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Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Titel: Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Nationalsozialisten kooperiert hatten, um ihren Profit zu maximieren. Jetzt lagen sie in Rufweite ihrer früheren Opfer, denn das nächste Gräberfeld diente auch als Erinnerungsstätte an hingerichtete Widerstandskämpfer und ermordete Zwangsarbeiter.
    Durch das Grün schimmerten die weißen Wände der Trauerhalle. Die Orgel spielte die Toccata von Bach. War ich etwa zu spät? Nein, noch eine halbe Stunde bis zum Beginn der Totenfeier. Vor Lilo war noch jemand anderes dran.
    Ich setzte mich auf eine Bank, die von der Stadtsparkasse gespendet worden war, wie mir das aufgenagelte Messingschild verriet, und guckte auf einen Biomüllhaufen. Schnittblumen, Kranzfragmente mit Schleifen und abgeblühte Pflanzen mit Wurzelballen.
    Ich las mich durch die Fragmente der Abschiedsformeln auf den Grabschleifen: Letzt, Geleit, deine Lieben, vergessen ... – fast Poetry-Slam-Lyrik.
    »Hallo«, sagte eine Stimme. Emma Born hatte sich mir von hinten genähert und sich vor mir aufgebaut. Sie war in einen dunkelgrauen Mantel gehüllt und hielt ein Blumengebinde in der Hand.
    »Hallo, Frau Born«, sagte ich. »Heute also das Ende.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich wollte auf die Beerdigung anspielen«, antwortete ich. »Erde drüber und wir alle sind bald vergessen.«
    »Sie vielleicht, Frau Grappa. Auf Lilo trifft das nicht zu, sie lebt in den Herzen ihrer Fans weiter.«
    »Warum sind Sie denn so gereizt?«
    »Entschuldigen Sie. Friedhöfe dämpfen mein von Natur aus heiteres Wesen«, sagte Born und setzte sich neben mich. »Hat die Polizei den Fall denn inzwischen geklärt?«
    »Leider nicht«, gab ich zur Antwort.
    »Vielleicht hat sie mit Giften experimentiert«, meinte die Lektorin. »Ein Hexentrank, der versehentlich tödlich war.«
    »Nein, Rizin ist zu gefährlich, das wird für kein Ritual verwendet. Digitalis, Eisenhut oder Alraune – in kleinen Dosen, ja! Aber niemals Rizin.«
    »Sie kennen sich ja gut aus«, staunte Emma Born.
    »Steht alles im Internet«, erklärte ich. »Wie hat sich der Verkauf der Berghofen-Titel seit deren Ableben entwickelt?«
    »Sehr gut. Ihr Tod war ein verlegerischer Glücksfall.«
    »Besonders gute Freundinnen waren Sie beide wohl wirklich nicht.«
    Emma Born lachte. »Lilo hat auf Freundinnen keinen Wert gelegt.«
    »Jeder Mensch braucht Freunde«, widersprach ich.
    »Wir hatten ein professionelles Verhältnis«, konstatierte die Lektorin. »Mehr strebten wir auch nicht an. Aber darüber haben wir uns ja schon ausgetauscht.«
    »Trotzdem sind Sie hier.«
    »Ja. Als Vertreterin des Verlages. Sie war eine unserer bestverkauften Autorinnen.«
    »Wie will der Verlag diese Lücke denn schließen?«
    »Wir müssen neue Autoren aufbauen«, antwortete sie. »Wie wäre es mit Ihnen, Frau Grappa? Sie kommen doch von der schreibenden Zunft.«
    »Sorry, aber Nackenbeißer liegen mir nun wirklich nicht«, wehrte ich ab.
    »Mein Verlag hat sich leider auf den trivialen Liebesroman spezialisiert.«
    »Dann wird es leider nichts mit uns zwei Hübschen«, lächelte ich. »Ich glaube, an der Trauerhalle tut sich was. Gehen wir?«
    Zwei Männer entfernten das übrig gebliebene Grünzeug des abgefeierten Toten. Im Raum hing der Geruch von Weihrauch. Der Organist gähnte auf seinem Stühlchen und kramte in Notenblättern.
    Langsam füllte sich der Platz vor der Halle. Selbstverständlich konnte jeder Nackenbeißer-Fan hierherpilgern, doch nicht alle der Ankommenden schienen Leserinnen und Leser zu sein. Viele waren so jung, dass ich sie nicht in Verbindung mit antiquiertem Liebesschmalz bringen konnte.
    Jansen erschien. Er war natürlich ganz schwarz gekleidet, einen solch schicken und gut sitzenden Anzug hatte ich bei ihm noch nie gesehen.
    »Wow!«, meinte ich. »Du siehst echt heiß aus.«
    »Ich kann mir jetzt Maßanzüge leisten«, raunte er. »Und – Grappa – ich genieße es, glaub mir!«
    »Es sei dir gegönnt. Guck dir mal diese vielen jungen Leute an! Was hatten die mit Lilo zu tun?«
    »Hast du die Broschen und Ketten nicht bemerkt?«
    Ich sah genauer hin und entdeckte unterschiedliche Abzeichen. Sie ähnelten Runen und Sternen.
    »Die Sterne sind Pentagramme«, erklärte Jansen. »Der Hexen- und Zauberernachwuchs lässt sich nicht lumpen. Guck mal, wer da noch anrauscht.«
    Salomon Wachlin rauschte wirklich, sein Mantel wehte und sein Schritt war zügig. Er zog das Bein nicht mehr nach.
    Die Hexen und Zauberlehrlinge unterbrachen ihre Unterhaltungen und standen Spalier. Man kannte sich.
    »Der muss ja

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