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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Wollenhaupt
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wehren uns gegen Repression der Demokraten! Die Demokraten wollen das deutsche Volk vernichten: Sie überfluten den deutschen Arbeitsmarkt mit einem Millionenheer von Billiglohnarbeitern. Sie reden uns ein, dass Kinder unsere Selbstverwirklichung behindern, und lassen zu, dass jeden Tag Hunderte deutsche Kinder abgetrieben werden.
    Demokraten sind stolz auf die multikulturelle Bevölkerung: Auf die hier lebende kriminelle Ausländerbrut kann man doch nicht stolz sein! Zu siebzig Prozent leben diese Schmarotzer vom Sozialsystem unseres Staates. Gegen Türken in der Türkei haben wir nichts. Aber wir wenden uns entschieden gegen Einwanderung, Überfremdung und Landraub in Deutschland. Dies ist unser Land.
    Demokraten sind unterwürfige Büttel der Juden: Wir lassen uns von der Holocaustindustrie fast siebzig Jahre nach Kriegsende moralisch nicht unter Druck setzen, politisch nicht bevormunden und finanziell nicht auspressen. Den von jüdischer Seite betriebenen Schuldkult und die ewige jüdische Opfertümelei muss sich kein Deutscher gefallen lassen.
    Die Demokraten bringen uns den Volkstod und wer sich nicht wehrt, macht mit. Wir wehren uns – auch mit Gewalt. Wir haben alle Mittel dazu! Wir erklären den Demokraten den totalen Krieg!
    Eine Kriegserklärung! Das war starker brauner Tobak.
    Schnack ordnete an, dass ich aus dem Bekennerschreiben nur kurze Zitate wiedergeben durfte.
    »Warum das?«, fragte ich.
    »Weil die Aussagen dieser Gruppe bei einigen Lesern auf fruchtbaren Boden fallen könnten«, antwortete er. »Das möchte ich vermeiden.«
    »Unsere Leser können doch denken«, wandte ich ein. »Die wissen schon selbst, wie diese Aussagen zu bewerten sind.«
    »Da bin ich anderer Auffassung, Frau Grappa. Erinnern Sie sich an die Untersuchung zum Rechtsradikalismus, über die Sie selbst geschrieben haben? Die Empfänglichkeit für rechtsradikale Thesen steigt an! Unsere Zeitung macht keine Propaganda für Nazis.«
    »Aber wir sind der Wahrheit verpflichtet«, erinnerte ich ihn an das journalistische Berufsethos.
    »Ich habe diesen Satz nie gemocht«, bekannte Schnack. »Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Wirklichkeit. Wir haben politische Verantwortung unserem demokratischen System gegenüber. Gibt es schon Informationen über die Art der Bombe?«
    Gab es. Bärchen Biber brachte uns auf den neuesten Erkenntnisstand: Es handelte sich um eine Anzahl selbst gebauter Rohrbomben.
    »Diese Dinger sind piepeinfach zu basteln«, berichtete der Kollege. »Das würde sogar ich hinkriegen. Anleitungen dazu kann man im Internet runterladen.«
    »Nicht zu fassen.«
    »Doch. Du brauchst ein Rohr, Verschlusskappen, Schwarzpulver aus Böllern, Benzin, einen Wecker, Kabel und Zünder für Modellraketen. Kriegst du alles ohne Probleme im Baumarkt.«
    »Und die Dinger gehen tatsächlich hoch?«
    »Ja, und wie!«, antwortete er. »Solange man keine Fehler beim Basteln macht. Die Bombe am Hauptbahnhof war immerhin funktionsfähig. Ob die Nazis sie allerdings gezündet hätten, wissen wir ja nicht, weil sie vorher entdeckt wurde.«
    Ein Bombenservice
    Wenig später informierte der Bierstädter Rat darüber, dass die Mittel zur Fortführung der Opferberatungsstelle gegen Rechts gesichert seien.
    Die Bundesregierung hatte bei Beratungen des Bundeshaushaltes eine nahtlose Anschlussfinanzierung für Projekte gegen Rechtsextremismus nach 2013 abgelehnt. Wochenlang hatte deshalb die Finanzierung der Einrichtung auf der Kippe gestanden. Alle Politiker riefen unisono zum Engagement gegen Neonazismus auf, doch wenn es darum ging, Geld für diese Arbeit zur Verfügung zu stellen, zögerte man. Der missglückte Bombenanschlag hatte den Entscheidungsprozess beschleunigt. Jeder gewählte Politdepp hatte jetzt erkannt, dass rechtsextremer Terrorismus nicht unterschätzt werden durfte.
    Bärchen Biber erläuterte mir, wie er seinen Artikel zu schreiben gedachte.
    »Methode Guttenberg. Ich stelle die Bauanleitung für eine Rohrbombe mit copy und paste ins Blatt. Ein Bombenservice für Terroristen oder die, die es werden wollen. Wie findest du die Idee?«
    »Sehr lesernah«, griente ich. »Die drei schönsten Explosionen werden vom Tageblatt prämiert. Das stärkt die Leser-Blatt-Bindung.«
    Auch ich musste mich langsam an die Arbeit machen. Ich zapfte meine Lieblingsquelle an.
    Kleist war überraschend zugänglich. »Wir haben die üblichen Verdächtigen überprüft. Bei Eddi Schaberl sind wir fündig geworden. In seiner Wohnung wurde dasselbe

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