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Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Titel: Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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eine große Nummer in den Kreisen sein«, flüsterte ich. »Sieht ziemlich dramatisch aus. Die misslungene Séance hat er scheinbar gut weggesteckt.«
    Schon war der Magier bei uns und reichte uns die Hand. Die jungen Hexen himmelten ihn an und tuschelten untereinander.
    »Sie haben ja viele Groupies«, meinte ich mit Blick auf die Mädels.
    »Das sind Melencolias Schülerinnen«, erklärte Wachlin. »Sie haben jetzt keine Meisterin mehr. Ich werde mich um sie kümmern müssen.«
    »Das machen Sie doch bestimmt gern«, lächelte ich.
    »Entschuldigen Sie mich bitte.« Der Zauberer ging zu zwei der jungen Mädchen und sprach mit ihnen. Er verlor keine Zeit, sich den Hexenzirkel gefügig zu machen.
    »Und wer ist das da drüben?«, fragte Jansen.
    Emma Born stand etwas abseits und unterhielt sich angeregt mit einem kleinen, älteren Mann.
    »Das könnte Teemu Tasavalta sein«, erinnerte ich mich.
    »Der finnische Krimiautor?«
    »Ja. Der mit dem toten Dalmatiner. Jussi.«
    Jansen nickte. »Der unter den Laster gekommen ist.«
    »Hoffentlich taucht Mieu nicht auch noch auf und fiedelt uns eins«, sagte ich.
    »Fiedeln wird er auf keinen Fall«, beruhigte mich Jansen. »Lilo hat sich zeitgenössische Orgelmusik gewünscht. Und ich hab extra einen Organisten besorgt, der gegen die Abgabe eines horrenden Honorars so was spielt.«
    »Du bist wirklich ein guter Freund«, sagte ich gerührt. »Wenn ich mal tot bin, darfst nur du mich unter die Erde bringen.«
    »Bei dir geigt aber dann der Mieu.«
    Aus der Trauerhalle waren wilde Orgeltöne zu hören.
    »Ist das dein Mann?«, fragte ich.
    »Könnte sein.«
    »Stimmt er die Orgel noch?«
    »Ich glaub, das ist schon die Musik.«
    Zehn Minuten später hatte sich die kleine Trauerhalle gefüllt. Ich saß zwischen Emma Born und Jansen in der ersten Reihe, neben der Lektorin kauerte der Finne. Seine ganze Erscheinung drückte eine Depression aus, die nur Menschen bekommen können, die in einem Land leben, in dem ein halbes Jahr die Sonne nicht scheint.
    Der Organist legte jetzt richtig los – es hörte sich an wie der Soundtrack zu einem Horrorfilm, in dem Kettensägen tobten und Menschen schrien.
    Ich sah mich verstohlen um. Die Mitglieder der Hexen- und Magier-Liga saßen dicht beieinander und hielten sich an den Händen. Wachlin war von den beiden hübschen jungen Hexen eingekeilt, die er vorhin angegraben hatte.
    Die Tür zur Trauerhalle öffnete sich und ließ ein paar Nachzügler herein. Hauptkommissar Brinkhoff und gleich dahinter Sabine Wunsch.
    Inzwischen glühte die Orgel und der Organist war schweiß-gebadet. Jansen trat zum Tisch, der neben dem Sarg aufgestellt worden war – in der Hand hielt er einen kleinen Zettel.
    »Wir sind heute gekommen, um uns von Lilo von Berghofen zu verabschieden ...«
    Jansen beschwor die frühen Tage der gemeinsamen Jugend, ohne ins Detail zu gehen, beschrieb die Tote als eigensinnigen, aber auch herzlichen Menschen, erwähnte ihre Bücher, mit denen sie Millionen Menschen Trost und Heimat gegeben habe, und kam dann zum Kern der Sache: »Lilo ist nicht freiwillig von uns gegangen. Noch wissen wir nicht, wer auf verbrecherische Art ihr Leben verkürzt hat, aber eines verspreche ich dir, Lilo ...« Jansen legte die Hand auf den Deckel des Sarges: »Der Mörder wird nicht ohne Strafe davonkommen. Das schwöre ich dir hier und jetzt.«
    Stille im Publikum. Die Minuten verrannen zäh. Vorsichtig drehte ich mich um. Wachlin saß starr auf seinem Stuhl – die Augen geschlossen.
    Jansen sah auf, um weiterzureden.
    Plötzlich lief ein Kind nach vorn, hüpfte auf und ab und lachte. Niemand nahm von der Kleinen Notiz, auch Jansen nicht, obwohl sie direkt vor seinen Füßen spielte.
    Lilo!, dachte ich und spürte mein Blut vom Kopf in die Füße fallen. Mir entrann ein Stöhnen.
    Emma Born drückte mich gegen die Lehne und bewahrte mich davor, vom Stuhl zu kippen. »Was ist denn los?«, flüsterte sie.
    »Nichts, es geht schon wieder.«
    Ich schloss die Augen und atmete tief und langsam. Als ich wieder aufblickte, war das Mädchen verschwunden.
    Nach der Trauerfeier und weiteren Beweisen organistischer Virtuosität waren alle froh, wieder ins Freie zu kommen.
    Jansen schritt hinter dem Sarg, der von zwei Mitarbeitern der Bestatterfirma auf einem kleinen Wagen zur Grabstelle gerollt wurde.
    In den Bäumen gaben Vögel einfache und melodische Töne von sich. Mir ging meine Halluzination nicht aus dem Kopf. Warum, zum Teufel, sah ich kleine Lilos und

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