon, Xylophon. Ich hatte keine ruhige Minute in der Küche.«
    Die Instrumentierung hörte sich nach Wiesengrundel an.
    »Von überall her kamen Töne und ständig ging mir was daneben«, klagte Baci. »Das Panna cotta wurde flockig, statt Salz schüttete ich Zucker in die Aioli, mit den Garnelen

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