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Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Anschließend noch zehn Kilometer durch ein paar Bauerndörfer und dann irgendwo rechts ab«, sagte Beate Schlicht. Sie war die Beifahrerin und studierte die Straßenkarte. »Hoffentlich ist die Sauerwald da!«
    »Wird sie schon.«
    »Sonst machen wir einen Waldlauf und haben etwas für unsere Gesundheit getan«, meinte die Kommissarin.
    »Sport ist Mord. Sie können gerne laufen, ich fahr dann mit dem Wagen hinterher.«
    Zum Sauerland hin wurde es ziemlich hügelig, die Industriebrachen mit den leeren Fabrikgebäuden, fallsüchtigen Türmen und verseuchten Böden wurden von weitläufigen Feldern, schwarzen Wäldern und geduckten Ställen abgelöst. Die Menschen hier verdienten ihr Geld mit Landwirtschaft und Fremdenverkehr.
    Die krüppeligen Obstgehölze, die kaum mehr als zwei Meter in die Höhe reichten, schützten mit Schnee ihre bereits angesetzten Knospen vor dem eisigen Wind, der in diesen Höhen gewöhnlich pfiff. Die Streuobstwiesen, die das Einerlei von Hafer, Weizen, Roggen und Nadelwald belebten, waren besonders im Frühjahr eine Augenweide und zogen viele Naturliebhaber in diese Gegend. Doch an blühende Bäume war jetzt nicht zu denken, in diesen Höhen war der Winter lang und hart.
    Wind hatte den Schnee hin und her geblasen und manchmal war die Fahrbahn kaum zu erkennen.
    »Bald ist Weihnachten«, stellte ich fest.
    »Ich habe auch gerade daran gedacht«, sagte Beate Schlicht. »Hier oben ist alles so schön, dass einem sogar so was wieder einfällt.«
    Die Hauptkommissarin kannte offenbar ebenfalls die Angst der Singlefrauen vor Familienfesten.

Besuch auf Zimmer 24
    »Das ist sie!«
    Die Privatklinik von Siebenstein sah aus wie ein von Puderzucker verkrustetes Märchenschloss. Der See war zugefroren. Vermummte Spaziergänger begegneten uns.
    Das Gebäude zitierte den Stil des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts, war von schwarzem Wald umgeben, mit Türmchen dekoriert und das Portal wurde von geschmückten Säulen getragen. Rechts und links der zweiflügeligen Tür protzten zwei üppig behangene Festtagstannen mit Lichtern und überdimensionierten Goldkugeln.
    »Ich hasse diesen Weihnachtsmist«, outete sich Beate Schlicht. »Nirgendwo ist man vor dem Schwachsinn sicher – noch nicht mal auf dem Land.«
    »Ich fänd's auch passender, wenn gebrauchte Verbände oder Spritzen in der Tanne hingen«, meinte ich. »Dann wüsste doch jeder gleich, was ihn erwartet.«
    Meine Beifahrerin brach in Lachen aus. Huch, dachte ich. Endlich lacht sie mal.
    Das Hinweisschild auf den Besucherparkplatz ignorierte ich, fuhr langsam, aber nicht zu langsam an der Klinik vorbei. Auf den ersten Blick schien hier nicht viel los zu sein: Hinter den meisten Fenstern war es dunkel, nur im Erdgeschoss brannten Lichter.
    »Wie kommen wir an sie ran?«, fragte Schlicht.
    »Haben Sie Ihren Dienstausweis dabei?«
    »Natürlich.«
    »Dann kann ja nichts schief gehen.«
    »Ich kann doch nicht ...«
    »Doch, können Sie«, sagte ich und stoppte das Auto. »Überrumpelungstaktik. Wir gehen rein, zeigen unsere Ausweise und sind ganz besonders unfreundlich. Darauf reagiert der deutsche Mensch immer.«
    »Und welchen Ausweis zeigen Sie?«
    »Die Kundenkarte von meinem Weinladen«, unkte ich. »Die macht am meisten her.«
    »Na ja«, sagte sie resigniert. »Meine Karriere ist eh gelaufen.«
    »Prima. Meine auch. Ist das nicht schön, wenn man angstfrei agieren kann? Also los!«
    Natürlich hatte ich mit meinen Wildlederpumps die falschen Schuhe für eine Schneewanderung an. Schlicht hatte keine Probleme, sie trug die bekannten breiten Treter mit der Profilsohle. Ich rutschte mehr über den Weg, als dass ich ging. Immerhin war der Weg zum Eingang geräumt und jemand hatte Salz gestreut.
    »Und wenn sie nicht drauf reinfallen?«, fragte Schlicht.
    »Werden sie schon. Wir improvisieren«, sagte ich tapfer. »Lassen Sie mich nur machen.«
    Wir hatten die Tür erreicht. Eine Klingel aus Messing blitzte im Licht der Nobeltannen. Beherzt drückte ich auf den Knopf.
    Nach einer Weile fragte eine Stimme: »Hallo, guten Tag, was können wir für Sie tun?«
    »Wir sind mit Ihrer Patientin Margit Sauerwald verabredet. Sie erwartet uns.«
    »Moment.«
    »Das klappt nie«, flüsterte Beate Schlicht.
    Einige Sekunden tat sich nichts, dann sprang die Tür auf. Wir waren drin. Der dicke Teppich im Flur schluckte die Geräusche unserer Schritte.
    Wir gelangten in die Eingangshalle. Sie war hoch und rechts und links führten Treppenaufgänge zu vielen

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