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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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in Gelbe Geschäfte einmischt. Schönen Gruß auch von den Schwefels.«
    Ich schluckte schwer und versuchte, trotz Wut und Empörung in mir, meine Stimme normal klingen zu lassen. »Mach die Tür auf, Courtland. Das ist kein Spaß mehr.«
    »Im Gegenteil«, erwiderte er lachend. »Es ist ein Riesenspaß. Ich gebe zu, heute Morgen dachte ich noch, dieses Brimborium um die Expedition ist doch alles nur Theater, aber jetzt habe ich Gefallen daran gefunden. ›Der Mann, der Farbe zurück nach Ost-Karmin gebracht hat‹ – eine schöne Vorstellung. Aber ehrlich gesagt interessieren Tommo und ich uns nur für die Löffel. Wir gehen weiter bis nach Hoch-Safran.«
    »Und wenn ihr nicht zurückkommt?«
    Es folgte eine Pause.
    »Wir würden dich sowieso nicht herauslassen, selbst wenn wir zurückkommen. Du hast uns nur Ärger gemacht, vom ersten Moment an, und ich sehe nicht, was sich daran ändern sollte, besonders nicht seit deiner unverschämten Anschuldigung, wir hätten Travis Canary … Nein, nein, Eddie, mein Freund, du wirst leider hierbleiben müssen, für immer. Wir haben gewartet und gewartet, aber du bist einfach nicht mehr zurückgekommen. Tragisch, wirklich tragisch, aber wir haben getan, was wir konnten. Violetta wird sich wohl das eine oder andere Tränchen abringen, und vielleicht schreiben wir ja sogar deinen Namen auf eine Abgangstafel.«
    »Tommo?«, sagte ich. »Machst du dabei mit?«
    Es folgte wieder eine Pause, und als er sprach, hörte ich die Anspannung in seiner Stimme.
    »Du musst zugeben, du hättest ein bisschen besser spuren können, Eddie. Es hätte dich nicht viel gekostet. Eine Doppelbestellung Lincoln-Muster hätte für den Anfang gereicht.«
    Ich fluchte. Es sah nicht gut aus für mich. Im selben Moment huschte ein Schatten an dem schmalen Fensterschlitz vorbei. Mein Herz setzte für einen Schlag aus, und ich lief zur Tür, hatte jedoch die Entfernung falsch eingeschätzt und stieß mit dem Kopf gegen einen der Scharnierstifte.
    »He, ihr beide!«, rief ich und rieb mir die wunde Stelle am Kopf. »Gerade ist jemand am Fenster vorbeigegangen!«
    Ein sträflicher Fluch, ein Scharren und dann ein Geräusch, als würden sie auf ihrem Sprint zum Ausgang über einen Gegenstand stolpern. Ich lief zum Fenster und spähte hinaus, Sekunden später kam Courtland ins Blickfeld, dicht gefolgt von Tommo. Sie sahen verängstigt aus. Genial, wenn ich es mir nur ausgedacht hätte, aber leider war es keine Erfindung.
    »Da!«, schrie Tommo und rannte los, Courtland hinterher. Ich hörte Rufe, jemand brüllte etwas, ein scharfer Aufschrei, dann Stille. Ich suchte zu ergründen, ob sie weg waren, aber die Mauern des Turms waren fast einen Meter dick, und ich konnte nur die Rückseite des Bulldozers in dreißig Metern Entfernung erkennen. Ich wühlte in dem Müll und dem Staub nach einem Stück Metall, das ich als Werkzeug benutzen konnte, um wenigstens den Versuch zu unternehmen, mich aus meinem Gefängnis zu befreien. Ich war noch nicht weit gekommen, da hörte ich plötzlich, wie der Türriegel zur Seite geschoben wurde. Ich hob die Glühbirne auf und leuchtete damit zur Tür, und als niemand erschien, schob ich sie vorsichtig auf. Ich trat in den Hauptraum und vernahm ein kindliches Kichern. Ganz langsam drehte ich mich um. Auf der Treppe, die zum oberen Stockwerk führte, stand ein Mädchen, nicht älter als zehn. Sie trug ein Flickenkleid, war barfuß, hatte geflochtene Haare und ein schmutziges Gesicht. Ich blinzelte ein paar Mal, ob ich auch keiner Sinnestäuschung erlegen war, aber das Mädchen war keine Puka, und nachdem sie mir zum Abschied vergnügt gewunken hatte, verschwand sie die Treppe hinauf.
    Noch ehe ich das kleine Schauspiel auch nur ansatzweise verarbeitet hatte, hörte ich wieder einen Schrei. Ich rannte durch das offene Haupttor nach draußen, zur Rückseite des Turms, wo Tommo und Courtland mit Jane kämpften. Sie schlug sich tapfer, aber auf Dauer wäre sie der Überzahl und der Stärke der beiden unterlegen.
    Ohne nachzudenken, trat ich Tommo in die Seite und spürte mit dem großen Zeh, dass eine Rippe brach, worauf Tommo mit einem Schrei zu Boden ging. Dann versetzte ich Courtland einen Schlag, so kräftig ich konnte, aber er fiel nicht kräftig genug aus, auch wenn ich mir dabei die Hand verstauchte. Doch es gab Jane Gelegenheit, sich zu befreien, blitzschnell hatte sie Courtland überwältigt und ihn auf den Rücken geschleudert und ein scharfes Schälmesser gezückt, welches sie

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