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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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erreichen, dass die Expedition auf unbestimmte Zeit verschoben wird.«
    »Das wäre im Interesse aller Beteiligten.«
    Da hatte er nicht ganz unrecht. Er selbst würde seine zehn Riesen bekommen, Tommo seinen Anteil, Violetta bekäme ein Purpurkind, und von der Malve hätte seine Dynastie auf Jahre hinaus gesichert. Der Einzige, der auf dieser Liste fehlte, war ich.
    Doch Dad war durchaus fair, und nach einigem Zögern gab er nach. Er seufzte, klopfte mir auf die Schulter und sagte: »Natürlich kann ich dich nicht zwingen, Violetta zu heiraten, wenn du Constance schon halb versprochen bist. Doch als alleiniger Finanzier deiner Mitgift hätte ich doch gern ein Wörtchen mitzureden.«
    Ich ging in die Kantine, setzte mich an den Tisch für die Roten und grübelte über meine Situation nach. Wenigstens blieb mir noch ein Ausweg. Sonntagnachmittag konnte ich Constance ein Telegramm mit den Ergebnissen meines Ishihara schicken, und sie würde unserer Ehe zustimmen. Ich könnte sie dazu überreden, mir postwendend eine Fahrkartenberechtigung zu schicken, und spätestens Dienstag wäre ich weg von hier. Ganz einfach – abgesehen von dem heiklen Problem, dass ich nicht genug Meriten hatte, um zu heiraten. Trotzdem, das war ein Problem, das ich auch zu Hause lösen konnte. Heute war Freitag, und ich musste es nur schaffen, mir bis Sonntag, dem Tag des Ishihara, nichts zuschulden kommen zu lassen. Das hieß Courtland aus dem Weg gehen. Und Jane. Und dem Colormann. Und Violetta. Ich hatte gerade angefangen, mir auszurechnen, wie lange ich mich, versehen mit dem nötigen Proviant an Käsesandwiches und Wasser, im Putzschrank verbarrikadieren könnte, da marschierten die Präfekten in den Saal.

Mittagessen
    2.3.03.01.006: Jonglieren ist erst ab 16:00 Uhr erlaubt
    »Das Hockeyspiel Mädchen gegen Jungen haben dieses Jahr die Jungen gewonnen, mal abgesehen von dem schändlichen Verhalten aller Beteiligten. Die beiden Mannschaftskapitäne sind ihrer gerechten Strafe zugeführt worden, und Miss Ockers Ohr konnte gerettet werden. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
    Von der Malve hielt die übliche Ansprache vor dem Mittagessen. Alle saßen mehr oder weniger aufmerksam an ihrem Platz, alle hatten Hunger.
    »Infolge eines außerordentlich bedauerlichen, wenn auch ganz und gar unvermeidlichen tödlichen Unfalls in der Fabrik«, fuhr er gestelzt fort, »ist das Durchschnittsalter des Dorfes über den gesunden Richtwert gestiegen. Wir haben daher ein neues Empfängnisattest genehmigt, das ab sofort erworben werden kann. Alle Berechtigten melden sich bitte zur Begutachtung morgen auf der Ratssitzung bei Mr Turquoise.«
    Ein Raunen erhob sich unter den Dorfbewohnern, hauptsächlich aus der Ecke, wo die Grauen saßen, denn das Ableben eines Grauen Arbeiters machte eigentlich die Geburt eines Grauen erforderlich, um den Ausgleich wiederherzustellen. Sogar ein »Hurra!« war deutlich zu hören.
    »Sehr richtig«, sagte von der Malve und blickte auf sein vorbereitetes Manuskript. »Seit heute Morgen haben wir außerdem einen Freiwilligen, der die Expedition nach Hoch-Safran anführen wird. Er heißt Edward Russett, und als Gast bei uns hat er viel Mut und Kraft bewiesen, sich zu diesem Entschluss durchzuringen. Ein Akt der Selbstlosigkeit, der Ihnen allen zum Vorbild gereichen sollte.«
    Er machte eine Pause, da er offenbar damit rechnete, dass seine Worte zur Tat anfeuern und es nun begeisterte weitere Freiwillige geben würde, aber es waren keine zu hören. Wenn es ganz schlimm kam, stand ich am Ende allein da.
    »Zudem haben wir beschlossen, den Lohn für die Teilnahme an der Expedition auf zweihundert Meriten zu erhöhen.«
    Das Schweigen wurde drückend.
    »Damit überlasse ich die Entscheidung Ihrem Gewissen«, sagte von der Malve leicht gereizt. »Wider bessere Einsicht meinerseits und gegen meinen ausdrücklichen und gut begründeten Wunsch wird die Expedition nach Hoch-Safran morgen stattfinden!«
    Er warf Schwefel und Amaranth böse Blicke zu, und mir schwand der Mut. Morgen, das war der Tag vor meinem Ishihara. Ich hätte es mir denken können. Amaranth wollte seine Position nicht verlieren, und Mrs Schwefel, sowieso kein Freund meiner Person, wollte mich ein für alle Mal loswerden, bevor ich noch meinen Sitz im Rat in Anspruch nahm. Je eher ich außer Gefecht gesetzt war, desto besser für sie beide. Auch anderen blieben die Folgen nicht verborgen, Tommo fluchte leise über die entgangene Prämie, und Dad schüttelte traurig den

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